2005 zählte man 129 Hektar. Im Jahr 2015 hat die Association des Champagnes Biologiques (ACB) 416 Hektar biologische oder in Konversion befindliche Weinbauflächen gezählt. Das waren damals gerade einmal 1,4 % der Gesamtanbaufläche von 33.762 Hektar. Doch seit dieser Zeit hat sich tatsächlich einiges getan. Das kann man für Frankreich im Allgemeinen und für die Champagne im Besonderen konstatieren. Während der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der Gesamtanbaufläche Frankreichs im Jahr 2005 noch bei 9 % lag, waren es 2019 schon 14 %. Waren es in der Champagne damals die besagten 1,4 %, sind es im Jahr 2021 8 % der Fläche, mit deutlich aufwärts weisender Tendenz. Ende 2021 erzeugten 598 Weingüter auf rund 2.751 Hektar Rebfläche Bio-Champagner. Davon befinden sich 1.790 Hektar in Umstellung.
Ein besonderes Jahr für den Champagne-Winzer Pascal Doquet, der als Präsident der ACB fungiert war 2020: „Das Jahr 2020, das zwar durch die Gesundheitskrise und einen deutlichen Rückgang des Champagnerabsatzes gekennzeichnet war, ist ein Rekordjahr für die Umstellung auf AB, ein echter Wendepunkt für die Fachleute der Appellation. Das Interesse an der Zertifizierung, das ursprünglich fast ausschließlich von den Winzern der Champagne getragen wurde, wird nun auch zunehmend von den Genossenschaften und den Champagnerhäusern und -marken übernommen.“
Das prominenteste Beispiel ist sicherlich das Champagne-Flaggschiff Louis Roederer, das sich unter der Leitung von Jean-Baptiste Lécaillon innerhalb von 20 Jahren zu einem Vorreiter entwickelt und intensivste Studien durchgeführt hat. Mit der Umstellung auf biologischen und biodynamischen Anbau hat sich auch der Ausbau verändert, da nach Meinung Lécaillons die Qualität der Trauben einfach deutlich zugenommen hat. Mittlerweile befinden sich rund 120 Hektar in biologischer Wirtschaftsweise, und bis auf die letzten 5 Hektar in Umstellung sind die Flächen zertifiziert. Deklarieren wird Roederer die Champagne aus bio-zertifizierten Flächen nicht, weil man vermeiden möchte, dass die Range in zwei Teile zerrissen wird. Da jedoch alle Vintage-Champagne von Roederer ausschließlich von eigenen Rebflächen stammen, kann sich der Verbraucher daran orientieren. Auch wenn die Dimension einzigartig ist, so ist Roederer doch längst nicht mehr der einzige große Name.
Ein Thema für Winzer, Häuser und Genossenschaften
Etwas anders sieht es bei Champagne Lanson aus. Die Domaine de la Malmaison, das 16 Hektar große hauseigene Weingut in Verneuil im Vallée de la Marne, wurde von Demeter und Bio Suisse Organic bereits 2013 zertifiziert. Von dort stammt die Cuvée Green Label Bio. Doch auch hier waren die ersten 16 Hektar nur ein Anfang. „Wir möchten damit auch unsere Traubenlieferanten inspirieren, den Schritt zu wagen“, erklärt Lanson-Kellermeister Hervé Dantan. „Das ist bislang der einzige biologisch-zertifizierte Champagne von einer der großen Marken.“
Andere werden folgen. Vranken-Pommery baut seine biologisch bewirtschafteten Flächen deutlich aus. So hat die von Paul-François Vranken geführte Gruppe nach den positiven Erfahrungen, die sie in den Weingütern in der Camargue und in der Provence mit biologisch-organischem Weinbau gesammelt hat, im Jahr 2020 begonnen, die ersten der 174 Hektar Champagne-Weinberge in Eigenbesitz biologisch zertifizieren zu lassen.
Einen entscheidenden Beitrag zur Veränderung der Champagne hin zu nachhaltiger und biologischer Wirtschaftsweise müssen auch die großen Genossenschaften und ihre Mitglieder leisten, wenn das Ganze sinnvoll sein soll. Da hat es lange schlecht ausgesehen, doch auch auf dieser Ebene gibt es Veränderungen. Das Centre Vinicole Champagne Nicolas Feuillatte, dem 82 Genossenschaften mit mehr als 5.000 Winzern angehören, hat seinen ersten biologisch organisch erzeugten Champagner lanciert. Der Wille zur Veränderung geht also in die Breite. Man kann einem Jahr wie 2021, in dem Oidium und Peronospora erbarmungslos gerade die biologisch bewirtschafteten Flächen getroffen haben, nur wünschen, dass neben dem Willen auch der Glaube erhalten bleibt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Benôit Tarlant, biologisch arbeitender Winzer mit großer Erfahrung, bestärkt die Winzer dabei, „dass sie ihre Linie nicht verlieren, dass sie an ihren Wert glauben, dass sie sich noch intensiver vorbereiten, dass sie auf dem richtigen Weg sind und dass wir hier sind, um darüber zu sprechen, uns auszutauschen und ihnen zu helfen.“ Und auch Winzerinnen wie Charlotte De Sousa stellen die biologische Wirtschaftsweise nicht in Frage: „Wir kämpfen einfach stärker, jeden Tag im Weinberg, schauen, kümmern uns. Und letztendlich sind wir geschützter, weil wir öfter im Weinberg waren.“
Dennoch hat 2021 die Entwicklung ohne Frage etwas gebremst. Hélène und Louis Brochet in Ecueil sind einer der Betriebe, die eigentlich 2021 mit der Umstellung beginnen wollten. „Wir hatten die Weinberge schon drei Jahre biologisch bewirtschaftet. Die mechanische Bodenbearbeitung erledigen wir mit einem elektrisch betriebenen Traktor. Geplant war, 2021 mit allen 13 Hektar Eigenfläche in die Umstellung zu gehen. Doch das war dieses Jahr einfach nicht möglich, wir hätten die gesamte Ernte riskiert, das konnten wir uns nicht leisten.“ Die Brochets sind kein Einzelfall. Doch das Motto muss lauten „aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“ Denn die Nachfrage auf dem internationalen Champagner-Markt nach biologisch zertifizierten Betrieben steigt weiter