Text: Benjamin Brouër
Die ärgsten Corona-Schmerzen sind abgeschüttelt, die Branche kann sich wieder um ihren Lebenskern kümmern und treibt die Evolution der Trendgastronomie auch im Food-Bereich voran. Eine rasend schnelle Entwicklung hat die vegane Küche genommen, die anno 2023 spielerisch den Spagat zwischen Fine-Dining wie im Berliner „Kopps“ und Junk Food, siehe etwa die „Vegan Junk Food Bar“ in Köln, schafft. Schon optisch wischen die VJFB Burger mit ihren knallbunten Buns jegliche Assoziation an Verzicht locker beiseite. Hier wird geklotzt, was das Zeug hält. Selbst Döner kann heute mit Fleischalternativen wie Bio-Jackfruit als veganer „Vöner“ überzeugen, wie das „Nøne Meat“ in Hamburg beweist. Skandale wie der um Burger King zeigen aber auch: Die wichtigsten Währungen im Food-Business heißen heute Vertrauen und Transparenz. Glücklich, wer in der Lage ist, sich einen Teil der verwendeten Lebensmittel selbst anbauen und ernten zu können, wie etwa das Hamburger Konzept „Wolfs Junge“.
Ein aktueller Produktstar hingegen wächst (noch?) nicht in unseren Breiten. Rund um die Avocado entsteht inzwischen eine ganze kulinarische Welt mit eigenen Konzepten wie „The Avocado Show“ in Stuttgart oder „Avocado Club“ in Berlin, die die Vielseitigkeit der grünen Superfrucht – von Frühstück bis Dinner, von süß bis herzhaft – unter Beweis stellen. Auch wenn pflichtbewusst auf den nachhaltigen Anbau verwiesen wird, so stammt das Kernprodukt von Farmen in Chile, Mexiko, Peru, Spanien und Südafrika. Der CO2-Abdruck bleibt angesichts der Transportwege also beachtlich.
Pudelwohl fühlt sich die Avocado natürlich in den vielen Konzepten, die das Allday-Breakfast feiern. Ob „Poppi Farmer“ in München, „Endless“ in Leipzig, „Frühstück 3000“ in Berlin oder „St. Louis Café“ in Köln: eine große Auswahl an ganztägig verfügbaren, international interpretierten Frühstückskreationen, von üppig belegten Brioche-Sandwiches über Eggs Benedict bis zum Smashed Avocado Bread feiern das Comeback der Gastronomie als Ort des Zusammenkommens.
Aber natürlich bleibt Food-Delivery auch nach der Pandemie ein heißes Thema, zumal mit DoorDash und Uber Eats zwei neue Player den Markt bereichern. Zudem sorgt die mit Jahresbeginn 2023 in Kraft tretende Pflicht, der Kundschaft ein wiederverwendbares Mehrwegbehältnis anbieten zu müssen, für Bewegung im Segment und Rückenwind für Anbieter wie ReCup/ReBowl und Vytal. Lieferfähigkeit trifft im Jahr 2023 auf Nachhaltigkeit – und vielleicht schaffen es die auf Delivery spezialisierten Ghost Kitchen ja sogar, dem Ganzen noch eine Prise Instagram-Appeal zu verpassen.
Ein Dauergast in unserer jährlichen Food-Trend-Betrachtung ist die asiatische Küche, die längst nicht mehr nur in den vielen Länderkonzepten ihre Spuren hinterlässt, sondern es mittlerweile sogar in ein bayrisches Wirtshausambiente schafft. Im Münchener „Ciao Chang“ wird mit Gerichten wie einer Miso Schwammerl Suppe mit Grießnockerl die nächste Stufe im Asia-Crossover-Game gezündet. Auf großem Siegeszug befinden sich derzeit Ramen mit eigenen Konzepten wie „Takumi“. Der Erfolg verwundert – gerade in der aktuellen Zeit – nicht: Die Nudelsuppe, in Japan traditionelle Hausmannskost, ist im Unterschied zu Sushi preiswert, sättigend, Magen und Seele wärmend.
Zum neuerlichen Sprung setzt die mexikanische Küche rund um das Kernprodukt Tacos an. Den neuen Konzepten wie „Tacos Los Carnales“ in Köln oder „Club Social Mexicano“ in Frankfurt gelingt sowohl in der Küche wie auch im optischen Auftritt die Kreuzung aus Authentizität und Modernität, gewürzt mit einer Portion Streetfood-Appeal. Statt der alten Ladung „Tex“ im Rucksack haben die New-Mexico-Vertreter die geballte Power südamerikanischer Trinkkultur mit Margarita und Tequila als Verstärkung mit dabei. Sind sie gekommen, um zu bleiben?
Die Köpfe, Konzepte und Trends des Jahres. Wir zeigen, wer und was 2022 geprägt hat und worauf wir uns im kommenden Jahr einstellen können.
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