Text: Mia Bavandi
Sirupe sind eigentlich einfach zuzubereiten. Man vermenge Wasser und Zucker in einem Mindestmengenverhältnis von 1:1 oder gar 1:2, also mit doppelt so viel der Zucker- wie Wassermenge. Diese Masse wird erhitzt und zum Kochen gebracht, bis sich bei langsamem Weiterköcheln durch das Auflösen des Zuckers eine mehr oder weniger dickflüssige Konsistenz ergibt. Durch seinen hohen Gehalt an Zucker, der die Flüssigkeit konserviert, ist ein Sirup bei Raumtemperatur auch über Monate gut haltbar.
Zuckersirup gehört zu den ursprünglichen und gängigen Sirup-Arten in Bars. Sie balancieren den Süß-Sauer-Akt eines jeden klassischen Cocktails, der danach verlangt. Sei es ein Whiskey Sour, Old Fashioned oder Mojito. In ihnen allen ist der Geschmacksausgleich durch Sirupe unumgänglich. Im Vergleich zu den hochprozentigen Darstellern am weltweiten Tresen-Parkett aber zählen die dickflüssigen Karäter keineswegs zu den auserkorenen Stars der Bars. Sie erweisen sich als angestammte Begleiter und Geschmacksstifter. Doch ohne sie geht nichts, denn als bedeutende Zugabe garantieren sie erst ein ausgewogenes liquides Gesamtprodukt.
In gehobenen Bars gehört es zum kreativ-guten Ton, neben Infusionen, Cordials oder Bitters auch Sirupe selbst herzustellen. Zumeist handelt es sich um solche Sirupe, die passgenau Signature Drinks perfektionieren und demzufolge nicht im Gesamtportfolio der einzelnen Sirup-Hersteller zu finden sein können. Zudem gehört es auch zu den Gepflogenheiten, dem Zero-Waste-Prinzip zu folgen, und dafür eignen sich übrig gebliebene Fruchtreste für die Herstellung von Sirup.
Neben mixologisch inspirierten Trinkstätten gibt es aber auch Bars mit klassischen Trink- und Preisstrukturen, die auf den schnellen Zugriff und die stets gleiche Qualität angewiesen sind. Hier kommt die Industrie ins Spiel, die gerade dem Gros der Barbetreiber mit Sirup-Flotten unterschiedlicher Geschmäcker, auf Basis exotischer Früchte und neuer Zutaten unter die Arme greift. Neben den klassischen Sirup-Vertretern aus reinem Zucker, Zitrone, Vanille, Lavendel oder Granatapfel gibt es mittlerweile Cookie Choco-, Popcorn- oder Estragon-Geschmäcker sowie Sirupe als Basis für populäre Spritz-Cocktails, für alkoholfreie Alternativen oder als Basis für Limonaden.
Gepaart mit den Idealen der Low ABV-, alkoholfreien wie gesundheitsbewussten Drink-Bewegung scheinen Sirupe in ihrer Weiterentwicklung als zuckerreduzierte wie zuckerfreie Varianten und in Bio-Qualität Fahrt aufzunehmen. In alkoholfreien Drinks, die heute präsenter und vielfältiger sind als noch vor einigen wenigen Jahren und manchmal sogar das Main Menu einer Bar bilden, geben Sirupe mitunter den Ton an. Während Sirupe in ihrer Ursprungsform extrem zuckerhaltig sind, wird in kreativen Cocktail-Schmieden an ihrer statt auch gerne zu den weniger zuckerhaltigen, aber fruchtigeren und den Sirupen verwandten Cordials gegriffen.
Sirupe sind jedoch nicht nur in der Welt der Bars oft das Zünglein an der Waage eines liquiden Geschmacksprofils. In Coffeeshops und Bäckereien werden sie gerne als Limonaden-Ingredienzien herangezogen, umso mehr aber sind beispielsweise Kaffee-Sirupe mit Karamell-, Vanille-, Nuss- oder Schokoladengeschmäckern als Aromengeber in geschäumten Kaffeespezialitäten unersetzlich.
Je nach Wunsch sind Sirupe Zuckerersatz, Alleindarsteller in Limonaden, Dressing-Zutat und natürlich Drink-Begleiter. Während in europäischen Ländern aufgrund der regionalen Verfügbarkeiten viele Fruchtsirupe ihren Ursprung haben, lohnt ein Blick in entfernte Regionen. Aus den Tropen fließt Kokosblütensirup an den heimischen Tresen. In Japan dient der mineralstoffreiche Reissirup als Süßungsmittel, und in Kanada hat der dort gewonnene Ahornsirup Dauerpräsenz.