Tims Tasting Tipp (Foto: Sabrina Weniger)
Tims Tasting Tipp (Foto: Sabrina Weniger)

Tims Tasting Tipp #1

Immer auf der Suche nach neuen Aromen, unbekannten Geschmackserlebnissen sowie den neuesten Spirituosentrends. Emotionale Verkostungsnotizen aus dem feucht-fröhlichen Alltag eines Spirituosen-Redakteurs.

Text: Tim Allgaier

#1: Selva Negra

Ein Schwarzwald-Tequila! So oder so ähnlich könnte man den neuen „Selva Negra“ beschreiben, wenn man es sich unverschämt einfach machen möchte. Dass eine Agaven-Spirituose, die im Schwarzwald destilliert wird, schon per Definition kein Tequila oder Mezcal sein kann, versteht sich von selbst; interessiert aber auch niemanden. Denn es geht vor allem um die Innovation und die gewagte Grenzgänger-Aura, welche das junge Stuttgarter Startup umgibt.

Was ist Selva Negra?

Selva Negra: ein Premium-Agavendestillat aus dem Schwarzwald
Selva Negra: ein Premium-Agavendestillat aus dem Schwarzwald

Ein klarer Brand aus Agaven, genauer einem mineralstoffhaltigen naturbelassenen Bio-Agavenextrakt aus Mexiko, der von keinem Geringeren als dem Obstbrand-Innovation-Hero Florian Faude destilliert wird. Wer „Faude Feine Brände“ (Empfehlung: Rote Bete Geist) kennt, weiß: der Mann hat Bock, mit Konventionen zu brechen und versteht sein Handwerk. Mit der Idee zu Selva Negra haben ihn Sebastian Dresel und Laurin Lehmann aufgesucht. Die beiden kennen sich mit Marketing und Vertrieb aus und sahen das Potential für eine Spirituose, die es so noch nicht gibt.

Mit dem weltweiten Tequila-Boom im Rücken sollte ihr Produkt die aromatische Lücke zwischen Tequila und Mezcal füllen – fruchtig-elegant mit dezentem Rauchcharakter. Der Rauch von Schwarzwaldfichten soll für die heimischen Mezcal-Anklänge beim Selva Negra sorgen. Der poetische Name bedeutet übrigens nichts Anderes als „Schwarzwald“ auf Spanisch. Für deutsche Ohren dennoch klangvoll exotisch.

Wie schmeckt das?

In der Nase kommt das Destillat wuchtig-fruchtig an. Aber nicht mit dem Rauch-Vorschlaghammer eines prototypischen Mezcals. Eher genau mit dem, was drin ist: feine Noten milder Agave, etwas Karamellsüße und eben die betörende Frische der Fichtennadeln. Am Gaumen schmeckt man den Einfluss des Obstbrennerhandwerks, die filigranen Aromen sind sehr pointiert. Mit 46 %vol. kein Leichtgewicht, was der Aromendichte aber genau angemessen erscheint. Kein Tequila und noch weniger ein Mezcal, sondern ein klar heimischer Brand, den es so noch nicht gab.

Selva Negra wird auch als Mixspirituose beworben und besonders eine fruchtig-herbe Paloma mit Grapefruitlimonade legt einem das Marketing ans Herz. Gesagt, probiert: erfrischend und lecker allemal und genügend Kraft um sich durchzusetzen bringt der „Fichten-Tequila“ ebenfalls mit, aber die filigrane Eleganz geht in der Mixtur etwas verloren. Der nächste Drink-Versuch wird wohl eher in Richtung Shortdrink (Martini? Old Fashioned?) gehen, um möglichst wenig vom feinen Eigencharakter abzulenken. Für Mix-Profis liegt hier sicherlich aromatisches Potential verborgen.

Braucht es das?

Fazit: ein spannendes Destillat, das den heimischen Kosmos (Hey „Made in GSA“!) um ein neues Aroma erweitert und erfolgreich nicht versucht, etwas zu imitieren, das woanders historisch gewachsen ist. Bei knapp 70€ für einen halben Liter will jedoch jeder Mix-Versuch gut kalkuliert sein. Dennoch freue ich mich auf mehr solcher Grenzgänger und erhebe mein Glas auf die Vielfalt!

Mehr Infos: www.selvanegraspirits.com

Selva Negra positioniert sich als erstes deutsches Agavendestillat am Markt und bringt auch im Design einen durchdachten Kulturmix aus Mexiko und Schwarzwald unter (Foto: Selva Negra)
Selva Negra positioniert sich als erstes deutsches Agavendestillat am Markt und bringt auch im Design einen durchdachten Kulturmix aus Mexiko und Schwarzwald unter (Foto: Selva Negra)
Das Packaging mit Papier-Etikett und gedrechseltem Holz-Korken ist wertig und ansprechend (Foto: Selva Negra)
Das Packaging mit Papier-Etikett und gedrechseltem Holz-Korken ist wertig und ansprechend (Foto: Selva Negra)
Für die technische Umsetzung und Brennexpertise ist der erfahrene Schwarzwälder Obstbrenner Florian Faude mit an Bord (Foto: Felix Groteloh)
Für die technische Umsetzung und Brennexpertise ist der erfahrene Schwarzwälder Obstbrenner Florian Faude mit an Bord (Foto: Felix Groteloh)

Getrunken wird immer – vor allem auch immer besser und vielfältiger. Mit Optimismus für das kommende Jahr wagen wir einen Blick in die hochprozentige Zukunft. Unsere Spirituosentrends der Stunde! 

fizzz 04/2024

Themen der Ausgabe

Juliane Winkler, Berlin

Juliane Winkler, die Restaurantleiterin des „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin liebt ihren Beruf. Und setzt sich mit
#proudtokellner dafür ein, dass er mehr Wertschätzung erhält.

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