Bernd Riegger, MABG; Foto: Alexandra Repp
Bernd Riegger, MABG; Foto: Alexandra Repp

„Wir müssen unsere Situation viel stärker kommunizieren!“

Bernd Riegger, Geschäftsführer der Mitchells & Butlers Germany GmbH, über Lieferschwierigkeiten nach dem Lockdown, fehlende Hilfszahlungen und die richtige Kommunikation nach außen.

Für die Mitchells & Butlers Germany GmbH (MaBG) haben Sicherheit und Jobgarantie für ihre rund 1.600 vollbeschäftigten Mitarbeiter oberste Priorität. Auch wenn das Geschäftsjahr 2020 mit einem schmerzhaften Umsatzrückgang von knapp 39 Prozent abgeschlossen wurde, versprochene November- und Dezemberhilfen bei der Gastronomiegruppe immer noch nicht angekommen sind und das Gros der Vermieter sich weiterhin gegen Mietminderungen sperrt, versuchen Geschäftsführer Bernd Riegger und sein Management-Team die Mitarbeiter zu motivieren und ihnen trotz ungewisser Perspektiven die Sicherheit zu vermitteln, dass das Unternehmen dank seiner finanziellen Reserven die Krise übersteht.

Fizzz: Wie geht es Ihnen und Ihren Betrieben aktuell mit der weiterhin fehlenden Öffnungs-Perspektive?
Bernd Riegger: Wir bemühen uns händeringend um die versprochenen Überbrückungshilfen. Es ist immer sehr schön zu hören, wie schnell und gut der Branche geholfen wird, aber das entspricht nicht den Tatsachen. Darüber hinaus haben wir eine Menge zu tun: Rund 90 Prozent unserer Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, das ist administrativ recht aufwendig. Wir haben keine Entlassungen vorgenommen, stattdessen stocken wir das Kurzarbeitergeld teilweise auf.

Wir zahlen unsere Mieten, um die Standorte nicht zu verlieren, denn vielfach haben wir eine sechsstellige Summe pro Lokale investiert. Daneben setzen wir jetzt Renovierungsarbeiten um, für die wir den Betrieb hätten schließen müssen. Wir stehen mit unseren Vermietern in Verhandlungen, um die Pacht anzupassen, was zahlreiche Gespräche erforderlich macht. Viele sind immer noch der Meinung, wir bekommen hohe Unterstützungszahlungen und es gehe uns gut. Dabei hat unsere gesamte Gruppe bisher lediglich für November und Dezember jeweils 50.000 Euro bekommen – Maßgabe seitens der Politik war eine Million! 

„Im Falle einer kurzfristigen Wiedereröffnung wären unsere Partner gar nicht in der Lage, uns schnell zu beliefern.“

Wie ist Ihre Wiedereröffnungs-Perspektive?
Das ist gar nicht so einfach. Nach dem ersten Lockdown hatten die Lieferanten noch volle Lager, das ist jetzt anders. Im Falle einer kurzfristigen Wiedereröffnung wären unsere Partner gar nicht in der Lage, uns schnell zu beliefern. Dieses Mal wird es sehr viel schwieriger werden, denn erst wenn wir ein Eröffnungsdatum haben, können wir Ware bestellen. Zum Glück existieren alle unsere Lieferanten noch, was leider nicht immer der Fall ist. Wir sind mit ihnen im intensiven Austausch, was wir anbieten können und welche Produkte überhaupt verfügbar sind. 

Wie bereiten Sie die Lokale auf das Re-Opening vor?
Im ersten Lockdown haben wir schon akribisch alle nötigen Maßnahmen und Optimierungsmöglichkeiten festgehalten, so dass wir nach diesem Schema jetzt arbeiten können. Die Hygienekonzepte stehen ebenfalls, denn für Hygienemaßnahmen haben wir bereits sehr viel Geld ausgegeben. Das ist auch ein Punkt, der viele Gastronomen so wütend macht: Wir haben die Maßnahmen teilweise sogar über die geforderten Vorgaben hinaus umgesetzt, nur um dann zu hören, dass wir wieder schließen müssen. Das Geld wurde nach dem ersten Lockdown ausgegeben, Verluste waren da schon aufgelaufen. Wir haben 44 Betriebe ausgestattet, das war nicht einfach.

Wird sich das gastronomische Geschäftsmodell zukünftig verändern?
Wir bieten Ganztagesgastronomie in Hochfrequenzlagen, solange das den Bedürfnissen unserer Gäste entspricht, werden wir unser Angebot beibehalten. Sollte sich die Situation über eine längere Zeit nicht stabilisieren, müssen wir das neu bewerten.

 

„Die Bevölkerung weiß nicht, wie sehr die Gastronomie zu kämpfen hat. Sie wird falsch informiert.“

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Branche zu stärken?
Indem wir noch stärker in den Medien präsent sind, um unser Dilemma zu verdeutlichen. Jede Unterstützung zählt. Die Menschen auf der Straße glauben, uns wird geholfen und es wird schon irgendwie weiter gehen. Dass das nicht der Fall ist, müssen wir gemeinschaftlich kommunizieren. Die Bevölkerung weiß nicht, wie sehr die Gastronomie zu kämpfen hat. Sie wird falsch informiert. Wir müssen unsere Situation viel stärker kommunizieren, der Dehoga allein kann das nicht. Und wir müssen verstärkt in die Mainstream-Medien, um Gehör zu finden.

 

Über Mitchells & Butlers (ALEX, Brasserie, Miller & Carter)
Die Mitchells & Butlers Germany GmbH erwirtschaftete 2020 (zum 31.12.) einen Umsatz in Höhe von 76,8 Mio. Euro (39% Rückgang coronabedingt). Unter den umsatzstärksten Freizeitgastronomie-Unternehmen im Segment der deutschen Systemgastronomie belegt Mitchells & Butlers laut eigenen Angaben seit 2004 einen der ersten drei Plätze. Standorte in 34 deutschen Städten: 40 x „ALEX“, 3 x „Brasserie“, 1 x „Miller & Carter“.

fizzz 03/2024

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