Almdudler-Geschäftsführer Gerhard Schilling über den Kampf gegen Trachtenklischees, den Zukunftsmarkt Deutschland und den erfolgreichen Weg zur CO2-Neutralität.
Interview: Benjamin Brouër
Seit bald zwei Jahren hält die Pandemie die Welt und besonders auch die Gastronomie-Szene in Atem. Wie hat Almdulder den Kontakt zu den Gastronomiepartnern halten und diese unterstützen können?
Gerhard Schilling. „Wir hatten zu Beginn der Pandemie eine Initiative namens ,Dudelhilfe‘ gestartet, mit der wir gezielt die Gastronomie unterstützt haben. Von den Umsätzen unseres Online-Shops flossen pro Flasche 10 Cent in einen Topf für die Gastronomie. Die Summe haben wir dann am Ende großzügig aufgerundet und gespendet. Dieses Signal an die Gastronomie war uns wichtig, schließlich machen wir gut ein Drittel unseres Umsatzes in der Gastronomie.“
Welche Rolle spielt der deutsche Markt für Almdudler?
„Wir haben schon sehr früh definiert, dass der deutsche Markt für uns kein Exportmarkt, sondern gemeinsam mit unserer Heimat Österreich ein Kernmarkt ist. Das verbindende Element bilden die Alpen, die ja auch keine klassischen Landesgrenzen kennen. Wir haben in den letzten zehn Jahren eine eigene Feldmannschaft und kontinuierlich unsere Almdudler-Markenbotschafter aufgebaut, die von Süden nach Norden ihren Tätigkeitsbereich erweitern. Berlin etwa ist für uns seit Jahren ein wichtiger Absatzpunkt. Bereits heute macht Deutschland gut ein Drittel unseres Gesamtvolumens aus, es ist für uns der Zukunftsmarkt schlechthin.“

Wie sieht die typische Almdudler-Gastronomie aus?
„Das ist je nach Region etwas unterschiedlich. Bei uns in Oberösterreich, in Tirol und auch in Bayern bildet die klassische Gasthaus- und Biergarten-Gastronomie das Fundament, dazu kommen Objekte aus der Tagesgastronomie bis in den meinungsbildenden Bereich hinein, siehe etwa Käfer in München. Aber wir haben gerade auch in den urbanen Bereichen, in Frankfurt, Düsseldorf, Köln und auch in Berlin, einige Kunden, bei denen unsere Siebdruckflasche einen gewissen Kultstatus besitzt. Da kommt Almdudler gut an, weil es eben nicht alltäglich und nicht die klassische Süßlimonade ist, sondern mit dem feinherben Kräutergeschmack eine Eigenständigkeit besitzt.“
Nachhaltigkeit ist zu einem der bestimmenden Branchenthemen geworden. Almdudler ist seit diesem Jahr ein CO2 neutrales Unternehmen. Durch welche Maßnahmen haben Sie das geschafft
„Die wesentlichen Maßnahmen liegen in der Produktion, in der Verwaltung und im Agieren des Unternehmens. Das beginnt damit, dass wir nur Ökostrom verwenden, dass unsere Firmenzentrale nach den Green-Building-Standards errichtet ist, dass mit Erdwärme geheizt und gekühlt wird. In der Abfüllung arbeiten wir mit Partnern zusammen, die den Fußabdruck sehr gering halten. Das geht über Wärmerückgewinnung, Optimierung des Wasserbedarfs in der Produktion, Photovoltaik und viele andere Themen. Ein sehr geringer Restanteil wird zudem über kleine Projekte in Österreich kompensiert.“

Ein wichtiger Nachhaltigkeitsbaustein ist zudem das Glasmehrweg-System, auf das Sie seit Ihrer Gründung 1957 setzen. Welche Bedeutung spielt Mehrweg heute bei Ihnen?
„Das Mehrweggebinde macht im Moment etwa ein Drittel des Gesamtvolumens aus. In Deutschland sind die Mehrweg-Aktivitäten fokussiert auf die 0,35-Liter-Formflasche. Da haben wir neben der Gastronomie mit den Abholmärkten allerdings auch einen zweiten Kanal, der per se sehr Mehrweg-affin ist.“
Einige Ihrer Produktneuheiten, Mate Guarana etwa, haben Sie wiederum in Dosen gelauncht. Welchen Hintergrund hat das?
„Den Hintergrund liefern die Functional- und Energy-Getränke, die besonders stark in den Convenience-Kanälen sind. In diesem Marktumfeld hat sich die Dose aus Österreich heraus sehr bewährt und etabliert.“
Wie ist es zu diesen Line Extensions gekommen?
„Die Ausweitung der Marke begann im Prinzip schon Ende des letzten Jahrhunderts, als wir als eine der ersten Limonaden in Österreich in den zuckerfreien Bereich eingestiegen sind. Vor gut zehn Jahren kamen dann vermehrt Start-Ups mit Urban-Drinks auf den Markt, die über den Energy-Markt hinaus auch immer stärker in den Softdrink-Bereich vorgestoßen sind. Angesichts dieses Getränke-Innovations-Hypes haben wir uns dann gesagt: ,Neu können wir auch!‘ In der Folge haben wir einige Geschmacksvarianten aufgelegt wie Holunder, Himbeer, Grapefruit und Minze. Bei der Sorte Mate Guarana stand der Functional-Mehrwert im Fokus, der zu der Zeit immer aktueller wurde.“

"Unsere Marktforschung hat gezeigt, dass Bio bei Limonaden kein wesentliches Kriterium ist."
Die Kräuter allein haben doch bereits auch einen positiven Nutzen, oder?
„Ja, aus den Kräutern heraus ergibt sich zwar auch ein Nutzen, der allerdings nicht auslobbar kommunizierbar ist. Der Wachmachereffekt mit natürlichem Koffein war die naheliegende Ergänzung, gerade in einem Land, wo sich zwischen Red Bull auf der einen Seite und sehr erfolgreichen Handelseigenmarken auf der anderen Seite sehr viel abspielt. Da haben wir mit unserem Produkt eine geschmackliche Alternative gesehen. Mit dem Mate-Geschmack haben wir natürlich auch ein wenig nach Deutschland geschielt mit Marken wie Club Mate.“
Haben Sie mit Almdudler jemals eine Bio-Zertifizierung angestrebt?
„Unsere Marktforschung hat gezeigt, dass Bio bei Limonaden kein wesentliches Kriterium ist. Die Konsumenten nehmen Almdudler ohnehin als ein sehr natürliches Produkt war. Berechtigter Weise, denn der Kräuterextrakt stammt direkt aus der Natur, es sind keine künstlichen, nicht einmal naturidentische oder natürliche Aromen ergänzend enthalten. Bei einem anderen Label hat es allerdings Diskussionen gegeben, und da hat sich letztlich die Marketingabteilung durchgesetzt…“

Jetzt bin ich gespannt…
„Es geht um das Vegan-Label, das ich anfangs ähnlich eingeschätzt habe wie das Bio-Label. Man musste mich erst einmal aufklären, dass Limonaden eben nicht selbstverständlich vegan sind. Seit gut zweieinhalb Jahrzehnten verwenden wir nun bereits das Vegan-Label und bekommen sehr positives Feedback dafür vom Markt. Dies ist ein wirklich guter Zusatznutzen für das Produkt.“
Wie trendorientiert kann oder darf eine so etablierte, traditionelle Marke wie Almdudler sein? Wie weit lässt sich die Marke dehnen?
„Unsere Auffassung ist: Wir wollen immer zeitgemäß sein, aber nie um jeden Preis. Die Herkunft, die Tradition ist uns wichtig. Wir sehen das Ganze aber mit einem Augenzwinkern und nehmen uns selbst nicht zu ernst. Gerade in Österreich und in Süddeutschland mit den ganzen – teils auch negativ behafteten - Trachtenklischees ist es umso wichtiger zu zeigen, wie offen man ist. So legen wir mit unserer ikonischen Flasche immer wieder auch eine Pride-Edition auf, und zuletzt haben wir eine Almdudler*in herausgebracht. Themen aufzeigen und dann weitergehen – das ist unser Motto.“
Über Almdudler:
Almdudler, 1957 gegründet und bis heute ein 100-prozentiges Familienunternehmen im Besitz der Familie Klein, ist die stärkste Limonadenmarke Österreichs und die erfolgreichste Alpenkräuterlimonade der Welt. Für Almdudler werden vielfältige Alpenkräuter wie Sonnenhut, Melisse, Salbei, Enzian und Holunderblüte gesammelt und sorgfältig verarbeitet. 1989 trat Almdudler seinen Siegeszug auch in Deutschland an, das heute, gemeinsam mit Österreich, zum Kernmarkt zählt. www.almdudler.com