Das Team der tellerrand consulting (Foto: Philipp Rathmer)
Das Team der tellerrand consulting (Foto: Philipp Rathmer)

Interview: Brandbuilding in und nach Corona

Walk-in Business ist nicht mehr genug. Die Gäste im Lokal zu begeistern, ist aktuell nicht möglich – und zukünftig zu wenig. Um neue Absatzwege zu erschließen, muss der Gastronomiebetrieb sich eindeutig positionieren und sein Markenprofil schärfen. Tipps und Beispiele von tellerrand consulting. 

fizzz: Wie kann man sich jetzt als Gastro-Brand positionieren und auch außerhalb der eigenen Räumlichkeiten neue Absatzwege zu erschließen?

Team tellerrand: Corona hat dazu geführt, dass die Digitalisierung in der deutschen Gastronomie einen großen Schub bekommen hat. Neben Bestell- und Lieferplattformen, vereinfachten Bezahlarten und der damit verbundenen Akzeptanz der digitalen Möglichkeiten bei den Gästen, können alle digitalen Medien auch für zusätzliche Angebote genutzt werden:

-Eigene und selbstgemachte Produkte werden über den Onlineshop vertrieben und kombiniert in Kochboxen für eine größere Zielgruppe und über die eigene Stadt hinaus verfügbar gemacht.

-In Online-Tastings, -Stammtischen und -Kochkursen dürfen wir Gastronomen uns als Gastgeber, Fachleute und nicht zuletzt als Menschen und Typen präsentieren.

-Und online erreichen wir als Markenbotschafter auch Gäste, die sonst zu weit für einen Besuch von unserer Location entfernt sind.

Die Kommunikation über soziale Medien kann dies alles optimal unterstützen.
Ein Trend geht sogar bis hin zu einem komplett digitalen Restaurant, in dem der Service “nur” noch die bestellten Getränke oder Speisen an die Tische bringt. So kann auch dem angespannten Arbeitsmarkt mit Rechnung getragen werden, da weniger Personal benötigt wird.

fizzz: Welche Erfahrungen habt ihr in euren eigenen Betrieben gemacht?

Team tellerrand: Die beschriebene Erfahrung im Rahmen der beschleunigten Digitalisierung und der damit verbundenen Chancen haben wir auch in den eigenen Betrieben erlebt. Nicht alles funktioniert dabei, ohne an der einen oder anderen Stelle mal Lehrgeld zu zahlen, aber mit „Feinjustieren und Dranbleiben“ haben wir das stets hinbekommen. Ein Learning aus dem Austausch mit Kollegen ist aber auch, dass sich nicht jeder Betrieb für alle alternativen Angebote im Lockdown-Modus eignet. Das zu erkennen und aus wirtschaftlichen Gründen vielleicht ganz zu schließen, erfordert viel Mut.
Wir dürfen nicht den Aspekt vergessen, dass alle Maßnahmen ja auch wichtig sind, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ängste zu nehmen sowie - außerhalb von Kurzarbeit - Zuversicht und Optimismus zu versprühen.

Und einige Standorte haben sich schon jetzt durch die Pandemie verändert, so dass wir Gastronomen gefordert sind, diese neu zu bewerten und ggf. mit unserem Angebot darauf einzugehen. Zum Beispiel stehen Büros häufig aufgrund von Homeoffice leer oder sind nur wenig besetzt. Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig Homeoffice ein Thema sein wird.

Es war in den letzten Monaten enorm wichtig, trotz Betriebsschließungen für die Gäste ansprechbar zu sein. Wir müssen zeigen, dass es uns Gastronomen noch gibt, wir zusammen mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kämpfen und wir dafür brennen, den Gästen bald wieder die Erlebnisse zu schaffen, nach denen sich alle sehnen.

3 Top-Tipps zum Thema Brandbuilding in der Gastronomie

-Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unsere wichtigsten Markenbotschafter.

-Brandbuilding ist ein immerwährender Prozess, der täglich gepflegt werden muss. Deshalb ist es wichtig, sich auch allen Veränderungen anzupassen und zum Beispiel in der Kommunikation mit den Gästen alle aktuellen Formen zu nutzen: Social Media, Podcast, Blogs usw.

Aber nicht zu vernachlässigen ist der wichtige Aspekt, dass unsere Gäste stets einen guten Aufenthalt in unseren Restaurants haben sollen. Das Geld wird in den Restaurants verdient. Die Erwartungen des Gastes müssen durch Service und Angebot (Gesamterlebnis) erfüllt werden und der Kommunikation in Social Media Rechnung tragen.

-Auch in - oder gerade trotz – der Krise, können wir durch unser Engagement, Kooperationen mit anderen Gastronomen, Hilfestellungen für Benachteiligte etc. zeigen, dass wir ein fester Bestandteil der Gesellschaft und systemrelevant sind.

tellerrand consulting

Das sind Tim Mälzer, Patrick Rüther, Sven Freystatzky, Kerstin Rapp-Schwan und Tim Koch. Fünf Köpfe, dahinter bestes Teamwork, aus der Branche für die Branche. tellerrand consulting konzipiert, betreut und verwaltet die eigenen ausgezeichneten Gastronomie-Konzepte wie Bullerei, Hausmann’s, Altes Mädchen, Die Gute Botschaft, Speisenwerft und ÜberQuell Brauwerkstätten.

Die „Tellerränder“ machen täglich über 3000 Gäste glücklich (Pandemiezeiten ausgeschlossen) und kümmern sich fortwährend um neue Ideen. Von der Kreation über die Strategie bis hin zu der nötigen Betreuung der operativen Abläufe – tellerrand liebt einfach jeden Handschlag, der zu einem erfolgreichen gastronomischen Konzept gehört. Sei es das klassische Restaurant, eine Foodmall, die Quartiersentwicklung, eine Eckkneipe oder das Luxushotel.
www.tellerrand-consulting.com

 

Den kompletten Beitrag zum Brandbuilding in der Gastronomie gibt es in fizzz 2/3-2021:
https://www.meininger-online.de/de/fizzz/abonnieren

fizzz 04/2024

Themen der Ausgabe

Juliane Winkler, Berlin

Juliane Winkler, die Restaurantleiterin des „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin liebt ihren Beruf. Und setzt sich mit
#proudtokellner dafür ein, dass er mehr Wertschätzung erhält.

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