Als wohl größter Erfolg der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 dürfte die konstante Lieferfähigkeit gelten. »Eine solche Störung der Lieferketten wie 2022 haben wir noch nie gesehen«, hob Produktion- und Technik-Geschäftsführer Dr. Mike Eberle auf der Bilanzpressekonferenz hervor und ergänzte: »Wir stolz, dass wir unsere DNA der Verlässlichkeit und Verfügbarkeit am Leben erhalten haben.
Auch Christof Queisser, Vorsitzender der Geschäftsführung, nannte 2022 ein sehr herausforderndes Jahr mit enormen Kostensteigerungen, die sich nicht durch Effizienzsteigerungen kompensieren ließen. Unterjährige Preissteigerungen seien daher unumgänglich gewesen, auch diese hätten die Kostensteigerungen aber nicht auffangen können. Der Umsatz des Konzerns wuchs um 3,3 Prozent auf 1,24 Mrd. Euro, was nach Angaben Queissers dem Unternehmen ermöglichte, schwarze Zahlen zu schreiben.
Flexibles Agieren sei 2022 gefragt gewesen. Als Reaktion auf Versorgungsengpässe seien Lieferketten wieder regionaler aufgestellt worden. Auch die Lagerstrukturen wurden ausgebaut, unter anderem durch ein neues Lager im Osten des Rhein-Main-Bereichs.
Besonders gut entwickelte sich der Sektbereich, der um 4,3 Prozent auf 582 Mill. Euro zulegte. Spirituosen bleiben mit 397 Mill. Euro Umsatz (+2,6%) das zweitgrößte Segment von Rotkäppchen. Im Weinbereich ließ sich das dynamische Wachstum der letzten Jahre angesichts der Rahmenbedingungen nicht fortsetzen, auch hier verzeichnete Rotkäppchen aber ein Plus von 2,0 Prozent auf 260 Mill. Euro.
Maßgeblicher Treiber im Weinbereich bleibt »Doppio Passo«. Mit einem Umsatz von 137 Mill. Euro konnte die Marke ihre Position als mit Abstand größter Markenwein in Deutschland festigen. Mit »Blanchet« (38 Mill. €, Platz 6) und »Rotkäppchen« (36 Mill. €, Platz 7) verfügt das Unternehmen über zwei weitere Markenweine in der deutschen Top 10 des LEH.
Im Sektbereich bleibt »Rotkäppchen« mit einem Absatzanteil von 37 Prozent unangefochtene Marke Nr. 1. Mit »Mumm« und »MM Extra« erzeugt die Sektkellerei hier auch die dritt- und viertgrößte Marke, hinzu kommt »Jules Mumm«. »Die Verbraucher vertrauen in Krisenzeiten auf starke Marken«, sieht Queisser Rotkäppchen-Mumm gut aufgestellt. Zu »Geldermann« als Premiumsekt in traditioneller Flaschengärung gesellen sich nun die neuen Jahrgangssekte »Godefroy von Mumm«.
Queisser sieht den Trend zur Premiumisierung als ungebrochen. Trotz aller Krisen legten die Konsumenten Wert auf Genussinseln im Alltag. Lieber würden sie weniger, dafür aber hochwertig konsumieren. Gleichzeitig bewertete Queisser den rückläufigen Weinkonsum in Deutschland als logische Konsequenz eines verstärkten Auslandstourismus, was zu einer Verlagerung des Konsums geführt habe.

Queisser geht davon aus, dass 2023 mindestens so herausfordernd werde wie 2022. Die Kriseneffekte aus 2022 würden nach 2023 ausstrahlen, die Unsicherheit bleibe enorm hoch, auch das Preisniveau werde nachhaltig höher bleiben und zu weiteren Steigerungen im Markt für alkoholische Getränke führen.
Zur Kostenkompensation müsste sich eine Flasche Wein oder Spirituose um 50–100 Cent verteuern. Die Marke Rotkäppchen selbst hat einen solchen Schritt mit einer Anpassung des Preiseckpunkts von 3,99 auf 4,49 Euro bereits vollzogen. Langfristig ließen sich Aktionspreise für Sekt von 2,99 Euro angesichts eines gegenüber 2019 verdoppelten Preises für Sektflaschen und weiterer gestiegener Kosten nicht mehr durchführen, so Queisser.
Er hätte allerdings schon die Kalkulation der Aktionspreise im Weihnachtsgeschäft 2022 nicht nachvollziehen können. Da der Handel Sekt als Frequenzbringer nutze, sei er hier anscheinend zu besonderen Maßnahmen bereit gewesen.
Ein Grund zum Feiern steht für Rotkäppchen-Mumm 2023 aber bereits fest. Am Firmen-Stammsitz in Freyburg/Unstrut wird am zweiten Mai-Wochenende die neue Rotkäppchen-Erlebniswelt eröffnet, in die man in den letzten Jahren eine niedrige zweistellige Millionensumme investiert habe. CG