Falscher Ansatz

Die Bekämpfung von tödlichen Krankheiten ist, da dürften wir uns alle einig sind, wichtig, richtig und auch eine öffentliche Aufgabe. Gerne sehe ich meine Steuergelder eingesetzt, wenn dafür weniger Menschen an Covid-19, Lungenkrebs oder Osteoporose sterben. Insofern ist es natürlich zunächst einmal begrüßenswert, wenn Brüssel dem Krebs den Kampf erklärt und Programme aufsetzt, um aufzuklären, vorzubeugen, Forschung zu betreiben. 

Doch genau hier liegt die Crux: Aufklären, nicht verbieten sollte die Maßgabe sein.

Ja, vor allem junge Menschen sind leicht beeinflussbar und könnten von feucht-fröhlichen Werbevideos, in denen literweise Hochprozentiges gekippt und kein Wort über die Gefahren von Alkohol verloren wird, zum Trinken verleitet werden. Natürlich ist es der einfachste Weg, jedwede Werbung für jederlei Art von Alkohol zu verbieten, das böse Teufelswerk der Fermentation wegzuschließen, und sich zufrieden die Hände zu reiben. Fall erledigt, Krebs besiegt.

Alexandra Wrann, Chefredakteurin WEINWIRTSCHAFT
Alexandra Wrann, Chefredakteurin WEINWIRTSCHAFT

Das krankt an zweierlei Stellen: Denn erstens haben Verbote noch niemanden davon abgehalten, etwas trotzdem zu tun. Ich behaupte sogar, dass Verbotenes einen besonderen Reiz ausübt, vor allem auf Jugendliche. Zweitens fußt unser freiheitliches System auf der Annahme, dass jeder selbst seines eigenen Risikos Schmied ist und Vernunft, nicht Verbot, sollte dafür sorgen, dass Menschen weniger Risiken eingehen.

Genuss versus Missbrauch, das sollte den Kern der Debatte bilden. Wein ist Kulturgut und Milliardenindustrie gleichzeitig und sollte nicht zum Bauernopfer einer Politik gemacht werden, die sich den Gesundheitsschutz auf die Fahnen schreibt. Zu wichtig seine Jahrtausende währende Bedeutung, seine heutige wirtschaftliche Relevanz.

Gibt es »kein sicheres Maß an Alkoholkonsum«, wie der Bericht der Sonderkommission aus Dezember schlussfolgert? Hier herrscht Uneinigkeit. Einigkeit aber sollte herrschen, dass es einen gravierenden Unterschied gibt zwischen moderatem Genuss und Komatrinken. Den sollte man auch in Brüssel erkennen und in das abzustimmende Papier einarbeiten.

Ausgabe 9/2024

Themen der Ausgabe

Wein im Klimawandel (Serie): Standorte

Wo wird Wein in Zukunft wachsen – und wo nicht?

50 Jahre Mainzer Weinbörse

Die bewegte Geschichte der Premium-Verkostung.

VDP-Vorverkostung

Die besten Weine der diesjährigen Weinbörse. Vorab probiert und für Sie bewertet.