Arlo (Links) und Jean-Michel feiern den Erfolg. (Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
Arlo (Links) und Jean-Michel feiern den Erfolg. (Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)

»Fuck off Industriewein«

»Fuck off Industriewein!« Diese deutliche Message springt jeden an, der auf die Webseite www.ahwas.de surft.

Ah was – das steht eigentlich für »Arlo Hentschel Wein Aus Südafrika«. Doch wer den Südafrika-Background von Gründer Arlo Hentschel nicht kennt, könnte glauben, der Unternehmensname stehe mehr für einen Aha-Moment – oder vielmehr einen Ahwas-Moment – nach dem Motto: »Ah was, so kann Wein also auch schmecken«. Denn Hentschel hat sich auf handwerklich hergestellte Weine spezialisiert, die vielmals sensorisch von den gängigen Mainstream-Tropfen in den hiesigen Supermarkt-Regalen abweichen und sicherlich bei einigen Verbrauchern beim ersten Schluck für Überraschung sorgen. 

Erfahrene Naturalisten

Die Kunden von Hentschel jedoch dürften über den Ahwas-Moment längst hinaus sein. Etwa 250 Sterne-Restaurants zählen unter anderem dazu, deren Sommeliers immer auf der Suche nach dem besonderen Wein sind. Und den finden sie bei Hentschels ahwas Wein. Zu seinem Portfolio zählen zwar »nur« 25 Lieferanten, viele von ihnen sind bereits seit mehr als zehn Jahren Partner und werden von ahwas Wein exklusiv in Deutschland vertrieben. Und sie sind sorgfältig ausgewählt, liefern hohe Qualität und Geschichten voller Leidenschaft: Ausschließlich Weine von kleinen Betrieben, die sich deutlich von großen Marken oder Erzeugern unterscheiden, landen bei ahwas Wein im Portfolio.
Der zweite Claim lautet so auch: »Individuelle Weine. Gemacht von echten Typen. Für Gastronomen & Händler, die mehr als 08/15 anbieten möchten.«

ahwas ist »Weinhändler des Jahres« (Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
ahwas ist »Weinhändler des Jahres« (Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)

Garagen-Importeur

Ursprünglich stammt Hentschel aus Halle an der Saale. Den Weg in die Weinindustrie hatte er in seinem Lebenslauf zumindest zu Beginn zunächst nicht vorgesehen. Anfang der 2000er Jahre, Hentschel war gerade 20 Jahre alt, arbeitete er als Trainee bei einer großen Supermarktkette. Eine Sprach-Weiterbildung für die Mitarbeiter führt ihn zum ersten Mal nach Südafrika. Hentschel verliebt sich in Land, Leute und Wein und beschließt kurzerhand, aus der Liebe ein Business zu machen. 

Das startet zunächst in sehr kleiner Auflage – um genau zu sein: mit einer halben Palette ausgewählter südafrikanischer Weine. Quasi aus der Garage, respektive dem eigenen Keller, heraus verkauft Hentschel seine ersten Weine zunächst auf Verbrauchermessen und an einzelne Restaurants. Das Business wächst stetig, 2007, drei Jahre nach der Gründung, stellt Hentschel seinen ersten Mitarbeiter ein. Über die Jahre kommen auch Weingüter aus anderen Ländern hinzu – und immer mehr Kunden. 

Neben der Spitzengastronomie beliefert ahwas Wein auch den gehobenen Fachhandel. So zählen etwa Lobenbergs Gute Weine zu seinen Kunden oder der Feinkosthandel Dallmayr. Rund 400 Abnehmer hat der spezialisierte Händler inzwischen. »Der Handel mit der Gastronomie macht viel Spaß, denn dort ist man etwas preiselastischer«, merkt Hentschel an. »Viele der Häuser sind auch recht konservativ, mit einem deutlich älteren Publikum, da freut es einen schon sehr, wenn unsere Weine dort gelistet und verkauft werden.«

Große Pläne

Inzwischen liegt der Umsatz, so schätzt Hentschel für das Jahr 2022, bei 2 Mill. Euro. Die erwirtschaftet er gemeinsam mit seinem vierköpfigen Team. Und man will weiterwachsen: Bis auf 50 Mitarbeiter könnte das Business in den nächsten Jahren anwachsen. 

Auf einen »fancy Showroom«, wie Hentschel umschreibt, muss der geneigte Einkäufer hingegen verzichten. Wer ahwas Wein 2022 besuchte, traf Hentschel und seine Kollegin, Office Managerin Julia Bilitza, in einem Berliner Co-Working Space am Potsdamer Platz, wo die beiden aus einem wenige Quadratmeter großen Büro die Geschicke des Unternehmens leiten. »Das Sortiment, das Team, unsere Kunden, das ist es, was uns auszeichnet, da brauchen wir kein großes, schickes Büro.« 

Ein wenig größer darf es dann aber doch sein: Ende letzten Jahres zog ahwas Wein in seine neuen Räumlichkeiten in der Charlottenburger Wintersteinstraße – wo auf 90 Quadratmeter deutlich mehr Platz fürs Business ist. Lager und Logistik sind bereits seit Jahren ins norddeutsche Prisdorf gänzlich ausgelagert.

(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)
(Foto: AD LUMINA Ralf Ziegler)

Ohne Dogma

Naturwein bildet den Fokus des ahwas-Sortiments – obgleich Arlo Hentschel selbst den Begriff gar nicht so sehr ausreizen möchte. »Wir sind da nicht dogmatisch«, erklärt er. »Wir haben keine festgelegte Definition, die gibt es ja auch gar nicht. Wichtig ist uns: Der Wein soll eine Seele haben. Und auch im Naturwein-Bereich ist ja nicht alles Top-Qualität, sodass der Begriff alleine nicht taugt.«

Mit Verantwortung

Zur Unternehmensphilosophie gehört für Hentschel ganz selbstverständlich auch der Einsatz für Mensch und Umwelt. Bereits seit Jahren gibt es Projekte mit einzelnen Weingütern. Der spanische Partner Bodega Frontio in Castilla y Léon etwa pflanzt für jede verkaufte Kiste einen Baum. So sei in den letzten Jahren bereits ein richtiger kleiner Wald entstanden, berichtet Hentschel. Mit dem portugiesischen Weingut Arribas Wines setzen sie sich für verschiedene Tierarten ein. 2022 ging der Erlös eines Weines aus dem Sortiment in die Rettung einer vom Aussterben bedrohten Eselrasse. 5 Cent gehen zudem an die Berliner Charity-Organisation Laughing Hearts, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzt.

Mit dieser Leistung in einer hochspezialisierten Nische bereichert das Unternehmen das Weinhandelsgeschehen in Deutschland – und ist verdienter Träger des Titels »Weinhändler des Jahres«. Alexandra Wrann

Ausgabe 9/2024

Themen der Ausgabe

Wein im Klimawandel (Serie): Standorte

Wo wird Wein in Zukunft wachsen – und wo nicht?

50 Jahre Mainzer Weinbörse

Die bewegte Geschichte der Premium-Verkostung.

VDP-Vorverkostung

Die besten Weine der diesjährigen Weinbörse. Vorab probiert und für Sie bewertet.