Der Weinhandelsplatz Bordeaux ist legendär (Foto: Wieslaw/stock.adobe.com)
Der Weinhandelsplatz Bordeaux ist legendär (Foto: Wieslaw/stock.adobe.com)

Am Place de Bordeaux in bester Gesellschaft

Mit dem Weingut Battenfeld-Spanier wird nun auch der erste deutsche Erzeuger am Place de Bordeaux gehandelt. Der legendäre Handelsplatz hat sich in den letzten Jahren zunehmend internationalisiert. WEINWIRTSCHAFT-Autor Felix Bodmann gibt einen Einblick.

Am 26. September 2022 feierte der erste deutsche Wein, der trockene Riesling »C.O. Liquid Earth 2017« des Weinguts Battenfeld-Spanier, seine Premiere am »Platz Bordeaux«, wie die französische Handelsplattform auf Deutsch heißt. Die Reaktionen in Deutschland waren gemischt. Für viele war das ein Meilenstein, andere hatten Schwierigkeiten zu verstehen, worum es überhaupt geht. Die Transformation des Vertriebsapparates »La Place de Bordeaux« fand bisher wenig Beachtung in Deutschland. Dabei hat sie nachhaltigen Einfluss auf den internationalen Fine-Wine-Markt – ab sofort auch auf den für Riesling.

 

Wie der Platz Bordeaux funktioniert

Der Platz Bordeaux (La Place de Bordeaux, international auch nur La Place genannt) ist ein System der Arbeitsteilung im Weinvertrieb. Drei Parteien bewegen sich darin: Die Châteaux produzieren den Wein, die Handelshäuser – Négociants – übernehmen den weltweiten Vertrieb an Wiederverkäufer. Der Courtier als Makler verteilt den Wein der Châteaux auf verschiedene Négociants.

Dabei wird er von letzteren mit der festen Courtage von zwei Prozent bezahlt, gilt aber doch eigentlich als Berater der ersteren. Zum einen unterstützt er mit seiner Markteinschätzung bei der Preisfestlegung, zum anderen analysiert er die Märkte und stellt dann ein Portfolio von Négociants mit unterschiedlichen Stärken, etwa bezüglich der Vertriebskraft in Regionen und Kanälen zusammen. Ihm obliegt auch die Organisation des Transports der Weine vom Château in die Lagerhäuser der Négociants. Dazu fungieren Courtiers als Schlichter in Streitigkeiten zwischen Handelshaus und Produzent. 

Rund 30 der 100 derzeit aktiven Courtiers sind vereidigt. Bei einigen Geschäften, etwa Exklusiv-Vereinbarungen einzelner Chateaus mit einzelnen Négociants bleibt der Courtier außen vor. Etwa 75 Prozent der Transaktionen am Platz Bordeaux laufen über Courtiers.

 

Der Ursprung

Das System entstand ursprünglich, um adeligen Châteaux-Besitzern den Umgang mit bürgerlichen Weinhändlern zu ersparen. Solche Berührungsängste gehören der Vergangenheit an. Und einem Dienstleister eine erhebliche Marge einzuräumen, damit er Kundenbeziehungen managet, erscheint im IT-Zeitalter unnötig. 

Als 2015 Robert Parker im Interview mit The Drinks Business das Ende des Subskriptionsverkaufs im Primeur-System voraussagte, war die Stimmung entsprechend angespannt. Doch am Platz Bordeaux sind 200 Négociants aktiv, die quasi alle eigene Warenhäuser mit Weinbeständen oft von zweistelligem Millionenwert besitzen. Dieser Milliarden-Speicher ist in der Lage Angebots- und Nachfrageschwankungen geräuschlos auszugleichen. 
Selbst wenn die Châteaux dazu übergehen sollten, den Wein erst nach der Füllung in den Verkauf zu geben, wie Château Latour es seit 2012 macht, werden sie aller Voraussicht nach weiter auf die Dienste der Courtiers und Négociants zurückgreifen. 

Die Welt in Bordeaux

Doch um allen Eventualitäten zu begegnen, weiteten die Handelshäuser ihre Aktivitäten aus. 2009 nahmen sie als ersten ausländischen Wein den Kult-Merlot Masseto in den Vertrieb. Ornellaia sowie der chilenische Icon-Wine Seña debütierten kurz darauf (siehe Kasten S. 36). Die nächsten zehn Jahre wurde es dann ruhig um das gelegentlich »la place ›hors Bordeaux‹« genannte Projekt (»hors« bedeutet im Französischen »außerhalb«). 

Seit drei Jahren allerdings explodiert die Zahl der internationalen Weine am Platz Bordeaux auf mittlerweile über 100. Dabei unterscheiden sich diese Vertriebskooperationen: Während Bordeaux-Châteaux die weltweite Vermarktung an ihre Négociants delegieren, vergeben die externen Spieler das Mandat nur für ausgewählte Märkte. Es ist vor allem die beispiellose Stärke in Asien, die Bordeaux als Handelsplattform so interessant macht.

»Wir arbeiten mit 186 Fine-Wine-Importeuren in China zusammen«, erklärt Jean-Raymond Clarenc, Executive Commercial Director beim Négociant Crus et Domaines de France (CDF), der zum größten Weinkonzern Frankreichs, der Groupe Les Grands Chais de France gehört. Zur Gruppe im Besitz der Elsässer Winzerfamilie Helfrich, die ihren Aufstieg J. P. Chenet, dem Supermarktklassiker in der schiefen Flasche verdankt, gehören 20 Bordeaux-Chateaux, darunter Clos Beauregard und Chateau du Tertre. »CDF ist in 169 Ländern aktiv und aufgrund der breiten Angebotspalette auch in sehr regelmäßigem Kontakt mit seinen Kunden.« Clarencs Zahlen erklären, warum selbst Schwergewichte wie die Frescobaldi-Gruppe mit Masseto und Co, oder Château de Beaucastel mit der »Hommage à Jacques Perrin« auf seine Unterstützung setzen.

Internationales Vertriebsnetz

Auch Maison Ginestet, Partner des Weinguts Battenfeld-Spanier, ist eine feste Größe in Bordeaux. 34 Vertriebsmitarbeiter werden künftig weltweit den Riesling aus dem Zellertal an Wiederverkäufer vertreiben. »Wir beliefern 38 Exportländer, und etliche haben den Wein bisher bei uns bezogen. Die müssen jetzt alle über den Négociant gehen. Glücklicherweise sind die beiden wichtigsten Importeure in der Schweiz und in Hong Kong schon länger Kunde bei Ginestet, denen müssen wir da nichts erklären. Österreich bezieht weiter ab Weingut«, beschreibt Carolin Spanier-Gillot die Situation. Auf Handelsseite besteht in Deutschland Exklusivität für Lobenbergs Gute Weine.

»Ginestet hat uns auf Herz und Nieren geprüft. Da gab es einen ganzen Fragenkatalog. Besonders wichtig war die Verkaufshistorie des Weines: Wohin wurden die bisherigen Jahrgänge in welchen Flaschenzahlen verkauft?«, erklärt Spanier-Gillot, die die kaufmännischen Geschicke der Weingüter Battenfeld-Spanier und Kühling-Gillot verantwortet. »Es war sehr wichtig, dass es nie irgendwelche Verkaufsaktionen oder Sonderpreise für den Wein gegeben hat.« Aus dem Nichts auftauchende Restbestände unklarer Provenienz wären der Tod eines jeden Bordeaux-Debüts. 

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