Wein & Zigarre Teil III

Teil I: Die Zigarre   Teil II: Zigarrenfarben   Teil III: Zigarren aus aller Welt

 
Partner Terroir – eine Frage der Lage. Genau wie beim Wein hat auch bei der Zigarre die Herkunft einen maßgeblichen Anteil an der Produktqualität und Stilistik. Sonnenstunden, Böden, Mikroklima – da fällt uns Weintrinkern doch direkt das magische Wort Terroir ein. Nur ein Bruchteil der weltweiten Tabakproduktion ist für die Herstellung hochwertiger Zigarren geeignet.
 
Von der Tabakplantage in die Fabrik. Hier werden hochwertige Zigarren produziertUnd man schmeckt ihn, den Herkunftscharakter. Tabak aus Kuba hat eine andere Charakteristik als aus der Dominikanische Republik, in Nicaragua entwickeln sich andere Eigenschaften als in Brasilien oder Sumatra. Tabak ist ein globales Phänomen und in 120 Staaten wird die Tabakpflanze kultiviert. Nur ein Bruchteil der weltweiten Tabakernte ist allerdings für die Produktion hochwertiger Zigarren bestimmt – der größte Teil landet gehäckselt und in Papier gewickelt in Zigarettenschachteln. Denn das, was für die Zigarrenherstellung benötigt wird, ist die Spitze der Qualitätspyramide. Besonders dann, wenn es um Longfiller geht, die Champions League der Tabakveredelung. Im ersten Teil unserer Zigarren-Trilogie hatten wir die verschiedenen Herstellungsarten thematisiert und die Verwendung der verschiedenen Pflanzenteile. Denn Zigarren sind in aller Regel Cuvées, um die Weinsprache zu bedienen. Kein Produzent käme auf die Idee, alle einzelnen Bestandteile der Zigarre, also Einlage, Umblatt und Deckblatt, auf einer einzigen Plantage zu ernten. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen und zu eindimensional wäre das Ergebnis, würde man sich nur einer Pflanze oder Herkunft bedienen. Aber wofür sind die einzelnen Herkünfte bekannt, was sind ihre Stärken und wofür werden sie eingesetzt?

 

Kuba

Das bekannteste Tabakland der Welt ist zweifellos Kuba, wo die Tabakpflanze seit dem 16. Jahrhundert professionell angebaut wird. Auf der Karibikinsel befinden sich insgesamt fünf verschiedene Anbaugebiete. Camaguey y Oriente gilt als die Wiege des dortigen Anbaus. Hier landete Christoph Columbus und von hier aus trat die Tabakpflanze ihren Siegeszug quer über die Insel an. Remidos ist das flächenmäßig größte Anbaugebiet und die Tabake sind für ihre Aromaintensität bekannt. Partido südlich von Havanna ist bekannt für die hohe Qualität seiner Deckblätter, genau wie das sehr kleine Gebiet Semi Vuelta. In der Nähe der Stadt Pinar del Rio ganz im Westen Kubas, befindet sich das für seine roten Lehmböden und die exzellente Qualität bekannte Vuelta Abajo. Seit 1830 wird in diesem 140 Kilometer langen und 16 Kilometer breiten Gürtel Tabak kultiviert. Generell verfügt Kuba mit ganzjährig acht Sonnenstunden pro Tag und einer hohen Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 Prozent über perfekte klimatische Voraussetzungen für die Produktion bester Tabake.

 

Dominikanische Republik

Konzentriert werden die Zigarren in der Fabrik gerollt

Als Zino Davidoff in einer öffentlichen Aktion seine kompletten Bestände an Zigarren aus Kuba verbrennen ließ und verkündete, ab sofort ausschließlich in der Dominikanischen Republik Zigarren zu produzieren, war das der Ritterschlag für den Inselstaat, der bis dato immer etwas im Schatten des etablierten Kuba stand – und das Ende der kubanischen Vormachtstellung. Zino Davidoff war nicht länger gewillt, Qualitätsschwankungen zu akzeptieren, wie sie in Kuba üblich waren. Er und all jene, die in die Dominikanischen Tabakmanufakturen investierten, wollten dauerhafte Spitzenqualitäten und fanden hier die perfekten Rahmenbedingungen vor. Dass der Aufschwung der Dominikanischen Tabak und Zigarrenproduktion erst ab den 1980er Jahren so richtig begann, hatte weitgehend politische Gründe. Die erste Zigarrenfabrik La Aurora wurde zwar bereits 1902 gegründet, doch bedingt durch ein wenig beständiges politiobensches System mit ständigen Unruhen und wenig Sicherheit für Investoren dauerte es bis in die 1960er Jahre, bis ein erstes Wachstum der Tabakbranche möglich war und weitere zwei Jahrzehnte, bis ausländische Investitionen für den Durchbruch sorgten. Früher wurden in der Dominikanischen Republik fast ausschließlich Einlageblätter produziert. In den vergangenen Jahren haben sich manche Produzenten aber gezielt auf die Produktion von Umund Deckblättern spezialisiert. Das Hauptanbaugebiet befindet sich im Cibao Tal am Yaque del Norte Fluss, wo Boden und Klima beste Wachstumsbedingungen für Spitzentabake bieten. Stark verallgemeinernd beschrieben sind Dominikanische Tabake milder und geschmeidiger als jene aus Kuba, die bekannt sind für ihre Intensität und Würze.

 

Honduras

Wie auch in vielen anderen zentralamerikanischen und karibischen Ländern wurde der Tabakanbau in Honduras von Exilkubanern begründet, die Wissen und Setzlinge ins Land brachten. Bereits 1785 wurde die erste Zigarrenfabrik gegründet, der Aufschwung kam genau wie in der Dominikanischen Republik aber erst in den 1960er Jahren. International waren die sehr aromatischen aber ausgesprochen milden Tabake sehr gefragt, allerdings stets nur als Bestandteil einer Mischung mit würzigem Tabak aus anderen Herkünften. Dieses einstige Manko haben die Tabakbauern durch die Ergründung neuer Anbauzonen in ihrem Land souverän ausgeglichen. Ausschließlich beste Tabaksorten werden angebaut und dank unterschiedlichster Bodentypen und Kleinklimata in den verschiedenen Landesteilen bietet Honduras heute ein breites Spektrum von mild bis kraftvoll, aber immer mit der Aromenintensität, für die Honduras bekannt ist. Drei Hauptanbaugebiete gibt es auf Honduras: Ulla, Chamelcon und Copa.

 

Nicaragua 

In der Ruhe liegt die Kraft. Frisch gewickelt müssen die Zigarren erst mal reifen

Der südliche Nachbar von Honduras ist bekannt für seine dunklen, schweren Böden und das tropische Klima, die in Kombination dafür sorgen, dass Tabak aus Nicaragua sehr intensiv, aromareich und würzig ist. Der weltweite Aufschwung als Tabaknation kam erst zu Beginn der 1990er Jahre. Hier waren es politische Unruhen nach dem Sturz des Diktators im Jahr 1979 und jahrelanger Bürgerkrieg, die die Entstehung einer soliden Erzeugerstruktur verhinderten. Mit dem Fall des Handelsembargos der USA wurde Tabakanbau dann wieder lukrativ, die Strukturen festigten sich. Die besten Anbaugebiete des zentralamerikanischen Landes befinden sich in den Tälern Esteli und Jalapa. Zigarren aus Nicaragua sind nicht nur für ihre Intensität und sehr gute Verarbeitung bekannt, sondern auch für ihr ausgezeichnetes PreisLeistungsVerhältnis.

 

Brasilien

Das bevölkerungsreichste und größte Land Südamerikas verfügt über eine lange Tradition im Tabakanbau. Schon im 17. Jahrhundert wurden von hier aus Blätter nach Europa verschifft. Mittlerweile haben sich auch mehrere Zigarrenmanufakturen etabliert, doch nach wie vor ist es überwiegend Rohtabak, der das Land verlässt. Zwei große Anbaugebiete mit sehr unterschiedlichen Charakteristiken gibt es: Arapiraca, bekannt für milde Tabake und Recòncavo, dessen Tabak man eine intensive Würze attestiert, besonders dann, wenn sie aus der Unterzone Mata Fina stammen, der vermeintlich besten Tabakregion des Landes. Insgesamt werden Brasilien steigende Chancen auch als Herkunft hochwertiger Zigarren für den Weltmarkt eingeräumt.

 

Indonesien 

Die indonesische Insel Sumatra bietet ideale klimatische Bedingungen für den Tabakanbau mit einer Durchschnittstemperatur von 27 Grad, hoher Luftfeuchtigkeit und sandigen Böden. Starke Bewölkung beschattet die Tabakpflanzen natürlich und sorgt für eine langsame Reifung, die Ausbildung komplexer Aromen und ermöglicht die Produktion bester Deckblätter, die in anderen Ländern nur unter künstlicher Beschattung wachsen können. Einige der besten Zigarren der Welt tragen daher ein Deckblatt aus Sumatra. Auf der indonesischen Insel Java wird ebenfalls Tabak angebaut, zumeist jedoch für Einlage und Umblatt. Tabak aus Java ist im Vergleich zu Sumatra Tabak deutlich würziger und teilweise etwas nussiger.

 

Ecuador

Auch wenn schon die Indios hier Tabak anbauten, ist Ecuador ein Neuling auf dem internationalen TabakParkett. Erst in den 1960er Jahren, als sich viele Tabakproduzenten nach Alternativen zu Tabak aus Kuba umzusehen begannen, kamen erste professionelle Setzlinge nach Ecuador. Die Plantagen auf den fruchtbaren, sehr mineralischen Vulkanböden um Los Rios liefern die besten Qualitäten. Hier hat man außerdem eine ganz natürliche Beschattung durch sich ständig an den Westhängen der Anden stauenden Wolken. Das begünstigt die Produktion bester Deckblätter. Eine ständige Gefahr für die Ernte stellen indes die noch aktiven Vulkane dar, die immer wieder ausbrechen und ganze Plantagen in Flammen aufgehen lassen.
 

Richard Grosche

Ausgabe 03/2024

Erhältlich ab 8. März: MEININGERS WEINWELT Ausgabe 03/2024

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