Der Dialog Natürliches Mineralwasser wehrt sich gegen den ungültigen Vergleich von Mineralwasser und Leitungswasser der Stiftung Warentest. (Foto: Website Dialog Natürliches Mineralwasser)
Der Dialog Natürliches Mineralwasser wehrt sich gegen den ungültigen Vergleich von Mineralwasser und Leitungswasser der Stiftung Warentest. (Foto: Website Dialog Natürliches Mineralwasser)

„Verbraucher werden irregeführt“

Der Dialog Natürliches Mineralwasser stellt das Prüfverfahren der Stiftung Warentest zum „Wassertest 2019“ in Frage. Die Ergebnisse des Tests führen die Verbraucher in die Irre.

Bereits im Juli des vergangenen Jahres veröffentlichte die Stiftung Warentest ihre Ergebnisse zum Wassertest 2019 unter dem Titel „Leitungs- und Mineralwasser? Der große Check sorgt für Klarheit in der Frage: Besser aus dem Hahn oder aus der Flasche?“ Für Klarheit sorgen die Ergebnisse nach Angaben des Dialog Natürliches Mineralwasser, einer Kommunikationsinitiative der deutschen Mineralbrunnen, allerdings nicht.

Die Stiftung Warentest kam zu dem Ergebnis, dass die Qualität von Leitungswasser ebenbürtig oder sogar besser als die von Mineralwasser sei (wir berichteten). Der Vergleich basiere allerdings auf unterschiedlichen Methoden und Bewertungen. „Aufgrund der unterschiedlichen Prüfprogramme findet hier eine Irreführung des Verbrauchers statt“, heißt es seitens des Dialogs. So sei beim Leitungswasser ohne Angaben von Gründen auf eine sensorische Prüfung verzichtet worden, obwohl sechs der 20 getesteten Leitungswässer mit Chlor desinfiziert wurden. Die sensorische Bewertung von Mineralwasser spiele dagegen mit einem Anteil von 50 Prozent an der Gesamtnote eine besonders große Rolle.

Kein valider Vergleich

Bei der Untersuchung der mikrobiologischen Qualität von Mineralwasser sei die Stiftung Warentest zudem deutlich über die in der Mineral- und Trinkwasserverordnung (MTVO) gesetzlich enthaltenen Bestimmungen hinausgegangen, heißt es seitens der Brunneninitiative. Bei Leitungswasser hingegen habe die Stiftung Warentest komplett auf eine Untersuchung der mikrobiologischen Qualität verzichtete. Die Begründung: „Auf Keime untersuchten wir das Wasser nicht, weil eine mögliche Keimbelastung auch von der individuellen Hygiene am Hahn abhängt.“

Des Weiteren seien beim Leitungswasser die Risikofaktoren der „Last Mile“ ausgeklammert worden. Bei der Probenahme der Leitungswässer durch die Stiftung Warentest wurde das in den Rohrleitungen befindliche Stagnationswasser komplett ablaufen gelassen. Dies sei eine vollkommen untypische Vorgehensweise, da laut Marktforschung 86 Prozent der Menschen in Privataushalten das Wasser gar nicht beziehungsweise maximal zehn Sekunden ablaufen lassen würden. Nach dem Ablaufen des Stagnationswassers werde also lediglich die Qualität vor der Wasseruhr, aber nicht die Qualität des aus dem Hahn entnommenen Leitungswassers untersucht. Dabei lauern in der Hausinstallation zahlreiche Gefahren, betont der Dialog Natürliches Mineralwasser. Nach Erkenntnissen des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (IGB) stelle das häusliche Leitungssystem – vom IGB auch als „Last Mile“ bezeichnet – ein erhebliches Risiko für die Wasserqualität dar. Denn neben dem Stagnationswasser können der Wasserpartikelfilter, die Leitungsqualität, die Wassertemperatur und der Perlator (Wasserdüse am Hahn) die Leitungswasserqualität nachhaltig beeinträchtigen.

VDM gibt Überprüfung von Leitungswasser in Auftrag

Im Sommer 2019 habe im Auftrag des Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) die bei der Stiftung Warentest fehlende mikrobiologische Überprüfung des Leitungswassers stattgefunden, die vom unabhängigen Institut Fresenius (SGS Institut Fresenius, Taunusstein) in 33 Privathaushalten durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Bei 56 Prozent der untersuchten Leitungswässer waren Keime im Wasser nachweisbar, wenn auf einen Vorlauf und damit auf einen Abfluss des Stagnationswassers verzichtet wurde. Bei einem Vorlauf von 30 Sekunden reduzierte sich die Anzahl der mit Keimen beaufschlagten Leitungswässer nur vergleichsweise gering auf 41 Prozent. Von den 56 Prozent der mit Keimen belasteten Proben hätten über 60 Prozent fakultativ pathogene Keime der Risikostufe 2 nach BioStoffV aufgewiesen, die ein Risiko für immungeschwächte Menschen darstellen können. Bei den in der „Leitungswasserstudie 2019“ von Fresenius parallel untersuchten 30 Mineralwässern hätten hingegen nur sieben Prozent der Proben Keime dieser Risikoklasse aufgewiesen.

„Für die Mineralbrunnenbetriebe in Deutschland ist es unerträglich, dass die Stiftung Warentest durch wissenschaftlich nicht haltbare Vergleiche Verbraucher in die Irre führt beziehungsweise die Desinformation der Verbraucher billigend in Kauf nimmt. Das mag zwar der Erhöhung der Auflage der Zeitschrift zugutekommen, hinterlässt allerdings bei den nahezu ausschließlich familiengeführten Mineralbrunnenbetrieben einen Existenz gefährdenden wirtschaftlichen Schaden“, sagt Dr. Karl Tack, Vorsitzender des VDM. // lk

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GZ 09/24

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