Südsteiermark - Zwei Generationen ein Ziel

Es ist mehr als bemerkenswert, welche Dynamik sich in der Steiermark in den letzten Jahren entwickelt hat. Und das, obwohl man sich angesichts des Erreichten eigentlich zufrieden zurücklehnen könnte. Drei Gründe spielen dabei eine Rolle: die Veränderung des Klimas, die Mentalität der Steirer und das sicher nicht immer reibungslose, aber ungemein konstruktive Zusammenspiel zweier Generationen.

Es gibt in Österreich und in der internationalen Weinwelt genügend Beispiele renommierter, erfolgreicher Weinbaugebiete, in denen es bei einem anstehenden Generationswechsel um nichts anderes geht, als das Erreichte zu bewahren, die Tradition und den Stil des Hauses zu pflegen. Die Folge ist Stagnation. In dieser Hinsicht fällt die Steiermark komplett aus dem Rahmen. Die noch voll aktive ältere Generation um Willi Sattler, Alois Gross, Manfred Tement, Erich und Walter Polz, Gerhard Wohlmuth und wie sie alle heißen ist jung genug, um persönlich Innovationen offen gegenüber zu stehen. Zu frisch sind die Erinnerungen an die von ihnen selbst Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre eingeläutete qualitative Revolution, natürlich auch an den einen oder anderen Irrweg, wie den exzessiven Einsatz von neuem Holz bei den Spitzenweinen ab Mitte der 90er Jahre bis kurz nach der Jahrtausendwende. Mit anderen Worten: Die Erfolgsgeschichte der Steiermark ist zu jung, um einem zementierten Muster zu folgen, nach dem Motto »was seit Generationen großartig ist, muss beibehalten werden«. Nach wie vor wird der intensive Kontakt mit Kollegen aus dem Loiretal, aus Deutschland, Burgund und dem Elsass gepflegt.

Hochgrassnitzberg Steiermark

Und die junge Generation? Auffällig ist der offene Austausch untereinander, das kompromisslose Streben nach Qualität, der ungemeine Ehrgeiz, aber auch die extreme Hingewandtheit zum Weinberg, mehr als zur Kellerwirtschaft. Zwei Paradebeispiele hierfür sind Armin Tement und Johannes Gross. Beide tüfteln mit Hingabe daran, je nach Lage die ideale Bodenbearbeitung und Pflege der Rebstöcke zu entwickeln. Armin Tement legt größten Wert auf die Laubwand. Die ist äußerst luftig. Die jungen Triebe im Innern der Laubwand werden konsequent herausgebrochen: »Die bringen vor allem viel Zucker.« Die Trauben hängen relativ frei, werden aber von oben von den großen, dunkelgrünen Außenblättern beschattet: »Die sind wichtig für die Aromabildung.« Außerdem werden beim Gelben Muskateller und den Burgundersorten systematisch die Trauben geteilt. Die wohl größte Stärke von Armin Tement ist es, eine perfekte Reife ohne übertriebene Zuckergrade und überreife Aromatik zu erreichen. Beim Sauvignon Zieregg, dem Kultwein der Steiermark, ist es ihm gelungen, den Alkohol um fast ein Volumenprozent in Richtung 13 zu drücken, ohne an Komplexität, Extrakt und Länge zu verlieren. Der Wein im umfangreichen Sortiment von Tement, der den Tanz auf dem Drahtseil vielleicht am besten verkörpert, ist eher ein Nischenprodukt: der Gewürztraminer aus der Lage Wielitsch, eine heiße Lage mit fetten Lehmböden. »Der Wein ist die größte Herausforderung. Er ist nur gut, wenn er reif ist. Aber wenn er reif ist, wird er schnell sehr üppig. Ich will aber Frische und viel Saft.« Fast sensationell gelungen ist diese Quadratur des Kreises im Jahrgang 2011 mit mehr als erstaunlichen 6 Promille Säure, ein einzigartig facettenreicher Traminer.

Wichtigste Rebsorte ist und bleibt aber der Sauvignon, den es bei Tement als Steirische Klassik, kurz STK, sowie als vier verschiedene Lagenweine gibt: Hochkittenberg, Grassnitzberg, Sernau und natürlich Zieregg. In diesem Punkt verfolgt Johannes Gross eine etwas andere Strategie. Pro Lage gibt es nur einen Lagenwein: Kittenberg Weißburgunder, Perz Gelber Muskateller, Sulz und Nussberg Sauvignon Blanc. Der ehemalige Morillon Nussberg heißt daher künftig »Startin«, benannt nach den traditionellen Holzfässern der Region mit rund 500 Liter Inhalt. Auch die Klassik-Range in der dunklen Steiermark-Flasche wurde gestrafft, was den gestiegenen Anspruch dokumentiert. Angeboten werden nur noch Gelber Muskateller, Weißburgunder und Sauvignon Blanc. Den Einstieg markieren Welschriesling und Sämling alias Scheurebe und ein neuer Wein Namens Jakobi einer äußerst gelungenen Ausstattung mit Symbolen des »alten Bauernkalenders«. Der Wein passt sehr gut zur Philosophie, die Johannes Gross vertritt: bodenständig, nachhaltig, traditionsbewusst, aber kompromisslos qualitätsorientiert. »Der Jakobi soll ganz klar die Herkunft Südsteiermark ausdrücken. Darum steht auch die Herkunft auf dem Etikett und keine Sorte.« Ihm blutet das Herz, wenn er sieht, wie gute alte Rebanlagen gerodet werden, um besser mechanisierbare Anlagen zu erstellen. Lange hat die Familie Gross eine gemischte Landwirtschaft betrieben, das ist in extensiver Form sogar heute noch der Fall. »Ich finde es wichtig, auch Landwirt zu sein. Der Vorteil des Weins ist die Möglichkeit, das Endprodukt selbst zu verfeinern und Wertschöpfung zu generieren.« Bei der Bodenbearbeitung hat er eine interessante Methode entwickelt: Die Begrünung wird nicht umgeackert, gemulcht oder gemäht, sondern umgeknickt. Der Vorteil: wie beim Mulchen oder Mähen bleibt der Boden bedeckt, die Feuchtigkeit wird in der Erde gehalten, doch es wächst keine neue Begrünung nach, da die bestehenden Pflanzen ja noch intakt sind. Ein weiterer Pluspunkt ist der erstklassige Erosionsschutz. Johannes Gross ist seit 2005 für die Produktion verantwortlich. Es dauerte zwei, drei Jährgänge, bis er seine klare Linie gefunden hatte. Sein Bruder Michael leitet seit 2010 den Vertrieb, Vater Alois kümmert sich um Verwaltung und Finanzen. Aktuell sind 46 Hektar in Bewirtschaftung, wovon aber 6 Hektar noch nicht im Ertrag stehen. Traubenzukauf im klassischen Sinn gibt es heute nicht mehr. »Der Zukauf war wichtig, um wachsen zu können. Doch wir haben uns bewusst entschieden, den Weg zurück zum klassischen Weingut zu gehen. Dafür mussten wir natürlich in Weinberge investieren«, so Johannes Gross. Diese Umstrukturierungen sind noch immer nicht abgeschlossen, es werden weiter neue Weinberge angelegt.

 

MEHR WÄRMERE JAHRGÄNGE

Weinberge in der SteiermarkImmer mehr wärmere Jahre machen Korrekturen in der »Weingartenbearbeitung« nötig. Schon kurios: In der Steiermark spricht man wie überall in Österreich von »Weingarten«, dabei hätte die Südsteiermark wahrlich die Bezeichnung »Weinberg« verdient. Denn die besten Lagen sind steil, die Bearbeitung ist schwierig und ein geschickter Umgang mit der Begrünung ist unumgänglich. Viele kalkreiche, tonhaltige Böden wären in regnerischen Phasen ohne Begrünung nicht zu bearbeiten, da die Maschinen keinen Halt fänden. Außerdem gilt es, die drohende Erosion zu verhindern. Auf der anderen Seite kann die Begrünung in den immer häufigeren trockenen und heißen Phasen auch ein Übermaß an Konkurrenz für den Weinstock erzeugen. Hier sind die Tüftler gefragt, es gilt, viel Gefühl für den »Weingarten« zu entwickeln. Dabei hilft eine Facette der steirischen Mentalität, die sprichwörtliche Naturverbundenheit der Menschen im »grünen Herz Österreichs «, so der Slogan der Steiermark. Noch etwas grüner als bei den Nachbarn waren immer schon die Weinberge von Willi Sattler. Auch als kurz nach der Jahrtausendwende bei vielen Betrieben konsequent die Traubenzone entblättert und goldgelbe Sauvignon- Trauben geerntet wurden, strotzen die Weinberge des Sattlerhofs nur so vor saftigem Grün. Auch in der Familie Sattler steht die nächste Generation in den Startlöchern. Andreas Sattler (23) studiert Önologie in Wien und trägt im Herbst bereits die Hauptverantwortung im Keller. Klosterneuburg- Absolvent Alexander (20) hat gerade seinen ersten Wein, den Sauvignon »Element« kreiert. Für das Design zeichnet seine Schwester Michaela verantwortlich. Zurück zu den Weinbergen: Bereits seit 2009 wird der sogenannte »sanfte Rebschnitt« praktiziert, bei dem vereinfacht gesagt größere Schnittwunden und so ein verholzen des Kopfes vermieden wird. Dabei werden Jahr für Jahr seitlich wechselnd Zapfen und Strecker geschnitten. Die gleiche Technik wenden auch Armin Tement und das Weingut Winkler-Hermaden an. Außerdem messen die Sattlers mittels eigener Wetterstationen u.a. die Blattfeuchte, um möglichst gezielten Pflanzenschutz betreiben zu können. Mit rund 60 Prozent Sauvignon-Anteil gehört der Sattlerhof zu den absoluten Spezialisten für die steirische Parade-Sorte. Mengenwachstum wird nicht angestrebt: »Aktuell besitzen wir 35 Hektar Weinberge und kaufen von 10 Hektar die Trauben zu. Das Ziel ist, den Zukauf zu reduzieren und Eigenflächen wenn möglich punktuell zu erweitern. Aber wir sehen auch, dass wir nahe am Maximum der Fläche sind, die wir auf dem Qualitätsniveau bewirtschaften können«, so Alexander Sattler.

Eine ganz eigene Aufgabenverteilung haben Walter und Joachim Skoff gefunden. Ganz einig waren sich Vater und Sohn Anfangs nicht, in welche Richtung sich das Weingut entwickeln sollte. So wurde das Sortiment kurzerhand in zwei Marken geteilt. Unter Walter Skoff werden weiterhin die typischen, sehr fruchtbetonten und moderat mit der Süße spielenden Skoff-Weine erzeugt. Bei Skoff Original kann dagegen Joachim Skoff seinen Weg gehen, der als fünfte Generation in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Diese Weine werden als die Premium-Linie des Hauses bezeichnet. Zu ihr gehören neben der Classique-Linie auch alle Lagenweine des Hauses. Inzwischen haben beide bemerkt, dass die Trennung auch vertrieblich Vorteile bringen kann. Skoff Original ist für Fachhandel und Gastronomie reserviert, Walter Skoff gibt es auch im österreichischen Lebensmittelhandel. Zuletzt haben die Skoffs 24 Hektar dazugekauft, von denen nach und nach 8 bis 12 Hektar Rebfläche entstehen sollen. Es handelt sich um schottrige Böden im Bereich Kranachberg. Aktuell verfügt Skoff über 50 Hektar Eigenfläche, die überwiegend für Skoff Original verwendet wird. Über den Traubenzukauf wird die Marke Walter Skoff produziert. Auch wenn der Sauvignon die Hauptrolle spielt, will Joachim Skoff die Sorte nicht so stark in den Vordergrund stellen, wie es einige Kollegen tun: »Ein Stärke der Südsteiermark ist doch unsere Vielfalt.« Auch er sieht den Gelben Muskateller derzeit im Aufwind. »Die Sorte scheint dem Morillon etwas den Rang abzulaufen.« Seine Handschrift beschreibt Joachim Skoff wie folgt: »Etwas trockener, etwas mehr Frische, obwohl ich die Trauben für Skoff Original tendenziell etwas später ernte. Dennoch soll in jedem Fall die Frucht im Vordergrund stehen, ich will ›Trinkanimo‹ in den Weinen.« Im Hause Wohlmuth arbeiten Gerhard und Gerhard Hand in Hand. Obwohl sich beide in allen Bereichen intensiv austauschen, gilt hier die international gängige Aufgabenverteilung: Junior schwerpunktmäßig im Keller, Vater im Außenbetrieb. Mit großem Erfolg: Die Weine werden von Jahr zu Jahr besser, geschliffener, terroirbetonter.

Vater und Sohn sind sich natürlich einig, dass der Blick auf den Hochgrassnitzberg und die Kellerei der Familie Polz Schlüssel zum Erfolg in erster Linie in der Weinbergsbearbeitung liegt. Gerhard Junior lobt dementsprechend die Arbeit des Vaters: »Bei uns wird nichts maschinell entlaubt, die Trauben bleiben gut geschützt und können so die Frische bewahren, was natürlich einen hohen Arbeitsaufwand bedeutet.« Umgekehrt freut er sich über die Anerkennung seiner Leistung: »Nach der Gärung haben wir alle Tanks und Fässer mit Sauvignon durchprobiert. Am Ende habe ich gemerkt, dass mein Vater von der Qualität sichtlich beeindruckt war.« Beide ergänzen sich perfekt und Gerhard junior ist der Ehrgeiz, das Optimum aus den Trauben herauszuholen, anzumerken, auch wenn er äußerlich ruhig und entspannt wirkt. Die Weine sind alles andere als Blender, vielmehr steht deutlich schmeckbar das Terroir im Vordergrund, egal ob der Wein im Stahl oder im Holzfass vinifiziert wurde. Von bemerkenswerter Qualität ist der Sauvignon Blanc Klassik, umso mehr, wenn man bedenkt, dass 100.000 Flaschen von diesem Wein erzeugt werden. Das war für einige Jahre der Knackpunkt in der Steiermark: Die Betriebe sind dank guter Nachfrage schnell gewachsen, nicht immer konnte angesichts dieser rasanten Entwicklung die Qualität im klassischen Bereich Schritt halten. Doch diese Betriebe wollten sich auf keinen Fall nachsagen lassen, dass Preis und Leistung nicht passen und haben spürbar an der Qualitätsschraube gedreht. Weingüter wie Tement, Gross, Wohlmuth, Sabathi oder der Sattlerhof bieten heute für rund 10 Euro einen klassischen Sauvignon an, der seinen Preis voll und ganz wert ist. »Unser Flaggschiff ist der Sauvignon Klassik, nicht der Top-Wein Kranachberg «, erklärt Alexander Sattler, »denn jeder unserer Kunden hatten den Sauvignon Klassik schon einmal im Glas. Daher ist der Wein so wichtig.«

 

ARBEITSTEILUNG KELLER-AUSSENBETRIEB

Vornehmlich der Keller ist auch der Hoheitsbereich von Michel Müller. Seit drei Jahren ist er für die Vinifikation verantwortlich, nach Önologiestudium und Auslandserfahrung, unter anderem bei Stephane Derenoncourt, ist er gerade dabei, parallel zur Arbeit für den Familienbetrieb sein Wirtschaftsstudium abzuschließen. Was beide Generationen in der Domäne Müller eint, ist die Orientierung am französischen Vorbild, womit sich Vater Günter Müller nicht nur früh einen Namen machte, sondern auch stilistisch von seinen Kollegen abgrenzen konnte. »Ich habe 1979 erstmals französische Klone in den ›Deutschen Weingärten‹ in der Südsteiermark ausgepflanzt, und zwar den Klon ›Ladoucette Vieilles Vignes‹, den es heute gar nicht mehr zu kaufen gibt«, blickt Günter Müller zurück. Den Stil entwickelt sein Sohn vorsichtig weiter. Er hat eingeführt, dass die Trauben bereits bei der Ernte im Weinberg gekühlt werden. Die Kaltmazeration wurde damit auf 36 Stunden ausgedehnt. »Die Weine werden dadurch duftiger und gewinnen an Länge«, findet Müller. Technisch hat Günter Müller seinem Sohn ein Schlaraffenland aufgebaut, der Keller wurde in den letzten Jahren zu einem der modernsten der gesamten Steiermark aufgerüstet. Die Rebfläche liegt aktuell bei rund 38 Hektar, durch Neuanpflanzungen, unter anderem in Ratsch und am Grassnitzberg, dürfte die Fläche auf 40 Hektar steigen. »Wir versuchen nach wie vor, neue Weingärten dazu zu bekommen. Doch das ist schwierig, die Südsteiermark ist hochspekulativ geworden«, sieht Müller für die Zukunft weniger Möglichkeiten zu Expansion, als seine Generation sie hatte.

Sauvignon in der SteiermarkKeine andere Familie hat diese Möglichkeiten in den vergangenen 30 Jahren konsequenter genutzt, als Erich und Walter Polz. Als beide in den 80er Jahren den Betrieb übernahmen, lag die Rebfläche bei drei Hektar. Heute bewirtschaftet die Familie Polz rund 100 Hektar Weinberge selbst, dazu kommt Traubenzukauf, zum Teil auch über eine Erzeugergemeinschaft. Im Herbst 2011 war Erichs Sohn Christoph erstmals für den Keller verantwortlich, nachdem der langjährige Kellermeister Christian Krampl den elterlichen Betrieb übernahm. »Am Anfang war ich schon nervös. Es ist eine echte Herausforderung, mehr als eine Million Kilogramm Trauben einzupressen. Doch die kontinuierliche Lese 2011 hat mir sehr geholfen«, blickt Christoph Polz erleichtert und auch etwas stolz zurück. Noch im Jahr 2010 hat er im Burgund gearbeitet. »Die Burgundersorten werde ich sicher auch weiterhin im Holzfass, ob groß oder klein, neu oder gebraucht, ausbauen. Zumindest alles, was sich im Lagenbereich bewegt.« Sein Ziel ist es, mineralische, »enge« Weine zu erzeugen: »Das war in einem reifen Jahrgang wie 2011 die größte Herausforderung«, erklärt Polz. »Eng« ist ein Ausdruck, den die Vorreiter der jungen Generation gerne benutzen. Gemeint sind Weine mit viel Würze, mit fester Struktur, keine zu üppigen, ausladenden, weichen Weine. »Eng« bedeutet auch, dass die Frucht nicht zu sehr im Vordergrund steht. Neben Sauvignon sieht Polz besonders für Morillon und auch Grauburgunder ein großes Potenzial in der Steiermark. In diesem Jahr feiert das Weingut Polz sein 100-jähriges Jubiläum. Erst seit zehn Jahren gehört das Weingut Tscheppe, der Traditionsbetrieb der Steiermark schlechthin, der Familie Polz. Seit 2006, mit dem Ausscheiden des letzten Mitglieds der Familie Tscheppe, haben Erich und Walter die operative Führung komplett übernommen. Die Produktion wurde in die Kellerei von Polz verlagert, die ehemalige Tscheppe-Kellerei wurde zu einem Top-Genießerhotel samt Spitzenrestaurant umgebaut, der Kreuzwirt am Pössnitzberg. Zur Marke Tscheppe gehören 32 Hektar Weinberge und die bereits erwähnte Erzeugergemeinschaft. »Unser Ziel ist es, unter Tscheppe Weine zu erzeugen, die typisch die Herkunft Leutschach verkörpern. Die Weine von dort wirken immer etwas kühler, die Säure etwas lebendiger«, erklärt Polz.

Das Maß aller Dinge in Leutschach sind seit einigen Jahren die Gebrüder Erwin, Gerd und Christoph Sabathi mit Erwin Sabathi als Chef und »Frontmann«: Er gibt die Richtung im Unternehmen vor. Das Weingut Sabathi war unter den führenden Betrieben der erste, der vor etwas mehr als zehn Jahren den Generationswechsel vollzog. Heute gehört das Weingut wie Polz, Skoff, Wohlmuth oder Tement zur Reihe renommierter Adressen der Südsteiermark, die stattliche Produktions und Absatzmengen erreicht haben. Von den 34 Hektar Eigenfläche und 60 Hektar Vertragsfläche ist mit 46 Hektar fast die Hälfte mit Sauvignon Blanc bestockt. Das zeigt, welch herausragende Rolle die steirische Paradesorte für die Sabathis spielt. »Wir haben in den letzten Jahren vornehmlich Sauvignon neu gepflanzt, die jetzt erreichte Mischung möchten wir halten«, blickt Erwin Sabathi zufrieden auf seinen Sortenspiegel. Auch wenn mengenmäßig Welschriesling und Gelber Muskateller hinter dem Sauvignon den größten Teil der Fläche beanspruchen, ist Sabathi überzeugt, dass die Burgundersorten inklusive Morillon alias Chardonnay das größte Qualitätspotenzial besitzen. »Hier werden wir den nächsten großen Schritt in qualitativer Hinsicht machen«, ist Sabathi überzeugt. Die Aussage zeigt einmal mehr: Die steirischen Top-Betriebe sehen sich trotz aller Erfolge noch lange nicht am Ziel. Die Paradelage der Sabathis ist der Pössnitzberg mit seinem Opok-Boden: Ein knallharter, verfestigter Kalkmergel, der an der Oberfläche durch Frost und Regen blättrig verwittert. In Verbindung mit der luftigen Exposition der Lage beste Voraussetzungen, um ausdrucksvolle, mineralische Weine zu erzeugen. Die Lage Jägerberg ist Weiß- und Grauburgunder vorbehalten, auch bei diesen beiden Sorten gehört Erwin Sabathi zu den besten Erzeugern der Region.

Zieregg Sauvignon Blanc

Die Burgundersorten gehören neben dem Traminer und nicht zu vergessen dem Zweigelt Olivin, der als einziger Rotwein der Steiermark zu den Spitzenrotweinen Österreich gezählt wird, zu den Spezialitäten des Weinguts Winkler-Hermaden. Die für steirische Verhältnisse ungewöhnliche Verteilung der Sortimentsschwerpunkte erklärt sich durch die Lage des Weinguts und die Geologie der Weinberge. Denn das Familieneigene Schloss Kapfenstein, ein Schloss-Hotel und -Restaurant mit besonderem Charme, liegt wie das Weingut und ein Großteil der Weinberge im »Vulkanland«, wie der geologisch inspirierte Marketing-Name der Südoststeiermark lautet. Die Grenze zum Burgenland ist nicht weit entfernt und die schottrig-sandigen, teils vulkanischen Böden zeichnen sich als gute Wärmespeicher aus. So überrascht es nicht, dass neben Sauvignon Blanc eben auch die Burgundersorten eine Hauptrolle spielen. Der zweite Betrieb der Familie, die Domaine Stürgkh, liegt etwas weiter südlich, im Klöch, der Traminer-Hochburg Österreichs. Bei Winkler-Hermaden hat der gerade stattfindende Generationswechsel auch zur Umstellung auf biologisch-organischen Anbau geführt. »Wir haben das gemeinsam mit den Kindern entschieden«, erklärt Georg Winkler- Hermaden. Mit der Ernte 2012 ist die Umstellung vollzogen. Das bedeutet auch, dass neben den insgesamt 40 Hektar Eigenfläche vom Traubenzukauf auf Pacht von Bioflächen umgestellt wurde. Thomas (22) ist inzwischen im Betrieb, Christof (24), Klosterneuburg-Absolvent, studiert noch in Graz. Bei der Ernte 2011 waren beide Söhne bereits gemeinsam für den Keller verantwortlich. Tochter Katharina wird ab Januar das Hotel übernehmen. Die neue Generation übernimmt das Ruder.

Sascha Speicher

Fotos: Sascha Speicher

Ausgabe 9/2024

Themen der Ausgabe

Wein im Klimawandel (Serie): Standorte

Wo wird Wein in Zukunft wachsen – und wo nicht?

50 Jahre Mainzer Weinbörse

Die bewegte Geschichte der Premium-Verkostung.

VDP-Vorverkostung

Die besten Weine der diesjährigen Weinbörse. Vorab probiert und für Sie bewertet.