IVIF-Kongress zum Thema "Twitter, Blogs und Web 2.0"

Welche Chancen bieten moderne digitale Kommunikationswege für die Weinwirtschaft, welche Grenzen hat das »Mitmach-Web«, das Web 2.0? Erstmals fand im Rahmen des IVIF-Kongresses am Freitagnachmittag eine Veranstaltung zu diesem Thema statt.

Bernd Wechsler, Leiter des Marketingzentrums Rheinland-Pfalz beim DLR Oppenheim, eröffnete das Kongressmodul mit einer Frage: »Wie kann ich die digitalen Kommunikationsformen nutzen?« - und vor allem: in welchem Umfang? Nachhaltigkeit, das große Thema der INTERVITIS INTERFRUCTA, bedeute, »nicht mehr in etwas hineinzustecken, als man tatsächlich wieder herausholen kann«. Der neue »multioptionale« Kunde verfüge über viele Möglichkeiten, Wein zu kaufen, und sei schwer zu fassen, sagte Wechsler. Eines müsse man begreifen: »Im Netz findet eine Revolution statt. Die Kommunikation ist keine Einbahnstraße mehr. Auch wenn sich die Branche bislang nicht besonders mit dem Web 2.0 befasst hat - in Zukunft werden wir uns damit befassen müssen!«

Mit einer Online-Befragung hat Miriam Lemke von der FH Burgenland versucht, Einblicke in das Verhalten der »weinaffinen Online-Nutzer« zu erhalten. »Man muss die Kunden abholen, wo sie sich befinden. Wichtig ist, dass man das Richtige kommuniziert.« Zwar informiert sich eine Mehrheit der Befragten gerne im Netz über Winzer und Weine, doch ziehen über 80 Prozent den stationären Handel nach wie vor dem Online-Kauf vor. Die Gründe liegen auf der Hand: Im Fachgeschäft oder in der Vinothek kann man Wein anfassen drehen, verkosten. »Den sensorischen und haptischen Eindruck kann man virtuell nicht ersetzen«, sagte Lemke. »Umso wichtiger ist eine gute Abbildung und Darstellung der Produkte im Internet.« Zwar gehe sie nicht davon aus, dass »über Web 2.0 unglaublich viel mehr Wein« verkauft werde, doch »die Winzer sollten nicht auf ihrem Weingut sitzen und warten, dass die Kunden kommen.« Ein Zwischenruf gab ihr Recht: Meist seien die Online-Kunden keine Neukunden, sondern nutzten nur bequemere Wege. Es gehe also darum, bestehende Kunden zu halten.

»Die große Chance des Web 2.0 ist die Nachhaltigkeit des Informationsflusses - die Informationen bleiben länger erhalten als in den Printmedien«, sagte Andrea Gaugler von der Agentur Das Team, die über »2.0 Internetkonzepte zur Kundengewinnung und -Akquirierung« sprach. Der Internetnutzer habe sich »vom bloßen Informationskonsumenten zum aktiven Gestalter« gewandelt. »Um an das Gehirn unserer Kunden heranzukommen und es greifen zu können«, müsse gezielt auf die Kaufmotivationen des Kunden eingegangen werden. Gaugler stellte hierzu ein »4-P-Modell vor: Profit, Pleasure, Pride, Peace - also etwa: Sparen, Spaß, Status und Zufriedenheit. Entscheidend sei darüber hinaus, »dass der Winzer authentisch rüberkommt«. Freilich ist nicht jede Form des Web 2.0-Marketings für jeden Weinbaubetrieb geeignet. Gaugler unterschied auch hier zwischen verschiedenen Typen. So könne ein traditionell orientiertes Weingut beispielsweise über die Veröffentlichung von Kundenrezepten eine stärkere Bindung aufbauen. Junge, experimentierfreudige Betriebe hingegen könnten über Blogs, Newsletter oder sogar Twitter-Weinproben in Kontakt mit ihrer Kundschaft treten. »Wichtig ist, alle vorhandenen Kommunikationswege zu nutzen - und aufeinander abzustimmen«, sagte Gaugler.

Der per Live-Stream im Internet übertragene Vortrag erreichte offensichtlich die weinaffine Online-Gemeinde: »Das Web ist ein Hilfsmittel, das genutzt werden muss«, twitterte Vinohase. Weitere Tagungspunkte waren »Web-Analyse im Multikanal-Vertrieb« (Sascha Mai, artundweise), »Twitter und Social Media - der Kommunikationsweg der Zukunft?« (Anika Kost, Agentur Meomix), »Mobile Dienste - Kunden den Weg zum Erzeuger erleichtern« (Frank Schulz, Deutsches Weininstitut) sowie eine abschließende Best-Praxis-Talkrunde mit Simone Renth-Queins (BDO), Patrick Johner, Michael Pleitgen und Dirk Würtz.

Quelle: Messe Stuttgart

ddw 08/24 vom 19. April 2024

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