Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen  ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)
Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)

Brew it yourself! (4)

Weiter geht’s in unserer kleinen Heimbrauerei: Teil 4 unserer Serie verrät dir, was der Brauer unter einem Whirlpool versteht, wie und weshalb die Stammwürze gemessen werden muss und warum hygienisches Arbeiten nach dem Kochvorgang besonders wichtig ist.

Text: Ferdinand Laudage

Teil 4: Whirlpool, Messen der Stammwürze und Hefegabe

Nach 70 Minuten bierlauniger Verweilzeit ist dein tatkräftiger Einsatz zum Kochende wieder gefragt: Ein weiteres Mal musst du nun Hopfen abwiegen und in den Topf geben. Bei dieser zweiten Hopfengabe lösen sich nochmals Bitterstoffe in der Bierwürze, aber vor allem während der anschließenden Abkühlphase auch ätherische Öle, die deinem selbstgebrauten Bier ein aussagekräftiges Aroma verpassen werden.

Die zweite Hopfengabe

Für die richtige Menge an Hopfen kannst du wieder einen Blick auf in die Tabelle werfen. Du erinnerst dich: Je nach Alphasäuregehalt variiert auch die Grammzahl. Nach exakt 70 Minuten schaltest du den Einkochtopf aus und gibst den Hopfen langsam in die kochend heiße Würze. Sei vorsichtig! Es kann sein, dass es dabei noch überschäumt. Der Duft, der nach der zweiten Hopfengabe in deine Nase steigt, liefert dir schon einen Hinweis darauf, wie aromatisch dein Selbstgebrautes später sein wird.

Je nach Alphasäuregehalt variiert die Grammzahl an Hopfen, den du in den Kessel gibst. (Illustration: Katja Schiller)
Je nach Alphasäuregehalt variiert die Grammzahl an Hopfen, den du in den Kessel gibst. (Illustration: Katja Schiller)

Jetzt wartet der Whirlpool auf dich. Aber bitte nicht missverstehen, an Entspannung im angenehm warmen Nichtschwimmerbecken ist jetzt nicht zu denken. Du musst durch eine kreisförmige Rührbewegung mit dem Braupaddel einen Strudel im Einkocher erzeugen. Der Anblick soll an einen Whirlpool erinnern, daher der Name.

Das Prozedere hat aber auch einen Sinn: Es dient der Filtration. Am Boden des Einkochers entsteht ein Kegel mit Trubstoffen, die nicht mehr benötigt werden. Das ermöglicht es dir wenig später, die Würze nahezu klar seitlich über den Hahn des Einkochers und – sofern vorhanden – einen damit verbundenen Silikonschlauch in den zuvor gereinigten Gärbottich ablaufen zu lassen.

Der perfekte Trubkegel

In meinen Anfangstagen als Heimbrauer war ich mir nie sicher, wie schnell ich den Whirlpool anrühren musste. Heute weiß ich, dass ich zügig rühren, aber es auch nicht übertreiben muss, um einen halbwegs kompakten Trubkegel zu bekommen, damit möglichst viele Schwebstoffe vor dem Umschlauchen der Würze im Topf zurückbleiben.

Perfekt wird er mit diesen Tipps: Halte vor dem Anrühren des Whirlpools eine kurze Konvektionsrast von ungefähr 5 bis 10 Minuten ein. Unmittelbar nach dem Kochen ist immer noch reichlich Bewegung im Topf. Man spricht hier von Konvektionsströmen. Eiweißrückstände und Hopfenbestandteile schwimmen noch wild im Einkocher umher. Für einen kompakten Trubkegel solltest du mit dem Whirlpool also noch ein paar Minuten warten, bis Ruhe im Topf eingekehrt ist. So können sich auch die Hopfenöle noch besser verteilen.

Wichtig ist auch, dass du die Würze erst ablaufen lässt, wenn die Strudelbewegung gänzlich zum Erliegen gekommen ist. Anschließend solltest du den Hahn nicht komplett aufdrehen, da sonst die Stabilität des Trubkegels darunter leiden könnte. Es ist wie so häufig beim Bierbrauen: Auch hier zahlt sich ein wenig mehr Geduld aus.

Hopfenseihen beim Umschlauchen

Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, kannst du nach dem Whirlpool beim Umschlauchen in dein Gärgefäß natürlich auch noch auf einen Filterbeutel zurückgreifen. Hier eignet sich ein Monofilamentfilter sehr gut, der selbst kleinste Schwebstoffe noch auffängt. Hopfenseihen nennt der Mann vom Fach diesen Vorgang. Achte darauf, dass dein Filter gereinigt ist. Auch ein Abkochen zuvor ist sinnvoll. Eine mögliche Alternative zum Filter stellt ein Küchensieb mit sauberem Küchentuch dar.

Die Abkühlphase beginnt

In deinem Gärbottich befindet sich nun deine fertige Bierwürze, vermutlich aber keine 20 Liter wie zunächst angestrebt. Das liegt daran, dass während des Kochens Flüssigkeit verdampft ist. Du kannst die verlorenen Liter (kaltes) Wasser jetzt bedenkenlos wieder hinzukippen. Wenn du später genau 20 Liter Bier haben möchtest, solltest du die Würze auf 21 Liter strecken. Warum? Nach der Gärung wird die Hefe sich vermehrt und einen größeren Raum im Gärbottich eingenommen haben. Der dickbreiige Hefeschlamm liegt dann am Boden des Eimers und hat gut 1 Liter Bier in sich aufgenommen, der leider verloren ist. Als Faustregel gilt also: 1 Liter „schluckt“ die Hefe selbst. Schlussendlich kommt noch der vorab desinfizierte Deckel mit dem Gärröhrchen auf den Eimer.

Hygiene: ab hier das A und O

An dieser Stelle folgt ein kleiner, aber wichtiger Exkurs: Ab sofort musst du nämlich penibel auf Reinlichkeit achten. Die süße Würze ist bis zur Hefegabe besonders anfällig für Keime, wilde Hefen aus der Luft oder Fruchtfliegen, die im schlimmsten Fall dafür sorgen können, dass sich dein hopfenintensives Craftbier in ein ungenießbares Sauerbier verwandelt. Das heißt, dass du alle Gegenstände, die noch mit der Würze in Kontakt kommen, vorab mit Isopropanol desinfizieren oder abkochen solltest.

Die Stammwürze bestimmen

Bevor du den Gärbottich zum Abkühlen beiseitestellst, befüllst du noch den Messzylinder vollständig mit Würze. Stell den Zylinder einfach zum Abkühlen kurz in den Kühlschrank. Wenn die Temperatur von 20 °C erreicht ist, kannst du die Spindel eintauchen und ablesen, wie hoch der Zuckergehalt deiner Würze ist, auch bekannt als Stammwürzegehalt.

Ohne den Wert der Stammwürze kannst du nach der Gärung nicht ausrechnen, wie hoch der Alkoholanteil in deinem Bier ist. Darum solltest du dir den Wert auf jeden Fall immer notieren. Die Einheit, in der die Stammwürze gemessen wird, nennt sich °Plato. Sie ist übrigens nach dem deutschen Chemiker Fritz Plato und nicht nach dem gleichnamigen griechischen Philosophen benannt.

Kippe die Spindelprobe nicht zurück in den Gärbottich, sondern besser in den Ausguss. So bewahrst du deinen Sud vor möglichen Keimen. Die Bierwürze muss bis zur Hefezugabe abkühlen. Am besten lässt du deinen Sud daher über Nacht an einem kühlen Ort stehen. Wenn du alle Gerätschaften soweit gereinigt hast, genieß am besten noch ein Bier. Das hast du dir durchaus verdient, denn dein erster Brautag ist geschafft.

Wenn der Hahn kräht, schreit die Hefe nach Zucker

Tags drauf sollte sich deine Bierwürze schon am Morgen im Temperaturbereich zwischen 20 und 25 °C befinden, ideal, um die Hefe ins Spiel zu bringen. Der Prozess des sogenannten Anstellens, also der Zugabe der Hefe, ist äußerst simpel. Die Trockenhefe muss einfach gut verteilt auf die Oberfläche der Würze aufgestreut werden. Für 20 bis 25 Liter Würze reicht eine Tüte mit circa 12 Gramm Hefe aus.

Jetzt schließe den Deckel wieder und fülle das Gärröhrchen bis zur Markierung mit Wasser. So stellst du sicher, dass keine Insekten in dein gärendes Bier gelangen können. Außerdem zeigt dir das Blubbern in den kommenden Tagen immer an: Hier gärt’s noch! Die Hefe sorgt nicht nur dafür, dass aus dem vergärbaren Zucker Alkohol wird. Bei der Gärung entsteht auch reichlich Kohlensäure, die irgendwo hinmuss. Also bahnt sie sich ihren Weg durch das Gärröhrchen.

Die Gretchenfrage: Trocken- oder Flüssighefe?

Für den Einsteiger empfehle ich immer die durch Wasserentzug in der Herstellung konservierte Trockenhefe, denn sie kann einfach auf die Würze aufgestreut und muss nicht belüftet werden. Flüssighefen solltest du hingegen beim Anstellen noch mit Sauerstoff anfüttern. Du musst also mit einem abgekochten Schneebesen dafür sorgen, dass ausreichend O2 in die Würze hineingerührt wird. Der Sauerstoff wird für den Aufbau von Fettsäuren, sogenannten Lipiden, benötigt. Diese Lipide sind wichtig für den Hefestoffwechsel und erleichtern den Hefezellen die Aufnahme von Nährstoffen. Sprich: Die Belüftung wirkt sich äußerst positiv auf die Gärung aus. Trockenhefen werden aber bereits im Rahmen der Herstellung mit ausreichend Lipiden angereichert, sodass ein Belüften unnötig ist. Damit ist auch keine zusätzliche Infektionsgefahr gegeben.

Equipment für Hobbybrauer gibt’s hier:

www.my-bier.de
www.braupartner.de
www.ludwigs-sudhaus.de
www.candirect.de
www.hobbybrauerversand.de
www.brauen.de

Ferdinand Laudage, ist PR-Schaffender und diplomierter Biersommelier, seit 2013 braut er selbst. Die Einsteigerliteratur ließ er damals links liegen und versuchte sich als Autodidakt. Sein erlangtes Wissen rund ums Selberbrauen und Biergenießen vermittelt er seit 2015 in Seminaren und Verkostungen für die Bieragentur Dortmund. Im Juni 2017 erschien sein erstes Buch „Craft-Bier einfach selber brauen“ im Verlag Eugen Ulmer, später die Folgebände „Noch mehr Craft-Bier selber brauen“ und „50 Craft-Bier-Rezepte“.

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