Ausgabe 14/2019

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt...

ddw14/2019

Jeder kennt das Sprichwort und jedem von uns ist es
schon einmal in einem passenden Moment in den
Sinn gekommen, etwa am Roulettetisch kurz bevor
wir alles auf eine Farbe setzten, beim Sprung vom
Zehnmeterturm oder bei einem gut gemeinten Ratschlag
an einen alleinstehenden Freund auf Brautschau. Die
Redewendung stammt ursprünglich aus einem Märchen. In
den »Legenden von Rübezahl« heißt es: »Wer nicht wagt, der
nicht gewinnt... und wer bei der Schüssel sitzt und nicht zulangt,
der mag darben.« Soll heißen, man sollte die Chancen
ergreifen, die sich einem bieten. Bei allem Wagemut aber
gilt es auch, das Risiko richtig abzuschätzen. Nicht umsonst
heißt es in einem anderen bekannten Sprichwort »Übermut
tut selten gut.«
Ob man nun risikoaffin ist oder lieber auf Nummer sicher
geht, ist vermutlich eine Charakterfrage. In Deutschland
scheint es besonders viele sicherheitsbedürftige
Charaktere zu geben. So hat eine
Befragung des Bundesverbands deutscher
Banken ergeben, dass wir ein widersprüchliches
Verhältnis zur Risikobereitschaft
haben. Während 57 Prozent der Befragten
meinten »man müsse auch mal etwas
riskieren«, landete die Risikobereitschaft
unter 22 Schlagworten zu wichtigen Dingen
im Leben, auf dem letzten Platz. Weit vorn
finden sich »finanzielle Absicherung« (76 %) oder »sicherer
Arbeitsplatz« (68 %). Der Studie des Verbands zufolge ist die
Risikoaversion der Deutschen in den vergangenen zwei Jahrzehnten
sogar deutlich angestiegen. Noch 1993 zeigten nur
43 Prozent eine spontane negative Reaktion auf das Wort
»Risiko«, 2015 waren es schon 60 Prozent.
Eine Studie der Uni Zürich erklärt, warum die Risikoaversion
in Deutschland besonders ausgeprägt ist. Knapp 7.000
Studenten in 50 Ländern wurden zu ihrer Risikobereitschaft
befragt. Sie sollten z.B. angeben, wie viel Geld sie bei der
Lotterie einsetzen und wie viel Verluste sie in Kauf nehmen
würden. Die Teilnehmer aus reicheren Ländern zeigten sich
weniger mutig. In Deutschland war man besonders vorsichtig.
Vermutlich sind wir einfach zu reich, um mutig zu sein.
Reich und risikoscheu. Was liegt da näher, als sein Geld
für Versicherungen auszugeben? Knapp 60 Milliarden Euro
investieren die Deutschen jährlich für ihren Versicherungsschutz.
Manche Policen sind unabdingbar, etwa die Private
Haftpflichtversicherung, andere sogar gesetzlich vorgeschrieben,
wie die Krankenversicherung, wieder andere
sind absolut unnötig. Trotzdem gönnen sich viele Deutsche
den Luxus kurioser Spezialversicherungen und sichern sich
beispielsweise gegen hohe Heizkosten in besonders strengen
Wintern oder gegen geplatzte Hochzeiten ab. Die »Hochzeitsrücktrittskostenversicherung
« springt übrigens nicht ein,
wenn die Braut es sich anders überlegt. Wenigstens in der
Liebe bleibt also noch ein gewisses Restrisiko. Und nicht nur
da, auch Landwirtschaft und Weinbau sind keine ganz risikoarmen
Lebensbereiche. Extreme Wetterereignisse wie Dürre,
Sturm oder Hagel treten – bedingt durch den Klimawandel
– immer häufiger auf und verursachen
teilweise erhebliche Ertrags- und Qualitätsverluste.
Die kann man hinnehmen und
auf bessere Zeiten hoffen oder man kann
sich mit dem Thema Risikomanagement
befassen. Dazu zählt im Weinbau auch,
dass man sich Gedanken über Ernteversicherungen
macht. Deshalb
haben auch wir uns mit
diesem Thema beschäftigt.
Ab Seite 32 erfahren sie u.a. warum
Sie sich als Winzer sogar gegen die Afrikanische
Schweinepest versichern können.
Alles Blödsinn, denken Sie? Da wäre
ich mir nicht so sicher...F