Interview: Beer Talk mit Jeff Maisel

"Ich empfehle mindestens fünf Zapfhähne"

Brauereiinhaber Jeff Maisel über das passende Angebot, Schankpflege und die Wichtigkeit von Bierkarten.  

Was macht ein modernes, erfolgreiches Bierkonzept heute aus? Was erwarten die Gäste?

Erfolgskonzepte sind weder die Gastronomien mit möglichst vielen Bieren oder mit besonders ausgefallenen. Erfolgreich sind die Gastronomen, die verstanden haben, was die Gäste sich wünschen. Sie kommen in ihr Restaurant oder die Bar, weil sie eine gewisse Expertise in Sachen Bier erwarten. Der Gastronom muss nicht gleich 100 Biere anbieten. Schon zehn reichen aus, um eine tolle Auswahl zu bieten. Wenn diese dann noch sauber und ansprechend beschrieben sind, ist es für den Gast ein Zeichen, dass dem Wirt die Gastlichkeit und das Bierangebot ernst sind. Wir empfehlen den Gastronomen neben einer Wein- und Kaffeekarte auch eine Bierkarte mit Beschreibungen anzubieten.

20, 30, 40… - die Anzahl der Zapfhähne scheint teils kein Limit zu haben. Wie viel Auswahl ist handelbar, ab wann wird es problematisch?

Mit einer guten Zapfanlage und einem durchdachten Schanksystem lassen sich heute auch durchaus 100 Zapfhähne mit hoher Qualität darstellen. Es kommt aber immer auf das Gastronomieobjekt an und welchen Schwerpunkt der Gastronom setzt. Die eingefleischte Craftbier-Kneipe lebt von Sortiment und hier darf es möglichst vielfältig und außergewöhnlich sein. In einem ganz normalen Restaurant oder Café genügt es normalerweise schon, fünf bis zehn verschiedene Biere vom Fass anzubieten, die dann aber in der Getränkekarte beschrieben sein sollten. Fassbier ist aus unserer Sicht immer das Zeichen einer guten Gastronomie und für ein frisch gezapftes Bier kommen die Gäste sehr gerne, denn das bekommen sie Zuhause nicht. Deshalb empfehle ich jedem Gastronomen, der neu an den Start geht, mindestens fünf Zapfhähne einzuplanen.

Die Bierqualität hängt maßgeblich von der Schankpflege im Objekt ab. Wer steht hier mehr in der Verantwortung – die Brauerei, die für bestmögliche Qualität ihres Produkts sorgen muss, oder der Gastronom?

Die Brauerei sollte den Gastronomen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wir haben durch unser eigenes Restaurant Liebesbier Erfahrung mit dem Handling einer großen Bierauswahl von 120 verschiedenen Bieren und einer Schankanlage mit 21 Hähnen. Diese Expertise kann sich der Gastronom zu Nutze machen und sich auch für Anlagen mit weniger Zapfhähnen beraten lassen. Wir geben dem Wirt einen Leitladen an die Hand, in dem er Infos zu Konzeption und Einbau der Schankanlage findet, zur Lagerung, zum richtigen Zapfen, zur Einstellung des Schankdrucks und natürlich zur Hygiene. Vom Gesetzgeber ist eine wöchentliche chemisch-mechanische Reinigung nach DIN 6650 vorgeschrieben, darüber hinaus liegen die tägliche Reinigung der Zapfhähne und die Personalhygiene natürlich in den Händen des Gastronomen. 

Wie sieht es mit dem Personal aus, wie fachkundig muss der Service sein?

Das kann pauschal nur schwer beantwortet werden, da es immer von der Art der Gastronomie abhängt. Prinzipiell glaube ich, dass eine gut geschriebene Bierkarte mit einer sauberen Erklärung schon viel hilft. Wenn dann der Service noch weiß, welche Biere es gibt, sollte das ausreichend sein. So kann Bierkenner ein Bier auswählen und die wenigsten werden einen sattelfesten Biersommelier als Bedienung erwarten. Je intensiver der Gastronom das Thema Biervielfalt spielt, umso mehr sollte er auch das Personal schulen.

Schlagworte

fizzz 04/2024

Themen der Ausgabe

Juliane Winkler, Berlin

Juliane Winkler, die Restaurantleiterin des „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin liebt ihren Beruf. Und setzt sich mit
#proudtokellner dafür ein, dass er mehr Wertschätzung erhält.

Aperitivo-Konzepte

Die Aperitif-Kultur ist auf dem Vormarsch – wir zeigen brandaktuelle Gastro-Beispiele.

Le Big TamTam

Der neue Hamburger Food-Markt setzt Maßstäbe − auch bei der Zusammenarbeit der Betreiber.