Warum Kalifornien?? Das werde ich heute eigentlich nur noch von den Kunden gefragt, die noch keinen oder nur wenige Weine aus dem Golden State getrunken haben.
Weine aus Kalifornien sind fett, plump und überholzt. Stimmt – auch diese Phase gab es. Aber für die Weine, um die es uns geht, ist dies schon lange Vergangenheit. Weine aus Frankreich, allen voran die Rotweine aus Bordeaux, sind auch heute noch der Inbegriff für Finesse, Struktur und Komplexität. Bei den Weißweinen stehen vor allem der deutsche Wein und die weißen Burgunder für feine Nuancen und Eleganz. Und es ist deshalb sicher kein Zufall, dass es vor allem Winzer, Châteaubesitzer und Önologen aus Bordeaux und Deutschland sind, die sich seit Jahrzehnten in Kalifornien engagieren und die besten Weine erzeugen. Namen wie Schug, Krug oder Moueix, Rothschild, Derenoncourt, Stephane Asseo oder Pierre Salin,….
Die ersten vinologischen Schritte unternahmen spanische Missionare auf dem trockenen Weg von Mexiko nach Mendocino. 21 Missionsstationen wurden errichtet und überall musste für Messwein gesorgt werden. Es folgte eine turbulente Geschichte für Kalifornien und den kalifornischen Weinbau. Goldrausch, Prohibition, Weltwirtschaftskrise, Weltkriege,.. Auch dem Weinbau blieb nichts erspart. Aber der amerikanische Geist gibt nicht auf. Nach jedem Hurricane scheint die Sonne wieder und man beginnt, zerstörte Häuser wieder aufzurichten und möglichst bald wieder zum normalen Leben überzugehen. So auch beim kalifornischen Weinbau.
Noch in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden einfache und einfachste Weine erzeugt. Nur wenige Winzer konzentrierten sich auf die Erzeugung von wirklichen Qualitätsweinen. Als aber der kalifornische Weinbau durch „the judgement of Paris“ 1976 über Nacht zu internationaler Anerkennung kam, stand fortan die Qualität im Vordergrund. Kalifornische Chardonnay und Cabernet belegten die ersten Plätze vor Mouton, Haut-Brion, Ramonet oder Leflaive.
Aus heutiger Sicht sehe ich den „“Wettkampf“ zwischen Kalifornien auf der einen und den besten französischen Weinen auf der anderen Seite als Initialzündung, das große Potential zu wecken, welches in der kalifornischen Weinregion schlummerte. Mehr nicht. Ständig Vergleiche zu ziehen, wird den Weinen nicht gerecht. Klingt Bach besser als Mozart? Malte Van Gogh besser als Cézanne? Keine Konkurrenz. Genuss in unterschiedlicher Art auf höchstem Niveau.
Französische Rebsorten wie Cabernet oder Merlot, Pinot Noir und Chardonnay trafen auf optimales Terroir gepaart mit amerikanischem Pioniergeist.
Bordeaux war Lehrer. Seit mehr als 200 Jahren blicken die Winzer weltweit auf diese Region, und die Weine sind Nimbus und Ziel. Auch im Westen der USA orientierte sich alles an diesen großen Weinen. Kalifornien war Schüler. Aber dieses Weinbauland hat sich entwickelt, ist erwachsen geworden. Die USA sind ein verhältnismäßig junges Land und heute Großmacht. Kalifornien ist eine verhältnismäßig junge Weinbauregion, aber zählt heute zur absoluten Weltspitze. Nur selten lernt der Lehrer aber auch vom Schüler. In diesem Fall ist es so. Bordeaux bewegt sich heute auf Kalifornien zu. Warme Frucht, reife Tannine, frühere Trinkreife, ohne an Lagerfähigkeit einzubüßen. Dies war lange Jahre ein Attribut der kalifornischen Weine. Nun zieht Bordeaux nach. Gibt es eine größere Anerkennung für die Qualität der kalifornischen Weine und das Engagement der Winzer???
Die Weine beider Provenienzen kitzeln offensichtlich dieselben Stellen am Gaumen. Denn unsere besten Bordeauxkunden sind auch unsere besten Kunden für kalifornische Weine und umgekehrt. Wenn Sie also ohnehin schon Kalifornienliebhaber sind, so sollten Sie sich doch einmal einen Bordeaux einschenken, und als Bordeauxliebhaber sollten Sie sich die großartige Qualität der heutigen Kalifornier nicht entgehen lassen.
