Der Hopfen hat 2018 stark gelitten. (Foto: Bayerischer Brauerbund)
Der Hopfen hat 2018 stark gelitten. (Foto: Bayerischer Brauerbund)

"Der Wettbewerb wird schärfer"

Auf der Jahrespressekonferenz des Bayerischen Brauerbundes in München präsentierte zunächst Dr. Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Zahlen und Fakten rund um den gesamtdeutschen Biermarkt. Mit 1.539 Braustätten gibt es aktuell 39 Brauereien mehr als noch im Jahr 2017. Bayern beheimatet dabei rund 42 Prozent aller Brauereien hierzulande, 654 an der Zahl.

Aber: Der Braustätten-Zuwachs in ganz Deutschland erfolgte allergrößtenteils bei Klein- und Kleinstbrauereien – 55,4 Prozent aller Braustätten in Deutschland produzieren 2018 lediglich bis zu 1.000 hl im Jahr. Noch krasser klingt diese Zahle: 72,1 Prozent aller deutschen Brauereien (sage und schreibe 1.110 von 1.539 Braustätten) produzierten im Jahr 2018 nur bis zu 5.000 hl Bier pro Jahr und damit nur rund 0,91 Prozent des deutschen Bieres insgesamt. Nur 66 deutsche Brauereien produzieren hingegen rund 83 Prozent des gesamten deutschen Bier-Ausstoßes.

Drei Gründe für sinkenden Bierabsatz

Dann nahm Brauerbund-Präsident Georg Schneider Stellung zu Themen, die den deutschen Biermarkt umtreiben. Er rechnet mittelfristig – trotz der „Verschnaufpause 2018“ – mit einem weiterhin sinkenden Bierabsatz in Deutschland. Drei Gründe nannte Schneider: die demografische Situation, die sich ändernden Lebensformen (Gesundheitsbewusstsein etc) und die stetig zunehmende Mobilität der Menschen, die den Genuss von Alkohol oft verbiete.

Dennoch habe das bayerische Bier zugelegt. Warum? Schneider macht dafür die positive Entwicklung des alkoholfreien Bieres – getrieben übrigens durch das alkoholfreie Weißbier – und den Export bayerische Biere in die ganze Welt verantwortlich. Hier steht China als Drittland an der Spitze. Der Bayerische Brauerbund sieht dort große Bevölkerungsgruppen mit hohem Einkommen, die gesteigerten „Wert auf echte Spezialitäten“ legen.

In der Biersteuer-Angelegenheit sieht Schneider ein skandalöses Urteil, die GETRÄNKE ZEITUNG berichtete. Das Bundesverfassungsgericht hat bekannt gegeben, dass die im Jahr 2004 eingeführte Erhöhung der Biersteuer für kleine und mittelständische Unternehmen verfassungswidrig ist. Dennoch: Die Brauereien bekommen kein Geld zurück. „Ich bin sehr enttäuscht vom deutschen Rechtsstaat!“, so Schneider wörtlich.

„8 Cent Pfand sind nicht kostendeckend“

Dann analysierte Schneider die Herausforderungen, denen sich der deutsche Biermarkt künftig stellen muss. In der fortschreitenden Internationalisierung sei sich die Welt „uneins wie nie“. Und das, obwohl besonders die mittelständisch geprägte Brauwirtschaft von einer gewissen Einigkeit in Politik und Wirtschaft abhängig sei. Das Leergut-Problem in der gesamten Branche macht der Präsident als zweite große Herausforderung aus. „Das Mehrwegsystem in der jetzigen Form ist stark gefährdet, deswegen müssen wir aktiv werden und handeln“, sagte Schneider. 8 Cent Pfand pro Flasche seien nicht kostendeckend, ebenso verhalte es sich mit dem Kastenpfand. Drittens: Durch den Fachkräftemangel entstünden „unschöne Engpässe“ – was passiert, wenn der diesjährige Sommer ähnlich ausfällt wie der im Jahr 2018, will sich Georg Schneider gar nicht ausmalen.

Und als letzte große Herausforderung sieht er den Klimawandel. Ein heißer Sommer sei zwar gut für den Durst, aber schlecht für den Hopfen. „Viele unserer Vertragspartner sind 2018 an ihre Grenzen gestoßen“, skizzierte Schneider die damalige Situation. Beim Hopfen seien viele Lager leer. Damals habe man „alles infrage gestellt“, als es um die Frage der Versorgungssicherheit ging. Hier allerdings sieht der Brauerbund-Präsident einen Lichtblick in einer neuen, widerstandsfähigeren Hopfensorte, die derzeit getestet werde, die aber noch Zeit brauche.

Die selbstbewusste Entwicklung des alkoholfreien Bieres 

Schneider empfahl, nicht immer die Menge als das Maß aller Dinge zu sehen. „Ich weiß, dass das sehr ambitioniert ist. Aber wir müssen weg vom Mengen-Denken – hin zu einem Wertschöpfungs-Denken“, forderte er. Und vor der Wertschöpfung komme immer die Wertschätzung. Der Bayerische Brauerbund unter Präsident Georg Schneider rechnet künftig mit weniger Bierabsatz, fordert dafür aber einen Werte-Zuwachs. Vorgemacht hat das das alkoholfreie Bier, laut Schneider längst keine Alternative mehr zum echten Bier. Es habe sich „selbstbewusst“ zu einem erstzunehmenden Marktsegment entwickelt, raus aus seinem Nischen-Dasein. „Das alkoholfreie Bier hat sich emanzipiert“, klingt das bei Schneider.

Abschließend dankte Georg Schneider „allen Menschen da draußen, die zum Erfolg des Bieres beigetragen haben“. Und warnte eindringlich davor, sich zurückzulehnen: „Die Brauwirtschaft muss in der Offensive bleiben, das alles ist kein Selbstläufer!“ Der Wettbewerb werde schärfer, was aber auch eine Chance für jede Brauerei sei, besser zu werden.

Übrigens: In einer Fußball-WM sieht Georg Schneider keinen großen Treiber mehr für Bierabsatz – gefühlt gebe es doch „jedes halbe Jahr ein fußballerisches Großereignis“.

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.