Die Radeberger Gruppe blickt auf ein gutes Jahr 2018 zurück, warnt aber vor allzu viel Euphorie. (Foto: Radeberger)
Die Radeberger Gruppe blickt auf ein gutes Jahr 2018 zurück, warnt aber vor allzu viel Euphorie. (Foto: Radeberger)

Umtriebiges Jahr 2018 für die Radeberger Gruppe

Die Radeberger Gruppe, Deutschlands größte private Brauereigruppe, freut sich, dass sie im Jahr 2018 nicht nur in Absatz wie auch Umsatz ordentlich gewachsen ist, sondern mit Akquisitionen, strategischen Schulterschlüssen und strukturellen Anpassungen wesentliche Weichen für ihre wichtigsten Geschäftsinteressen gestellt und sich zum Lösungsanbieter weiterentwickelt hat.

Was vom Sommer übrigblieb

Trotz Supersommer ist nach Einschätzung der Radeberger Gruppe nicht alles Gold, was glänzt: „Es stimmt, wettermäßig hätte es für uns Brauer nicht besser laufen können: Das waren ideale Voraussetzungen“, erläutert der Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe, Dr. Niels Lorenz. Doch er schränkt auch ein: „Nach den Superlativen, mit denen sich die Branche geradezu überschlug, ist am Jahresende trotzdem nur ein überaus zartes Wachstum im Inlands- wie im Gesamtbiermarkt geblieben. Die Jubelmeldungen erweisen sich damit als viel Lärm um (fast) nichts …“ Und es kommt noch dramatischer: „Vergleicht man die abgesetzten Mengen 2018 nicht mit dem ausgesprochen schwachen Vorjahr, sondern den Absätzen 2016, haben die deutschen Brauer sogar maßgeblich Absatz verloren.“

Ein Ausnahmejahr, aber …

Für den Unternehmenschef ist dies ein klares Zeichen: Das Jahr 2018 war zwar in vielerlei Hinsicht ein Ausnahmejahr, an den grundsätzlichen Herausforderungen der Branche hat es jedoch nichts geändert. „Wenn es der deutschen Brauwirtschaft nicht gelingt, unter Idealbedingungen eine bessere Marktperformance abzuliefern, lässt das nichts Gutes für die kommenden Jahre ahnen.“ Denn in diesem Markt herrschten weiterhin nicht nur bekannte Themen wie massiver Kosten- und Investitionsdruck, Überkapazitäten, mangelnde Wertschöpfung oder überhöhte Aktionsanteile. Die Digitalisierung verschärfe die Situation weiter. Dr. Lorenz: „Die Brauer werden im Moment von zwei Seiten in die Zange genommen. Die strukturellen Marktthemen sind noch nicht gelöst, da drängen schon ganz andere Themen aufs Tapet: Neue Marktakteure und Spielregeln, veränderte Kundenerwartungen, andere Formen des Wettbewerbs.“ Deswegen sei umfassendes Umdenken und Veränderungsbereitschaft notwendig: „Wir alle müssen für den zukünftigen Markterfolg unsere Aufstellungen überprüfen, Tradiertes bewusst in Frage stellen, vermeintliche Komfortzonen verlassen und alles in allem wandlungsfähiger, mutiger werden.“

Radeberger Gruppe: Hausaufgaben gemacht

Wie das aussehen kann, konnte die Radeberger Gruppe im vergangenen Jahr unter Beweis stellen, indem sie Weichen für den Erfolg der Unternehmensgruppe gestellt hat: „Wir waren in gleich zwei Richtungen erfolgreich“, führt Dr. Lorenz aus. „Wir konnten auch durch unsere gute Marken- und Vertriebsarbeit ordentlich wachsen.“ Die Radeberger Gruppe legte im Absatz um rund zwei Prozent zu. Noch besser sieht der Blick auf den Umsatz aus: Er wuchs sowohl organisch als auch akquisitionsbedingt um insgesamt rund zwölf Prozent auf ca. 2,2 Milliarden Euro. Doch aus Sicht des Unternehmenssprechers stellt das für einen überzeugten Markenartikler nur die Pflicht dar: „Wir haben den Rückenwind dieser Entwicklung genutzt, auch an der Kür zu arbeiten: Dem Aufbau weiterer strategischer Standbeine zur Absicherung unserer wesentlichen Geschäftsinteressen. Im Biermarkt, aber auch darüber hinaus“, so Dr. Lorenz.

Diversifizierungsinitiative geht weiter

So habe die Unternehmensgruppe nach den bereits im Jahr 2017 begonnenen Diversifizierungsinitiativen nun für alle strategischen Unternehmensbereiche zukunftsfähige Lösungen entwickelt. Aufstellungen, Schulterschlüsse, Unternehmensgründungen, die einem Ziel dienten: Die Radeberger Gruppe vorausschauend für die Zukunft zu rüsten, in der es nicht mehr reichen werde, nur noch Markenartikler zu sein oder Bier zu verkaufen. „Sondern in dem ganzheitlich gedachte, kundenorientierte 360-Grad-Lösungen der Schlüssel zum Erfolg sein werden“, heißt es.

Lösungsmodelle für strategischen Vertriebskanäle

Zum Beispiel im wichtigen Endverbrauchergeschäft, in dem die Radeberger Gruppe seit Jahrzehnten mit den Getränkefachmärkten von Getränke Hoffmann aktiv ist. So konnte die Unternehmenstochter nicht nur durch den Zukauf der Dursty Getränkemärkte die Marktführerschaft in diesem Absatzkanal ausbauen, sondern auch mit dem Start-up Durstexpress entscheidende Etappen zurücklegen: „In nur einem Jahr haben wir den Durstexpress zu einem leistungsfähigen Getränkelieferdienst aufgebaut, der Verbraucherbedürfnisse stillt und von den Endverbrauchern begeistert angenommen wurde“, sagt Dr. Lorenz. Ausgehend von Berlin stünden die Zeichen nun auf Expansion. „Wir werden kraftvoll investieren. In Leipzig sind wir mit dem Durstexpress bereits gestartet, weitere Standorte in anderen Städten stehen kurz vor dem Stapellauf“, betont der Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe.

Auch im Gastronomiegeschäft habe die Unternehmensgruppe über das Joint Venture ihres Mutterhauses, der Oetker-Gruppe, und der Transgourmet Deutschland, dem Belieferungs- und Abholspezialisten für den gastronomischen Bedarf, punkten können: „Wir bündeln unsere Kräfte mit einem der größten Player im Gastronomiemarkt und können an dem Ausbau und der systemischen Weiterentwicklung der Gastronomie- und Getränkefachgroßhandels-Plattform Team Beverage zu der Plattform im deutschen Außer-Haus-Markt mitwirken. Gleichzeitig haben wir eine zukunftsweisende Lösung für unsere Getränkefachgroßhändler gefunden, die wir ebenfalls an diese Plattform anschließen“, erläutert Dr. Lorenz.

Hinzu komme der Bereich der Getränkelogistik: Mit der Mehrheitsbeteiligung an dem leistungsfähigsten Leergutmanager in Deutschland, der H. Leiter GmbH, und dem Joint Venture Deutsche Getränke Logistik mit der Brauerei C & A Veltins, das die Streckenlogistiker Getränke Essmann (Radeberger Gruppe) und WGH / WGL (Brauerei C & A Veltins) unter einem Dach zusammenführt, konnte der deutsche Biermarktführer weitere wichtige Schaltstellen besetzen. Dr. Lorenz unterstreicht: „Der Clou: Wir bringen auch unsere Mehrheitsbeteiligung an der H. Leiter GmbH in die Deutsche Getränke Logistik ein, damit das Joint Venture ganzheitliche Lösungen vom Voll- bis zum Leergut anbieten kann. Natürlich zum Wohle der Kunden, aber auch zur Sicherung des Fortbestandes des Mehrwegsystems in Deutschland.“

"HausaufgabenDr. Niels Lorenz erledigt"

Das Jahr 2018 sei alles in allem eines der „umtriebigsten in der Unternehmensgeschichte“ der Unternehmensgruppe: „Wir haben in den letzten Monaten unzählige Meilensteine passiert, marktprägende Fußabdrücke hinterlassen, zugleich im Bestandsgeschäft weitere Hausaufgaben erledigt und ganz nebenbei auch noch eine ordentliche Performance gezeigt“, fasst Dr. Lorenz zusammen. Aber er macht klar: „Wir können nur wiederholen: Vertrocknete Lorbeeren sind kein gutes Ruhekissen. Deswegen werden wir weiterhin an Zukunftsthemen entlang der Wertschöpfungskette arbeiten. Mit hoher Schlagzahl und größter Begeisterung.“

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.