Wird es für manchen Gastronomen schon schwierig, beim Bezug europäischer Weine den Überblick zu behalten, so muss man sich bei Weinen aus Übersee schon ein wenig in die Materie eingraben, wenn die interessantesten Weine gefunden werden sollen.
Im Gegensatz zu Ländern wie Großbritannien machen Überseeweine bei uns oft nur einen kleinen Teil der Weinkarte aus – obwohl es hochinteressante Spezialitäten, gibt, die dem Gast ganz neue Geschmackseindrücke bieten können. Generell dürften deutsche Gastronomen kein Problem damit haben, eine gute Auswahl an Überseeweinen zusammenzustellen. Es ist fast alles zu finden: Das Angebot ist enorm, wenn auch manchmal ein wenig versteckt bei kleineren Spezialimporteuren. Wie bei vielen Herkünften, so agieren am deutschen Markt auch für Überseeweine große, national arbeitende Vollsortimenter sowie Spezialisten für die Kategorie Neue Welt. Allerdings gibt es auch eine Reihe Spezialisten, die sich mit einem breiten und detaillierten Angebot auf eines oder wenige Neue-Welt-Länder konzentrieren.
Nationale Vollsortimenter
Manche Vorteile der nationalen Vollsortimenter liegen auf der Hand: Man kann eine ganze internationale Weinkarte aus einer Bezugsquelle bestücken. In der Regel sind die Erzeuger große, angesehene Unternehmen. Hinzu kommt, dass meist das gesamte Sortiment des betreffenden Erzeugers geführt wird, während viele kleine Importeure oft nur eine Auswahl – in Deutschland leider häufig ein oder zwei Eingangsstufen und nicht die besten Weine – ins Programm nehmen. Nachteil der nationalenImporteure ist ihre breite Distribution und häufig auch die Belieferung der Großfläche.
Einer der Branchenriesen, Mack & Schühle, hat sich mit Concha y Toro, Nederburg, Gallo, Trapiche, Aurora und Wolf Blass seinesgleichen in den jeweiligen Ländern ausgesucht: mit die größten Erzeuger des jeweiligen Landes und in der Regel mit Marken, die im Lebensmittelhandel vertreten werden. Folgerichtig ist die Tochtergesellschaft Weinwelt eher auf Fachhandel und Gastronomie ausgerichtet. Cono Sur (Chile), Salentein (Argentinien), gleich sieben kalifornische Weingüter und sogar acht aus Südafrika setzen deutliche Schwerpunkte, während man aus Australien die höherwertigen Blass-Weine anbietet.
Bei Wein Wolf gibt es trotz großer und in ihren Ländern wichtiger Übersee-Erzeuger eine deutlichere Orientierung auf die Gastronomie. Neben großen Namen wie Torres (Chile), Montes, Lurton, Kaiken, Robert Mondavi, Fetzer, Hardy’s, Penfolds und Villa Maria befinden sich auch einige kleinere Erzeuger im Übersee-Portfolio, etwa die ausgezeichneten argentinischen Weine von Puro oder Stags’ Leap aus Kalifornien. Konkurrent Schlumberger muss sich angesichts dieser Namen erheblich strecken, hat aber mit Beringer, Caliterra, Errazuriz, Rosemount, Babich und gleich neun Südafrika-Erzeugern, darunter der Klassiker Meerlust, einen guten Gegenpart. Die Schwesterfirma von Schlumberger, Segnitz, hat mit Seña und Henschke Stars aus Chile und Australien im Programm und mit Yalumba einen wichtigen Player der australischen Szene. Südafrika ist gleich dreifach besetzt, unter anderem mit den angesehenen Mont du Toit-Weinen.
In Bremen haben Eggers Sohn und Reidemeister & Ulrichs eine starke Bindung zu Südafrika. Die beiden Schwesterfirmen können insgesamt mit über einem Dutzend Erzeugern aufwarten, darunter Glen Carlou und Rust en Vrede. Doch auch die anderen Überseeländer sind prominent besetzt: Peter Lehmann, Hess Collection, Casa Lapostolle, Paul Hobbs, Cobos oder Flichman sind weitere klingende Namen im Bremer Portfolio.
In Trier hat die Firmengruppe Bernard Massard/Vinco ihren Sitz. Aus Chile führt sie die international exzellent bewerteten Topweine von Concha y Toro. Simon Hacket, Kingston (Australien), Bon Cap, Zevenwacht (Südafrika), Trivento (Argentinien) und Wente (USA) sind weitere Neue Welt-Kellereien, die von hier aus an die Gastronomie geliefert werden. Auch der Hamburger Importeur Max Piehl gehört zu den national agierenden Lieferanten, unter anderem mit Übersee-Erzeugern wie Goyenechea, Brown Brothers, Carmen und Backsberg. Weniger auf Übersee fokussiert ist der Hamburger Gastronomiespezialist CWD, der allerdings mit Catena ein südamerikanisches Schwergewicht anzubieten hat. Ebenfalls von Hamburg aus agierend besitzt Rindchen Stärken, vor allem in Argentinien mit Atamisque, Schroeder und Las Moras sowie in Südafrika unter anderem mit Spier, UniWines und Muratie.
Ebenfalls als nationaler Vollsortimenter agiert ein mit den anderen kaum zu vergleichender, ungewöhnlicher Importeur: Der dicke Katalog von Lobenberg bietet auch aus der Neuen Welt Weine, die verlässlich zu den hochwertigsten und angesehensten ihres Landes gehören – eine sichere Bank für Top-Weinkarten mit Stars wie Fournier (Argentinien/Chile), Achaval-Ferrer (Argentinien), Ridge, Shafer, Hatton, Dominus, Pahlmeyer, Togni (USA), Sadie Family (Südafrika) oder Craggy Range (Neuseeland).
Genauso ungewöhnlich ist das Konzept des Online-Versenders Vinexus, der sich auf ein weltweit ungewöhnlich breites Angebot spezialisiert hat und aus Übersee über 1 000 Weine aller Preisklassen auf seiner Website (
www.vinexus.eu, von dort aus zu spezialisierten websites) führt. Natürlich bezieht Vinexus einen großen Teil der Weine über deren Importeure.
Übersee- Spezialisten
Einige Importeure haben sich ganz oder weitgehend auf Weine aus Übersee spezialisiert und verfügen deshalb oft vor Ort über fachspezifisch besser geschultes Verkaufspersonal. Einer der traditionsreichen Importeure in dieser Gruppe ist Heinz Eggert (HEB), der schon seit Mitte der 70er Jahre Weine aus aller Welt auf den deutschen Markt bringt. Viu Manent aus Chile, Fin del Mundo und Sophenia aus Argentinien sind angesehene Erzeuger ihrer Länder. Aus Australien/Neuseeland führt HEB sechs Erzeuger, darunter Oxford Landing und Jim Barry mit dem berühmten „The Armagh“. Und hier begegnen wir auch den weniger bekannten Weinländern Uruguay, Brasilien und Kanada.
1992 gründete Heinz Wattler sein Chile Wein Contor, das immer noch so heißt und in Chile auch einen eindeutigen Schwerpunkt besitzt (besonders interessant: El Principal, Villard als Topweine und San Pedro-Tarapaca als einer der größten Erzeuger Südamerikas). Hinzugekommen sind inzwischen aber weitere Lieferländer wie Argentinien mit den sehr guten La Rural-Weinen, Australien und Kalifornien. Pacific Wine in Langen ist ein echter Übersee-Spezialist und auch als solcher gegründet. Im Portfolio befinden sich etwa 70 Kellereien aus Chile, Argentinien, Brasilien, Südafrika, Kanada, USA, Australien und Neuseeland, darunter preiswerte Einstiegsweine ebenso wie Hochwertiges, etwa von Clarendon Hills, Torbeck, Stonestreet, Inglenook, Verité oder Graham Beck. Vor allem in Kalifornien und Australien geht das Angebot sehr in die Tiefe.
Die Firma H. M. Witt, Bremen führt zwar im Gegensatz zu Pacific Wine auch einige europäische Weine, ist jedoch vor allem bei Überseeweinen sehr gut sortiert. Zehn Weingüter aus Südafrika bilden das größte Teilsortiment. Mit Mendel wurde kürzlich ein argentinischer und mit Domus Aurea ein chilenischer Top-Erzeuger neu aufgenommen. Ein Edelstein ist auch das kleine biodynamische Weingut Antiyal aus Chile. Dagegen hat sich der Berliner Importeur Wine & Food Concept ganz auf Übersee und auf nicht mehr als zwei Weingüter pro Land konzentriert. Während man auf die USA verzichtet, ist aus Uruguay mit Juanicó einer der besten Erzeuger mit im Boot. Weingarten Eden (Bad Griesbach) andererseits führt neben Kalifornien, Argentinien, Chile, Australien und Südafrika noch französische Weine. Der deutliche Schwerpunkt liegt jedoch auf Kalifornien mit etwa drei Dutzend Erzeugern, darunter Stars wie Caymus, Duckhorn, Ridge oder Opus One.
Länder-Spezialisten
Die Länder-Spezialisten haben sich meist auf eines oder mehrere Länder spezialisiert. Dabei ist es nicht selten, dass die Biografie der Eigentümer etwas mit diesen Ländern zu tun hat. Vor allem im Bereich Südamerika gibt es einige Importeure, die ganz Südamerika in ihr Sortiment packen.
Die älteste und bekannteste Firma in dieser Gruppe ist sicherlich Höfferle aus Hamburg. Der Deutschargentinier hat mit den Weinen des Kellereiriesen Trapiche angefangen, vertreibt heute vor allem die höherwertigen Marken dieses Hauses, hat aber auch andere Weingüter wie Dominio del Plata im Programm, das schon seit einigen Jahren auf Chile und Mexiko ausgedehnt wurde.
Ebenfalls fast ausschließlich mit südamerikanischen Weinen arbeitet Vinos Selectos, hat aber eine sehr große Angebotstiefe, was die verschiedenen Länder und das Programm innerhalb der Länder angeht. Zu den bekannten Weinbauländern Argentinien (sehr interessant: Alta Vista und Terrazas) und Chile (unter anderem Odfjell) kommen auch hier noch einige Weine aus Mexiko.
Drei weitere Importeure beschränken sich ganz auf Argentinien. DosMalbec ist ein relativ neues Unternehmen der Gastronomieexpertin Julia Avila, die lange in Argentinien gelebt hat. Sechs kleinere, weniger bekannte aber anspruchsvolle Weingüter hat sie im Programm, darunter die Weine von Anne-Carolin Bianchieri (Antucura) und des kleinen Familienweinguts Gimenez Riili. Ebenfalls langjährigen Südamerikabezug haben die Macher von Baires Import, wo sich mit V. Bianchi und Familia Schroeder bekannte Namen im Portfolio finden. Doch auch auf die Weine von E. Foster und Viña Alicia sollte man achten. Beide bewegen sich weitgehend in der Großregion Mendoza. Argentinienweine.de hat daneben auch Weingüter aus Salta (El Porvenir) und San Juán (Casa Montes) im Programm, unter anderem auch einen Dessertwein aus Torrontés, eine höchst seltene Spezialität. Mit Caligiore ist auch eines der wenigen Bioweingüter Argentiniens vertreten. Zwei weitere kleine Importeure haben ein ungewöhnliches Länderprogramm. Winedelight führt nur Weine aus Kanada und Südafrika. Mit sieben kanadischen Erzeugern dürfte hier das breiteste in Deutschland angebotene Sortiment aus diesem Land vorhanden sein.
Ungewöhnlich auch der folgende Importeur: Fair Wein ist ein junges Unternehmen, das sich ausschließlich mit zertifiziert fair gehandelten Weinen aus Argentinien, Chile und Südafrika beschäftigt. Insgesamt acht Weingüter sind unter Vertrag. Stellenrust und Furlotti dürften die bekanntesten darunter sein. Eine gute Adresse für sozial bewusste Gastronomen, die, wenn schon Übersee, dann sozialverträglich erzeugte und gehandelte Weine beziehen möchten.
Auf Weine und Schaumweine aus Brasilien, die sich mit der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr Auftrieb erhoffen, ist Wein Brasilien spezialisiert. Große Erzeuger wie Miolo oder Salton, mittlere wie der sehr gute Schaumweinerzeuger Valduga und kleine Familienbetriebe mit sehr guten Weinen wie Lidio Carraro, Boscato und Pizzato decken die gesamte Produktpalette des Sambalandes ab. Weitere Brasilien-Importeure mit kleinerem Sortiment sind Sucos do Brasil und Bottiglia di vino.
Seit vielen Jahren ist der Kasseler Händler Martin Apell auf Australien, Neuseeland und die USA spezialisiert. Mit 37 Weingütern aus diesen drei Ländern (und einem aus Kanada) ist Apell sicher einer der bestsortierten und erfahrensten Importeure für Neue-Welt-Weine aus englischsprachigen Ländern.
Doch auch wer sich ganz auf Australien beschränken will, wird fündig. So vertreibt der Australien Wine Store in Kelkheim die Weine von rund zwei Dutzend australischen Produzenten verschiedenster Größe und regionaler Herkunft. Ein weiterer Australien-Spezialist mit etwas kleinerem Sortiment ist der Australien Wine Shop in Fellbach.
Für Weine aus den USA hat vor vielen Jahren, als Überseeweine noch als Exoten galten, California Wines Pionierarbeit geleistet. Bis heute zählt die Münchener Firma zu den bestsortierten Kalifornien-Anbietern mit mehreren Dutzend Weingütern, darunter Toperzeuger wie Phelps, Dunn, Grgich Hills, Brewer-Clifton, Dalla Valle oder Staglin. Außer dem bereits genannten Weingarten Eden, der im Grunde „Kalifornien plus ein paar mehr“ führt, gehört auch noch die Bacchus-Vinothek in Rottweil zu den wichtigen Kalifornien-Anbietern mit Toperzeugern wie Blankiet, Melbury oder Vecina.
Länderspezialisten für Neuseeland und Südafrika gibt es wohl aus genau entgegengesetzten Gründen relativ wenige. Neuseeland hat nur einen sehr kleinen Marktanteil und bietet Spezialisten nur wenig Nachfrage, so dass neben Apell nur Wine in Motion (Velden) ein spezialisiertes Angebot hat. Darunter befinden sich allerdings mit Felton Road oder Te Mata renommierte Spitzenerzeuger. Südafrika ist im Gegensatz dazu sehr gut am Markt verankert und wird auch für viele große Importeure so interessant, dass die meisten wichtigen Erzeuger dort unterkommen und für kleine Spezialisten offenbar wenig Raum bleibt. Kloos & Kloos in Oppenheim macht mit einem guten Dutzend Weingüter – darunter Vrede en Lust, Waterford und Morgenhof – eine Ausnahme.
Jürgen Mathäss
Wein Wolf Import GmbH & Co. Vertriebs KG
Schlumberger Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG,
A. Segnitz & Co. GmbH
Max Piehl GmbH & Co. KG
Rindchen’s Weinkontor GmbH & Co. KG
Lobenbergs GUTE WEINE GmbH & Co. KG
Wein-Brasilien GmbH & Co. KG
ZETER - Die Weinagentur GmbH & Co. KG