Ausgabe 21/2021

WEINWIRTSCHAFT Ausgabe 21/2021

Themen der Ausgabe

Weinabteilung des Jahres

WEINWIRTSCHAFT hat die Sieger ausgezeichnet

Sekt

Schaumweine konnten in letzter Zeit an Boden gewinnen.

Top-Trends Spanien

In Bewegung: Wir stellen die wichtigsten Wein-Trends vor

Meiningers Rotweinpreis

Deutschlands Rotweine werden immer besser

Interview mit Andrea Verlicchi

Auch in Italien gilt: Nach der Lese ist vor der Lese

Alles was perlt

Der Sektmarkt befindet sich im Umbruch und zugleich auf dem Vormarsch. Sekt ist, dank des weiter steigenden Erfolgs des Proseccos, trotz steigender Preise derzeit die einzig wirklich wachsende Weinkategorie. Schenkt man den Zahlen internationaler Marktforscher Glauben, summierte sich der weltweite Sektkonsum auf knapp 3 Mrd. 1/1-Flaschen. Bezogen auf die gesamte Weinproduktion von rund 250 Mill. Hektolitern Wein, liegt der Schaumweinanteil, oder besser gesagt der Markt der schäumenden Produkte, bei etwas über 10 Prozent. 

Offenbar eine Quote, die Luft nach oben lässt, da viele Länder in der Welt noch Entwicklungspotenzial haben. Der weibliche Teil der Bevölkerung konsumiert selbstbewusster, und das beflügelt in einer wachsend post-patriarchalischen Welt den Konsum. Für die 3 Mrd. Flaschen Schaumwein ist es im Übrigen Definitionssache, was alles an Kategorien zum Schaumwein gezählt wird. 

Die Ursache liegt lange zurück und ist Teil der Geschichte der Sektbranche. Über Jahrzehnte mauerten sich die Sektkellereien in einem immer enger gefassten Rechtsrahmen ein. Mal galt es zoll- und steuerbegünstigte ausländische Konkurrenten und ihre Sekte abzuwehren, mal die lästige Konkurrenz der Halbsprudler oder die Fruchtschaumweinindustrie auf Abstand zu halten. 

Juristischen Krieg führte die Sektbranche, solange familiengeführte Ein-Produkt-Unternehmen mit Markensekten das Feld beherrschten, gegen landwirtschaftliche Winzer, die sich erdreisteten, selbst Sekt zu produzieren. Da Sekt als gewerbliches Produkt galt, hatten die Winzer das Nachsehen bis zur Änderung der Rechtsprechung. Genauso vehement ging man gegen Produzenten vor, die »naturrein« aufs Etikett schrieben, wenn sie Traubensaft statt Zucker zur Süßung benutzten.

Mittels Schaumweinsteuer und weinrechtlicher Vorschriften wurde Sekt immer enger gefasst und gegen Konkurrenten abgesichert, aber auch seiner Innovationsmöglichkeiten beraubt. Die holte sich die Branche zurück, indem heute unter einem Dach die früher verfeindeten Produktkategorien produziert werden: Schaumwein, Sekt alias Qualitätsschaumwein, Perlwein, perlende, weinhaltige Getränke und Cocktails bis hin zu Fruchtsaft und alkoholfreien Getränken. 
Die Entwicklung war zwei Antriebskräften geschuldet: Zum einen der Konzentration im Lebensmittelhandel, der die Sektbranche notgedrungen folgen musste und zum anderen der Veränderung des Verbraucherverhaltens. Die Konsumenten, und je jünger sie sind umso mehr, konsumieren heute selbstbestimmt. 

Dieser Trend hat sich in der Corona-Zeit mangels Familienfesten und Feiertagen noch verstärkt und fällt bei den jüngeren Konsumenten, die sich konventionsloser verhalten, auf fruchtbaren Boden. Vorbei die Zeiten als Sekt nur zu Geburtstagen oder zum Silvesterfeuerwerk getrunken wurde. Wann Party ist, bestimmten die Konsumenten heute selbst. Dazu passt auch, dass die Konsumenten zu besseren Produkten greifen. Premiumisierung ist diesmal nicht nur ein hübsches Etikett, sondern findet tatsächlich statt. Die Umsätze mit Wein und Sekt steigen überproportional und Konsumenten, für die vor Jahren bei 5 Euro Schluss war, greifen auch mal zu Sekten, die für 5,49 oder 5,99 Euro oder mehr in den Läden stehen. 

Wer erfolgreich am Markt bleiben will, wird sich diesem Trend stellen und qualitative Begrifflichkeiten über Rebsorte und Jahrgangssekt hinaus einführen müssen. Es wird spannend, was sich die Marketing-Abteilungen dazu werden einfallen lassen. In jedem Fall dürfte dabei mehr herauskommen, als das Weinrecht mit noch so komplizierten Regelungen schaffen konnte.

Anders als in allen anderen großen Weinerzeugerländern spielen Herkunftssekte in Deutschland kaum eine Rolle. Die originäre deutsche Sektproduktion fristet nach wie vor ein Nischendasein. Dabei hätte Deutschland aufgrund der hohen und spezifischen Eignung seiner Weine für die Sekterzeugung die besten Voraussetzungen. Die darin verborgenen Chancen kann man aber nur nutzen, wenn die Produktion mit attraktiven Marken verbunden wird. Mit wenigen Ausnahmen mangelt es bis dato daran.