Ausgabe 1/2021

Mehr Nachhaltigkeit
WEINWIRTSCHAFT Ausgabe 1/21

Themen der Ausgabe

Die Top 100 Weine des Jahres

Qualität und Marktrelevanz – das sind die Hauptkriterien für die erfolgreichsten Weine des Jahres.

Jahresrückblick

2020 ist das Corona-Jahr. Es ist jedoch viel mehr als Event-Absagen und Umsatzverschiebungen passiert.

Abruzzen

Dank seiner festen Fangemeinde hat sich der Montepulciano gut durch die Krise manövrieren können.

Interview mit Hagen Rüdlin

Der Chef der Markgräfler Winzer über das Corona-Jahr, Online-Handel und den LEH.

Portugal

In der Szene sind Weine aus den weniger bekannten Regionen Portugals beliebt.

Mehr Nachhaltigkeit

Das wünschen sich viele: 2020 abhaken, vergessen, verdrängen. Doch so schlecht war das Jahr nicht, und 2021 werden nicht gleich alle Probleme von der Tagesordnung verschwinden. 

Glücklicherweise darf man Zuversicht haben, da endlich das Impfen breiter Bevölkerungsschichten begonnen hat. Auch politisch keimt Hoffnung, dass nach dem unrühmlichen Abgang von Donald Trump doch einige begreifen, dass Polarisierung und Rechtspopulismus Irrwege sind, die nur ins Verderben führen.

Was bleibt sind enorme Aufgaben, die lediglich für einige Monate aus dem Blickfeld verschwunden sind, wie der Klimawandel, die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit trotz Brexit, die Überwindung von religiösem Fanatismus, Rassismus, von Frauenfeindlichkeit und Unterdrückung von Minderheiten. Der Weg ist das Ziel und man wird schrittweise zu Lösungen der Probleme finden. 

Vergessen werden wir 2020 nicht so schnell, denn es produzierte etliche neue Probleme. Einzelne Wirtschaftsbereiche, als systemrelevant geadelt oder wie die Industrie und das Handwerk von den Beschränkungen von vornherein ausgenommen, profitierten vom gesellschaftlichen Lockdown und konnten zum Teil wie der Lebensmittelhandel oder die Möbel- und Elektronikmärkte genauso wie der Online-Handel deutlich an Umsatz hinzugewinnen. Manches war denkbar ungerecht: Das Blumengeschäft musste schließen, der Baumarkt auf der grünen Wiese verkaufte das gleiche Sortiment munter weiter. Die gutbürgerliche Speisegastronomie, nachweislich kein Treiber der Pandemie, musste schließen, Heimlieferdienste und Fast-Food-Caterer mit bedenklichen Schutzkonzepten durften liefern. Den einen wird die Existenz geraubt, den anderen fliegen die gebratenen Tauben in den Mund.

Die Ungerechtigkeiten, zu denen es vielleicht gar keine Alternativen gab, werden nachhaltig zu strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft führen. Sicher wird sich viel normalisieren, ist der Lockdown erst mal vorbei, aber schon heute dürfte klar sein, dass die Innenstädte und der ansässige Handel auf lange Zeit nicht mehr die Bedeutung vergangener Jahre haben werden. Die Veränderungen werden nachhaltig sein, genauso wie die Verluste an Arbeitsplätzen. Im Weinbereich liegen Licht und Schatten, wie anderswo, dicht beieinander. »Es wird darauf ankommen das zu halten, was wir in der Pandemie an neuen Kunden gewonnen haben«, bekannte dieser Tage im persönlichen Gespräch der Chef eines der größten Wein- und Online-Unternehmen der Republik, auf den enormen Zugewinn des letzten Jahres und die nähere Zukunft angesprochen. Wohl wahr. Viel Absatz wurde im Weinbereich über den Preis erkauft, jetzt gilt es, Kunden zu halten und wieder Geschäfte zu machen, bei denen etwas verdient wird.

Zahlreiche Weinhändler berichten über glänzende Geschäfte 2020 und dass sie mehr verkauft hätten als je zuvor. Auch bei vielen Weingütern lief es gut. Der Anstieg des Heimkonsums in den eigenen vier Wänden trug wesentlich dazu bei. Feste und Feiern gab es nicht, Partys und gesellige Wirtsrunden auch nicht, also konsumierte die Familie zuhause. Und mit Wein lässt sich gut entspannen, was sicher viele dringend nötig hatten. Das bestätigen auch die neuesten Zahlen der deutschen Weinmarktbilanz 2019/2020, auch wenn der Zeitraum bis Mitte des Jahres erst vier Pandemie-Monate beinhaltet.

Was bleibt? Wer als Weinanbieter über einen soliden Kundenstamm verfügte, sich in der Vergangenheit nicht allein auf die Gastronomie verlegt hatte, durfte sich über gute Geschäfte freuen. Das eröffnet dann auch mal die Möglichkeit über den Tag hinaus zu blicken. Dann wird deutlich, wie wichtig für die Zukunft das Thema Nachhaltigkeit ist. Der schnelle Euro mag gut sein, aber noch wichtiger ist, dass er auch morgen noch verdient wird. Nachhaltigkeit ist das große Thema der Zukunft.