Ausgabe 5/2023

WEINWIRTSCHAFT 5/2023

Themen der Ausgabe

Interview: Alexander Rittlinger

Der Geschäftsführer einer der größten deutschen Kellereien spricht über die Lage von Reh Kendermann und der Weinwirtschaft, über Herausforderungen im Export und die Bedeutung von Nachhaltigkeit.

Weinabteilung des Jahres

Der Kaufland-Markt in Karlsruhe-Grünwinkel ist ein Prototyp. Hier prüft der Konzern, was in Sachen Wein im LEH so geht. Und es geht ziemlich viel. Unsere Weinabteilung des Jahres.

Weinhändler des Jahres: Sonderkategorie Champagner

Champagne Characters ist ein Spezialist im allerbesten Sinne. In München und Wien wird den Kunden die große, unbekannte Welt der Winzerchampagner mit viel Leidenschaft nahe gebracht.

Innovatives Labelling

Etiketten outside-the-box gedacht. Was funktioniert am Markt, was überfordert den Kunden (noch)?

Wein als Teilsortiment

Im Feinkost- oder Präsente-Handel ist Wein oftmals nur Nebendarsteller. Doch auch, wenn der Fokus manchmal woanders liegt, bleibt die Kategorie wichtig.

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Gaga-Preise

Promi-Marken erfreuen den Geldbeutel der Inhaber, dem Markt können sie aber schaden 

Nun wirds wirklich etwas zu gaga beim Luxus-Giganten LVMH: Nachdem 2021 mit viel Tamtam bekannt wurde, dass Popsängerin Lady Gaga gemeinsame Sache mit dem Champagnerhaus Dom Pérignon macht, und auch bereits die ersten Produkte der Zusammenarbeit released wurden, wurde nun, erneut mit viel Getöse, der nächste Schritt der Kooperation angekündigt. Zum Launch des 2013er-Jahrgangs hat Lady Gaga, Sie dürfen gespannt sein: einen Tanz einstudiert. Der wird natürlich vor einem handverlesenen Publikum aufgeführt und wurde von einem Spitzen-Choreograph erdacht. Mit Wein hat das allerdings nicht mehr viel zu tun, und mir drängt sich die Frage auf, wie viel fragwürdiges Luxus-Marketing für eine Marke eigentlich gemacht werden muss. 

Ich unterstelle mal, dass Frau Gagas Stundensatz deutlich über dem aktuellen Preis einer Flasche Dom Pérignon liegt – alles Ausgaben, die der Schampus erstmal wieder reinholen muss. Der durchschnittliche Dompi-Käufer mag sich an steigenden Preisen womöglich weniger stören – die Preise, die für derartige Produkte inzwischen aufgerufen werden, sind jedoch vor allem eines: gaga. 315 Euro sollte etwa der mit der Popsängerin gemeinsam gebrandete Rosé-Champagner aus dem Jahrgang 2006 kosten. Die Limited Edition des 2008er-Jahrgangs ist im Netz für 650–800 Euro zu haben.

Dass es genügend Leute gibt, die das Geld ohne mit der Wimper zu zucken hinblättern, ist klar. In Krisenzeiten mit Krieg und Inflation sogar noch mehr oder öfter als früher, wie die unglaubliche Bilanz von mehr als 7 Mrd. Euro Umsatz von LVMH zeigt. Für den Weinmarkt als solches sind derartige (Preis-) Konzepte wenig zielführend, sorgen sie doch noch mehr dafür, dass ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Qualität und Preis verloren geht. 

»Ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Preis und Qualität 
geht verloren«

Schon lange schießen die Preise für die weltberühmtesten Weine und Herkünfte in die Höhe. Wer soll sich das noch leisten, fragen sich inzwischen sogar die gut betuchteren Wein-Connaisseure, die gerne hohe fünfstellige Beträge in ihre jährliche Subskriptionsplanung investieren.

Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass es keinen allgemeingültigen Anspruch auf leistbaren Wein gibt. Wein unterliegt, besonders als Luxusgut, den Regeln des Marktes. Sein Wert ist der, den jemand anderes bereit ist dafür auszugeben. Auch ein Lamborghini ist letztlich nur ein Auto, kostet trotzdem ein Vielfaches mehr als ein Mittelklasse-Golf – allein mit hochwertigeren Materialien und technischen Spielereien lässt sich der immense Preisunterschied nicht erklären. Das gilt genau so auch beim Wein.

Für viele wird es trotzdem unverständlich bleiben, wie das Ergebnis ein und desselben Vorgangs, der Vergärung von Traubensaft, zu so unterschiedlichen Preisen führen kann. Dass sorgsamer Umgang mit Natur und Rebe, Achtsamkeit und Zeit im Keller, Equipment, Ertrag und und und die Qualität steigern, ist klar und wird von guten Händlern und Gastronomen auch so an den geneigten Käufer kommuniziert. Dass aber allein das Konterfei von Lady Gaga, Cameron Diaz oder Til Schweiger den Preis eines Weines locker verdoppeln können, ist nur schwer am Weinregal vermittelbar.

Marken, denen Konsumenten vertrauen, sind gut und wichtig, weil sie verlässlichen Zugang zu einer Produkt-Kategorie bieten. Promi-Weinmarken führen dagegen in den meisten Fällen jede vernunftbasierte Preiskalkulation ad absurdum und verstärken eine naive, romantisierte Idee vom weinliebenden Schauspieler, der seine Reben streichelt und im Keller kräftig mit anpackt. Gutes Storytelling sieht anders aus. 

Eine gute Sache hat das Dom-Pérignon-Lady-Gaga-Werbe-Gespann aber zumindest, die nicht unterschlagen werden soll: Die Künstlerin will mit den Einnahmen aus dem Projekt auch ihre »Born This Way Foundation!« unterstützen, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzt. Leider steht genau der Aspekt bei der Vermarktung des Champagners jedoch so gar nicht im Fokus. Alexandra Wrann