Themen der Ausgabe
Beginnt das Drama von vorne? Ringen die steigenden Inzidenzzahlen das zarte Pflänzchen Normalität nieder, das sich angesichts von Impfquoten um die 70 Prozent über den Sommer entwickelt hat?
Genau wird es niemand wissen oder vorhersagen können. Der neue Maßstab ist die Be- oder Überlastung des Gesundheitswesens. In manchen Regionen ist die Grenze wohl schon erreicht. Noch wird ein genereller Lockdown ausgeschlossen. Zu betonen ist: noch.
Was bleibt sind Maßnahmen, die das öffentliche wie private Leben wieder einschränken werden, egal, ob jemand geimpft ist oder nicht. Traurig, aber offensichtlich unvermeidlich. Eine Mehrheit leidet unter der Einfalt und Bequemlichkeit eines Teils der Bevölkerung. Ein jüngster Vergleich der Impfquote zeigt, dass vor allem die deutschsprachigen Länder, Österreich, Schweiz und Deutschland den übrigen Ländern hinterherhinken. Portugiesen und Spanier haben ihre Chancen genutzt und inzwischen Impfquoten von über 90 Prozent erreicht.
Apropos Impfen, niemand ist bis dato gezwungen, sich impfen zu lassen, nur darf er oder sie sich dann nicht wundern, vom Großteil des öffentlichen Lebens ausgeschlossen zu werden. Förmlichen Impfverweigerern ist dagegen vorzuhalten, dass sie wissenschaftliche Erkenntnisse negieren und nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Impfung die realistische Chance bietet, schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder sogar dem Tod zu entgehen.
Was bleibt, sind die Folgen für die Allgemeinheit und vor allem für das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben. Gewerbetreibenden und vielen Selbständigen im Dienstleistungssektor wird förmlich der Boden unter den Füßen entzogen.
Derzeit startet auch das für den Weinverkauf extrem wichtige Jahresendgeschäft. Sichtbarstes Zeichen sind die überall geplanten Weihnachtsmärkte, die wieder Stimmung in die Buden der Schausteller und Marktbeschicker und Leben in die Innenstädte bringen sollen. 2019, in Vor-Corona-Zeiten, belebten mehr als 3.000 Weihnachtsmärkte die deutschen Städte. Weihnachtsmärkte selbst sind mit Milliardenumsätzen und Millionen von Besuchern ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Für den Weinsektor ist das Glühweingeschäft ein immens wichtiger Absatzweg – im Handel genauso wie auf den Weihnachtsmärkten. Die animieren zum Besuch der Innenstädte, die es mehr denn je nötig haben, dass die Menschen als Besucher und Kunden wieder kommen.
Der Umbruch im Handel ist eh nicht mehr aufzuhalten, berichteten vor kurzem die Marktforscher der GfK. Die Mehrheit der Konsumenten habe ihr Einkaufsverhalten durch Corona grundlegend verändert. »Die Pandemie hat die Digitalisierung um Jahre in die Zukunft katapultiert. Die Besucherfrequenz in den Innenstädten ist um fast ein Drittel gesunken«, konstatieren die Marktforscher.
Ohne den Onlinehandel läuft in weiten Teilen der Wirtschaft nichts mehr. Wer sich als Weinhändler nicht darauf eingestellt hat und vom Web-basierten Lieferdienst, über Abhol- und Veranstaltungsservice bis zum stationären Präsenzangebot nicht alle Vertriebswege nutzt, dürfte über kurz oder lang seine Existenz verlieren.
Die Konsumenten nutzen die Internetangebote, auch wenn sie oftmals was Qualität, Information und Service betrifft, zu wünschen übrig lassen. Die Städte selbst müssten indessen größtes Interesse haben, dass die Menschen wiederkommen, sollen nicht Leerstände und der Verlust an Arbeitsplätzen die Dauerthemen der Urbanen sein.
In Süddeutschland, mit den höchsten Inzidenzzahlen, wurden inzwischen die ersten Märkte abgesagt. Angesichts verschärfter Auflagen und Maskenpflicht dürfte der Besuch der Innenstädte eh schon mehr Zumutung als Vergnügen sein.
Bleibt die Frage: Wird der Staat erneut mit Finanzhilfen den in ihrer Existenz Bedrohten unter die Arme greifen? Wohl kaum. Die Kassen sind leer, der Staat überschuldet, nicht nur in Deutschland, in ganz Europa. Sollen die Staaten nicht unter der Finanzlast zusammenbrechen, muss neues Geld in Umlauf. Anders lässt sich die Politik der EZB nicht deuten. Die Inflation, beflügelt vom Virus, lässt grüßen.