Ausgabe 2/2023

WEINWIRTSCHAFT 2/2023

Themen der Ausgabe

Weinabteilung des Jahres 2023

Innovative Konzepte und herausragende Weinberatung: Der Kaufland-Markt in Karlsruhe-Grünwinkel hat die Weinabteilung des Jahres 2023, Otmane Khairat aus dem akzenta-Markt in Wuppertal-Barmen ist unser Weinfachberater des Jahres.

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Vorbilder für den LEH

Die Weinabteilungen des Jahres sind teilweise unerreichbar, sollten aber eine Motivation für den Handel sein

Es ist kein Geheimnis, dass der LEH in Sachen Wein Gas gegeben hat und dass manche Weinabteilung gutes Fachhandelsniveau besitzt. Doch wenn ich für unseren Wettbewerb Weinabteilung des Jahres oder zur Recherche durch die Top-Weinabteilungen Deutschlands laufe, schleichen sich bei mir immer zwei Fragen ein: »Ist das skalierbar?« und »Wäre es für die Weinwirtschaft als Ganzes gut, wenn das skaliert wird?«

»Unser Weinfachberater des Jahres ist nicht skalierbar, aber gute Weinberatung kann es schon sein«

Frage 1 neige ich zu fast 100 Prozent mit »Nein« zu beantworten. Das zeigt ein Blick auf unsere diesjährigen Preisträger. Otmane Khairat, unser Weinfachberater des Jahres, ist nicht skalierbar. Sein Wissen, seine Erfahrungen, seine Persönlichkeit lassen sich nicht kopieren. Wir haben ihn ausgezeichnet, eben weil er einen einzigartigen Service bietet, der seinesgleichen sucht. Allerdings sprach ich etwas zögerlich von fast 100 Prozent. Denn zwischen dem Weinfachberater des Jahres und einer herrenlosen von Aushilfskräften aufgefüllten Weinabteilung gibt es zahlreiche Zwischenstufen, und eine gute Weinberatung kann schon skalierbar sein.

Auch unsere Weinabteilung des Jahres von Kaufland in Karlsruhe-Grünwinkel ist nicht skalierbar. Und Kaufland weiß das selbst, denn die Filiale in Karlsruhe ist auch ein Experimentierfeld, wo der Neckarsulmer Handelsriese schaut, was im LEH-Weinhandel funktioniert, und was nicht. Und unsere Weinabteilung des Jahres wurde nicht zum Prototyp bei der Umwandlung von Real in Kaufland-Märkte. Gleichwohl hat Kaufland bei zwei Märkten, denen besonderes Potenzial beigemessen wird, große Teile des Konzepts übernommen. In gewissem Maße lassen sich Erfolgskonzepte also schon kopieren.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Betrachtung des selbstständigen LEHs. Das Weinangebot Univinum von Edeka Ueltzhöfer in Heilbronn lässt viele Fachhändler vor Neid erblassen. Ein Blick in andere Ueltzhöfer-Filialen zeigt, dass sich das Konzept nicht kopieren lässt, doch auch in diesen Filialen unterscheidet sich das Sortiment von dem eines 08/15-Regiebetriebs. Die Filialbetriebe von Scheck-In, Zurheide und Hieber lassen mich in puncto Skalierbarkeit aber doch nachdenklich werden. Denn auch wenn das Niveau von Zurheide in Düsseldorfs Berliner Allee überragend ist, befinden sich auch in den anderen Filialen Zurheides echte Highlight-Weinabteilungen. Ähnlich sieht es bei den Filialen Schecks und Hiebers aus. Was die drei von Ueltzhöfer unterscheidet, ist eine deutlich größere räumliche Distanz zwischen den Filialen, sodass sich die Einzugsbereiche kaum überschneiden. Letztlich gehört eine Spitzen-Weinabteilung nicht zu den Elementen der Grundversorgung, sondern stellt eine besondere Zusatzleistung dar, die nur bedingt skalierbar ist.

Mit diesen Beobachtungen stoße ich zu Frage 2 vor, ob eine Skalierbarkeit gut wäre. Und diese neige ich zu fast 100 Prozent mit »Ja« zu beantworten. Dabei denke ich nicht an diejenigen, die unbedingt auszeichnungswürdig sind, sondern an eine gute Basis, wo ein kompetenter Mitarbeiter für eine »Fifo«-Pflege (first in, first out) der Regale sorgt, das Sortiment kennt und die Kunden beraten kann. Die Bedeutung dieser Mitarbeiter für die Branche kann kaum überschätzt werden, denn sie nehmen die Berührungsängste der Kunden vor der komplexen Weinwelt. Von einer Erweiterung der Basis der Weinkonsumenten profitieren letztlich alle Beteiligten der Weinwirtschaft. Leider gibt es viel zu wenige solche Betriebe. 

Betrachte ich dagegen nur die Spitze der Weinabteilungen halte ich eine Skalierbarkeit nicht für gut. Denn diese Top-Betriebe punkten mit individuellen Spitzenleistungen. Es ist gut, wenn unsere diesjährigen Preisträger Otmane Khairat von akzenta in Wuppertal-Barmen und die Kaufland-Weinabteilung in Karlsruhe-Grünwinkel zu Vorbildern werden. Wer ihren Erfolg erreichen will, muss sein Konzept aber individualisieren und an seinen jeweiligen Standort anpassen. Dabei darf man nicht vergessen, dass nicht jeder Standort für solche Höchstleistungen geeignet ist, aber an jedem Standort kann die Weinabteilung optimiert werden und den Händler dafür mit höheren Umsätzen erfreuen. Clemens Gerke