Ausgabe 17/2014

Ran an den Fachhandel - Südafrika verlässt sich auf den florierenden Tourismus, um neue Kunden zu gewinnen.

Südafrika ist ein ganz besonderes Weinland. Die erste Faszination geht von den spektakulären Landschaften aus. Viele Weinbaugebiete wie Stellenbosch, Franschhoek, Tulbagh, Elgin oder Walker Bay verzaubern mit einem Kontrast aus markanten Bergketten, der Nähe zu zwei Ozeanen und einer unvergleichlichen botanischen Vielfalt. Der zweite dicke Pluspunkt sind die Menschen mit ihrer offenen, freundlichen, positiven Art. Allen gravierenden wirtschaftlichen Problemen zum Trotz, unter denen aktuell sehr viele Weingüter leiden, verbreiten sie ansteckenden Optimismus. Der Clou an der ganzen Sache ist der florierende Tourismus, durch den viele Deutsche mit Landschaft und Menschen in Berührung kommen. Mehr als 300.000 reisten im vergangenen Jahr nach Südafrika. Christian Zeter bringt es auf den Punkt: »Wenn jemand am Stammtisch erzählt, dass er in Südafrika war, hört keiner mehr zu. Mittlerweile war ja fast jeder dort.« Und fast jeder, der dort war, ist begeistert. Aus diesem Grund nimmt Südafrika unter den Herkunftsländern der südlichen Hemisphäre eine Ausnahmestellung ein. Das Märchen über den angeblich europäischen Stil der Weine als USP im Vergleich mit Chile, Argentinien und Co. hat langsam ausgedient. Es entstand in einer Zeit, als die Weinberge Südafrikas in miserablem Zustand waren, die Winzer mit massiven Virusproblemen zu kämpfen hatten und deshalb manche Weine mit grünen Tanninen eine Kühle suggerierten, die tatsächlich nie vorhanden war. Ein Bordeaux-Blend von einem südafrikanischen Spitzenweingut, das seine Weinberge gut im Griff hat, schmeckt heute nicht europäischer als von einem vergleichbaren Betrieb in Chile. Im Gegenteil. Angesichts dieser Voraussetzungen ist Südafrika auf dem deutschen Markt eigentlich zu schwach vertreten. Für den privaten Weintrinker gibt es im Wesentlichen drei Wege zum südafrikanischen Wein. Der einfachste führt zum Lebensmittelhändler, bei dem der Südafrika-affine Weintrinker auch seine sonstigen Einkäufe bestreitet. Dort erwarten ihn – immerhin – vier starke Marken und ein prall besetzter Preiseinstieg. Die Aldinativen, wie es so schön heißt. Der billigste Zugang führt über den Discounthandel, in dessen Regalen Südafrika aktuell doppelt so stark vertreten ist, wie die übrigen »Übersee- Herkünfte«. Das liegt an den niedrigen Fassweinpreisen aufgrund der wirtschaftlichen Probleme von Südafrikas Weinwirtschaft, was in Verbindung mit dem aktuell extrem schwachen Rand die Kap-Region zum Einkaufsparadies für Abfüllkellereien macht. Und jetzt auch noch die Rekordernte 2014 mit fast 1,5 Mill. Tonnen Trauben. Der kürzeste Weg ist der über das Internet. Namen des Weinguts eingeben, das man im Urlaub besuchte, und unter den Treffern das billiste Angebot oder die optisch gelungenste Seite auswählen. In dieser Nische tummeln sich eine ganze Reihe engagierter und kompetenter Südafrika-Spezialisten. Viele davon bieten nicht nur über das Interent an, sondern präsentieren sich – und gleichzeitig auch das Weinland Südafrika – auch auf diversen Verbrauchermessen oder rühren die Werbetrommel über verschiedene Veranstaltungen, oft in Verbindung mit afrikanischer Kulinarik oder Kultur. Der Rest des Fachhandels zeigt Südafrika indes eher die kalte Schulter. Die Konsequenz: Die Tür für Weingüter auf der Suche nach einem Händler bleibt verschlossen. Fast 60 Prozent aller Weinfachhändler führen überhaupt keinen Wein aus Südafrika, bei 93 Prozent erreicht der Absatzanteil maximal 5 Prozent. Ohne die Online-Händler sind die Quoten sogar noch drastischer. Das belegen die Zahlen aus der Fachhandelsstudie, für die WEINWIRTSCHAFT und der Meininger Verlag in den vergangenen drei Jahren über 1.000 Fachhändler befragten. Ein Weintrinker, der Südafrika nicht als Urlauber kennengelernt hat, kommt gar nicht auf die Idee, einen südafrikanischen Wein zu trinken. Wie auch? Kommunikation findet nur Online statt. Doch dort bestellen die Kap-Touristen ohnehin. Das Potenzial bleibt ungenutzt.

Hermann Pilz [email protected]