Ausgabe 12/2022

WEINWIRTSCHAFT 12/2022

Themen der Ausgabe

Österreich-Spezial

Kurz nach der VieVinum präsentiert WEINWIRTSCHAFT ein großes Wein-Extra zur Alpenrepublik mit detaillierten Einblicken in die Regionen Wachau, Leithaberg und Steiermark.

Konjunkturumfrage Deutschland

Wir haben uns bei Fachhändlern in Deutschland umgehört, wie die einheimischen Weine aktuell bei den Kunden ankommen. Dabei kristallisiert sich auch ein Wunsch der Händler an die Winzer heraus.

Topseller Italien

Von nirgendwo sonst importiert Deutschland soviel Wein wie aus Italien. Sowohl im Fachhandel, als auch im LEH setzt das Land Trends und stellt die Topseller. Die Sehnsucht nach Bella Italia scheint hierzulande größer denn je.

Rumänien

Im Wilden Osten zwischen Karpaten und Donaudelta wird nicht nur Massenware produziert. Auch eine überschaubare, aber aufstrebende Naturweinszene macht allmählich von sich reden.

Wein-Köpfe-Interview

Prof. Dr. Simone Loose von der Hochschule Geisenheim über die Hürden des Strukturwandels im Weinbau.

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Burgunder-Bashing

Warum es in Ordnung ist, Grauburgunder nicht in Ordnung zu finden.

Wie viel (fragwürdigen) Erfolg darf eine Rebsorte eigentlich haben? Grauburgunder zumindest knackte in den vergangenen Jahren alle Rekorde. Ganz allmählich kommt die Gipfelfahrt der Preise auf dem Fassweinmarkt (vorerst) zu einem Ende (s.S. 18) und es ist auf Erzeugerseite womöglich etwas Zurückhaltung angesagt (lesen Sie dazu auch den Kommentar von Co-Chefredakteur Clemens Gerke auf Seite 9). Die Entwicklung der Rebfläche, naturgemäß nicht tagesgeschäftsabhängig, spricht seit Jahren eine deutliche Sprache: Raus mit Müller-Thurgau, Kerner, Bacchus, Scheurebe, rein mit dem Grauburgunder. Innerhalb von 20 Jahren hat sich die Fläche der Sorte fast verdreifacht.

Jeder Winzer will ein Stückchen vom lukrativen Grauburgunder-Kuchen abhaben. Verständlich, denn die Nachfrage ist enorm. So ganz genau lässt sich dabei auch schon nicht mehr nachvollziehen, was den Sorten-Hype eigentlich auslöste. Ja, zu einem großen Teil dürfte der Boom auf den norditalienischen Pinot Grigio zurückzuführen sein, der, einmal genippt, vielen Pizza- und Pasta-Freunden im Urlaub gut, weil gefällig, schmeckte.

So richtig leicht wollte der italienische Name der Sorte aber dann doch nicht über die deutsche Zunge rollen. Als sich dann langsam herumsprach, dass, aha!, Pinot Grigio und Grauburgunder ein und dieselbe Rebsorte sind, gab es kein Halten mehr. Das Geschmacksprofil hat natürlich sein Übriges getan: fruchtbetont, mit wenig Säure, und dann ist das Ganze noch einigermaßen preiswert zu haben.

»Grauburgunder wurde der Banalisierung anheim gegeben, um einen 0815-Durst zu stillen«

Natürlich gilt das wirtschaftliche Prinzip, dass die Nachfrage das Angebot anheizt. Doch berichten bereits seit Wochen Marktbeobachter, dass Grauburgunder oft zu teils wenig befriedigenden Qualitäten angeboten werde. Heißt: Grauburgunder wird vor allem um des Namens willen (teuer) eingekauft, die Qualität ist zweitrangig. So kommt immer mäßigerer Stoff in die Flasche. Genau diese Entwicklung trägt dazu bei, eine Rebsorte, die gutes Potenzial vom Einstieg bis in die Premium-Range hat, zu Grabe zu tragen.

Beim Händler und Gastronomen löst all dies viel Skepsis aus. Zuallererst ist der dauerhafte Kundenruf nach ein und derselben Sorte, meist ohne spezielle Anforderung an Herkunft oder Ausbauart, ermüdend und frustrierend. Die Weinwelt hat so viele spannende Sorten und Stile zu bieten – stets aber sieht man sich mit ein und demselben Wunsch konfrontiert. Zweitens hilft die Schwemme an ähnlichem Produkt nicht der Vielfalt. Gleichförmigkeit macht sich breit, und der Wille des Händlers, einen Wein zu finden, der aus der Masse heraussticht, wird arg auf die Probe gestellt. 

All das führt dazu, dass Grauburgunder inzwischen in der Branche ein, diplomatisch ausgedrückt, eher mäßiges Standing hat. Das Bashing beginnt, sobald die Sorte zur Sprache kommt. Ist das erlaubt? Darf man über Grauburgunder herziehen? Ich sage: Ja, man darf. Denn es geht dabei weniger darum, die Rebsorte selbst abzustrafen, sondern eine bestimmte Kategorie von Wein: profillos, eintönig, ohne jede Spannung. Ich kann daher jeden Händler und Gastronomen verstehen, dem der Ruf des Gastes und Kunden nach Grauburgunder zum Halse heraushängt.

Grauburgunder wurde in den vergangenen Jahren der Banalisierung anheim gegeben, um einen 0815-Durst zu stillen, der leicht auch mit irgendeiner anderen Sorte dieser Welt– oder mehreren in Kombination – befriedigt werden könnte: Trebbiano, Müller-Thurgau, you name it. Was der Konsument will, ist letztlich nicht Grauburgunder, sondern etwas Fruchtiges, Säurearmes, dessen Namen er aussprechen kann. Dass Erzeuger auf einen immer schneller fahrenden Zug aufspringen wollen, ist verständlich. Zu schade nur, dass Qualitätsansprüche dabei allzu oft auf der Strecke bleiben. Alexandra Wrann