Ausgabe 03/2020

Knüppelhart

Fassen wir zusammen. Die Landwirtschaft bekommt es momentan knüppelhart. Da sind zunächst einmal immer neue Auflagen, die aus Umwelt-, Klima- und Tierschutz auf die Landwirte einprasseln.

Von den Betroffenen werden die Forderungen als Gängelung und Einschränkung ihrer unternehmerischen und persönlichen Freiheiten bis hin zum Verlust von Grundrechten wie dem Schutz des Eigentums empfunden. Zugleich fühlen sich die Landwirte missverstanden. Ihr Image ist angekratzt.

Zu alledem sind sich die Landwirte untereinander nicht einig. Ein Teil versteht und teilt die Kritik von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, auf deren Kosten und Gesundheit der Streit letztlich ausgetragen wird. Ein anderer Teil negiert die Befunde und die Verantwortung, demonstriert mit Traktorblockaden, Mahnfeuern und anderen Aktionen gegen das, was von der Allgemeinheit gefordert wird.

Landwirte sind Unternehmer wie Andere auch, beanspruchen private und öffentliche Ressourcen und müssen sich ihrer Verantwortung stellen. Und sie sollen und müssen rechnen und Bilanzen erstellen wie jeder andere Unternehmer auch. Das gehört nun mal zum Beruf dazu. Mir kommt da immer ein Zwischenruf vom Moselwinzer Reinhard Löwenstein in den Sinn, der vor vielen Jahren in einer Diskussion über niedrige Preise und die Absatzmisere der Moselbauern auf einer Winzerversammlung verkündete: »Wer es nicht kann, soll halt aufhören, statt den Markt mit unverkäuflichen Weinen zu belasten.«

Natürlich darf man bei aller Kritik an der Landwirtschaft die Politik der letzten 50 Jahre nicht außer Acht lassen. Von Lobbyisten gesteuert, trägt die Politik in ganz erheblichem Umfang Schuld an der heutigen Misere. Zu allem Überdruss verdient die Landwirtschaft kein Geld. Rund die Hälfte der Einkommen der Landwirte stammen aus Transferzahlungen. Die übrige Gesellschaft alimentiert die Agrarwirtschaft, also darf sie Ansprüche stellen. 

Verantwortlich für die Situation sind falsch gesetzte Prämissen, die das Idyll einer familienbäuerlichen Landwirtschaft als Ziel propagierten, in Wahrheit industrielle Strukturen förderten. Die Dummen sind die Gesellschaft und die Landwirte selbst.

Eine Frage, die sich immer mehr zuspitzt und zu einer für das ganze Land aufgrund von EU-Auflagen teuren Angelegenheit werden wird, ist der Gewässerschutz und die Trinkwasserbelastung mit Nitrat. Statt die Ursachen zu bekämpfen, dreht sich die Diskussion um die Dichte des Messstellennetzes.

Es war blamabel, wie Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, langjähriges Ex-Mitglied des Deutschen Bundestages, langjähriger Bauernpräsident und lange Zeit auf vielfältige Weise in lukrativen Aufsichts- und Beiratsgremien präsent, dem rheinlandpfälzischen Weinbauminister Dr. Volker Wissing und selbst der eigenen Parteifreundin, der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, vorwarf, beim Messstellennetz versagt zu haben.

Das Lamento Schindlers auf der Pfälzer Winzerversammlung, der einem Volkstribun gleich das Mikrofon schwang und über Jahrzehnte im deutschen Bundestag mit verantwortlich für die heutige Misere ist, gipfelte darin, mehr Messstellen zu fordern.
Das gleicht dem antiken Mythos, den Überbringer schlechter Nachrichten zu erschlagen. 

Wer sich einmal mit Schindler auseinandersetzen will, dem empfehle ich öffentlich einsehbare Protokolle. Da gibt es ein schönes Zitat, das dokumentiert, was für eine Figur jahrzehntelang im Bundestag das Volk vertrat. In einer Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten 2015 bekannte er zur Novellierung der Düngeverordnung: »Ich habe vor 30 Jahren bei der ersten Lohnsteuer- und Sozialversicherungsprüfung gelernt, wie ich richtig lüge, damit es bei der Prüfung stimmt.« Das war sein Kommentar zur Aufzeichnungspflicht von Düngemitteln und vermutlich die Aufforderung an seine Berufskollegen in der Landwirtschaft.

Wer solche Mentoren hat, braucht sich um seinen Ruf nicht zu sorgen.