Ausgabe 01/2020

Rohrkrepierer zum Neustart

Haben Sie es gemerkt? Ich meine nicht den Beginn des neuen Jahres, eines neuen Jahrzehnts und die Feiern drum herum. Die Erde dreht sich weiter, so oder so. Nein, es wurden die Daumenschrauben ein kleines Bisschen weiter angezogen, mit denen uns fürsorgliche Politiker und der Staatsapparat Jahr für Jahr das Zugeständnis zu neuen Wohltaten entlocken.

So richtig bewusst wurde mir der Irrsinn erst wieder, als eine Verkäuferin am ersten Arbeitstag am Morgen eine Brezel und dazu einen Kassenbon über den Tresen reichte. Auf der Theke steht seit Jahr und Tag eine moderne Kasse, und darin hat die Verkäuferin auch bisher schon die Waren eingetippt. 

Aber der Wahnsinn hat Methode. Die Abgabenordnung wurde 2016 um das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen und die Kassensicherungsverordnung ergänzt. Kleine Einzelhändler, die die Innenstädte beleben, wurden als listige Steuerbetrüger geoutet, die ihre Umsätze unterschlagen. Obst- und Gemüsehändler auf dem Wochenmarkt oder Schausteller scheinen den Finanzbehörden seit langem ein Graus, genauso wie Gastronomen oder Laden und Kioskbetreiber. Alles Verbrecher, Steuerhinterzieher, denen der Staat nur mit Zwang und Gewalt beikommt. 

Hinter sich hatte die Verkäuferin einen ganzen Beutel voll Kassenbons, und da stopfte sie nun auch meinen hinein. Bis zum Ladenschluss kommt da einiges zusammen und das bundesweit. Am gleichen Tag beklagen sich Politiker, die jetzt nach den Weihnachtsfeiertagen wieder wortreich aus der Versenkung auftauchen, dass die Bürger den Respekt vor dem Staat und seinen Bediensteten verloren hätten. Polizisten, Verwaltungsbeamte und Lehrer müssten sich immer öfter anpöbeln lassen. Die Bürger seien aufmüpfig, unverschämt und undankbar, wird geklagt. Beleidigungen und tätliche Attacken gehen nicht, aber ist es ein Wunder?

Wem sollen die Bürger sonst die Meinung geigen, als denen, die ihnen als Repräsentanten des Staates entgegentreten. Da wird doch was grundsätzlich durcheinander gebracht. Nicht das Volk hat dem Staat, sondern der Staat dem Volk zu dienen.

Unter dem ursprünglichen- Gedanken, Armut zu bekämpfen und eine Gesellschaft aufzubauen, die jedem seinen Fähigkeiten und Talenten entsprechend eine Chance gibt, wurde ein ausgeuferter Sozialstaat geschaffen, der sich immer mehr als Zuchtanstalt und Gefängnis erweist. Kein Lebensbereich ist von der patriarchalischen Regelungswut des Sozialstaates ausgenommen.

Neueste Spielwiese sind die Umweltpolitik und ständig neue Vorschläge, die Bürger zu schröpfen. Statt über Märkte und Preise effiziente Lösungen und nachhaltiges Wirtschaften zu fördern, werden von Lobbyisten eingeflüsterte Fantasiegebilde geschaffen. Die Kehrseite der fortgesetzten Politik gegen die Menschen ist eine gewaltige und höchst ineffiziente Umverteilungsmaschinerie, die einmal in Gang gesetzt, durch ständig neue Ideen und Erweiterungen munter wächst. 

Sie mündet in einem immer weiter um sich greifenden Steuer- und Abgabensystem. Das neue Kassengesetz ist nur ein Mosaikstein. Der Sozialstaat erweist sich als Krake und frisst sein Volk auf. Das hinterlässt Spuren, denn das System negiert das Individuum und ignoriert dessen Wünsche und Bedürfnisse, die ihn zu Mühen und Leistungen bewegen. Genau deswegen steigt seit Jahrzehnten der Anteil der Unzufriedenen. Es mögen noch so viele Wohltaten verteilt werden, die Menschen realisieren, dass die Falschen davon profitieren. Eine kleine Schicht Vermögender, die sich schon lange dem Zugriff des Staates entzogen hat, profitiert, und der Rest ist ein Heer abhängiger Vasallen.

Der Tag ist nicht mehr fern, an dem jeder von der staatlichen Finanzverwaltung nach Bedürftigkeit ein Taschengeld bekommt. Und noch etwas: Die Kommunen müssen sich nicht wundern, dass die kleinen Einzelhändler aussterben und die Innenstädte veröden.