Ausgabe 01/2015

Meilensteine - Dem Weinmarkt geht’s gut. Den Weinpanschern bald nicht mehr.

Ausgabe 01/2015

Dem Wein geht’s gut – ganz im Gegensatz zu anderen Märkten, die vor einer mehr als ungewissen Zukunft stehen. Das gilt auf internationalem Terrain genauso wie auf dem deutschen Binnenmarkt. Die globalen Unsicherheiten sind groß: Bleiben Rohstoffe und Erdöl weiterhin so billig? Steigen die Preise für Arbeit und Dienstleistungen vor dem Hintergrund der Einführung des Mindestlohns weiter an? Wie entwickeln sich die Kapitalmärkte und der Wert des Geldes? Fragen über Fragen, die niemand mit Sicherheit beantworten kann. Ganz anders stellt sich der Weinmarkt dar. Es läuft nicht schlecht – zumindest in Deutschland.

Das vergangene Jahr setzte die ruhige Entwicklung der Vorjahre nahtlos fort. Wer große Umbrüche erwartet hatte, sieht sich angenehm überrascht. Der Markt läuft, nicht überschäumend, aber auch nicht rückläufig. Das Marktvolumen wird wieder bei über 20 Mill. Hektolitern liegen, soviel lässt sich schon heute vorhersagen, noch bevor die endgültigen Zahlen der Statistiker auf dem Tisch liegen. Schwerpunkt auf dem deutschen Markt bilden Weine im Preisbereich zwischen 4 und 6 Euro. Die Mitte hat sich gut entwickelt, berichten unsere Gesprächspartner aus Groß- und Einzelhandel. Erfreulicherweise wächst auch das Premiumsegment dynamisch. Die Attraktivität höherwertiger Weine für den Handel ist nicht zu übersehen. Die Metro brachte im vergangenen Jahr in ihren mehr als 300 SB-Warenhäusern ein an höherwertigen Weinen orientiertes Sortiment auf den Weg. Lidl inszenierte in einer für den Discounthandel ganz neuen Art der Präsentation höherwertige Weine. Mittlerweile zieren förmliche Weinabteilungen statt der bisherigen Regalmeter die Lidl-Läden und Meister Bampfield erklärt höchstpersönlich den Kunden die Weine. Landauf landab beschäftigt sich der Lebensmittelhandel vom Discount bis zum selbstständigen Einzelhandel intensiver mit Wein. Die Anstrengungen kommen nicht von ungefähr, denn mit Wein lässt sich Geld verdienen, liegen die Margen doch oft wesentlich höher als in anderen Warenbereichen.

Der positiven Entwicklung auf dem deutschen Weinmarkt spürten auch wir mit unserem Wettbewerb der »100 Weine des Jahres« nach. Gefragt sind die Weine mit bestem Preis-Genuss-Verhältnis, die sich dazu in stattlichen Stückzahlen drehen. Zwei Herkünfte, oder besser gesagt Weinnationen, stehen dabei wieder ganz oben auf dem Podest: Deutschland bei den Weißweinen und Italien bei den Rotweinen. Seit sich die italienischen Weinerzeuger in den 80er-Jahren auf breiter Front aufgemacht haben, bessere Weine auszubauen, hat Italien diese Position auf dem deutschen Markt souverän verteidigt. Kein anderes Land exportiert mehr hochwertige Herkunftsweine nach Deutschland als Italien. Dazu besitzen sowohl die Herkünfte als auch die Hersteller Markencharakter: Salice Salentino, Brunello di Montalcino oder Amarone di Valpolicella sind genauso Marken wie Masi, Altesino oder Carpineto. Deutsche Erzeuger haben sich später als die Italiener auf den Weg gemacht. Umso dynamischer läuft die Entwicklung in den letzten Jahren. Bei Weißweinen sind deutsche Weine inzwischen das Maß aller Dinge. Schade nur, dass die Mengen exzellenter deutscher Weine häufig zu klein sind, um auf den Weltmärkten eine wirkliche Bedeutung zu erlangen. Das Potenzial ist da, nur leider wird es nicht ausgeschöpft. Dafür kommen Neuerungen von ganz anderer Seite auf die Weinbranche zu. Treiber ist erneut die digitale Datenverarbeitung. Die vor Jahren noch undenkbaren Rechnerleistungen heutiger Computer ermöglichen den Einsatz neuer Analyseverfahren. Die Kernresonanz-Spektroskopie ist nichts wirklich Neues. Nur die Anwendung in Verbindung mit wesentlich größeren Rechnerkapazitäten ergibt ganz neue Möglichkeiten, die gewonnenen Signale auszuwerten. Jahrgang, Rebsorte und Herkunft lassen sich in Zukunft bei einer Vielzahl von Weinen exakt nachweisen. Vorbei die Zeiten, als Kriminelle mit wenig Aufwand zum Schaden einer ganzen Branche mit Weinpanschereien schnelles Geld machen konnten. Die Einführung dieses Verfahrens markiert einen Meilenstein in der Geschichte des Weines. Da bin ich mir ganz sicher.

Hermann Pilz [email protected]