Die neue Weinverordnung trat am 8. Mai in Kraft. Die praktischen Auswirkungen und was Sie ab wann beachten müssen – zusammengefasst in diesem Artikel.
Die neue Weinverordnung trat am 8. Mai in Kraft. Die praktischen Auswirkungen und was Sie ab wann beachten müssen – zusammengefasst in diesem Artikel.

Weinrecht: Das kommt auf Sie zu

Anfang des Jahres wurde zunächst die Novellierung des Deutschen Weingesetzes, WeinG, und nun vor einigen Wochen auch die Novellierung der deutschen Weinverordnung, WeinVO verabschiedet. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der am 08.05.2021 in Kraft getretenen Veränderungen der WeinVO.

DIE NEUE QUALITÄTSPYRAMIDE

Kern der Reform ist eine europarechtlich gebotene Veränderung des Weinbezeichnungsrechts zum Erntejahrgang 2026. In diesem Rahmen hat sich der deutsche Verordnungsgeber auch zu einer Änderung der bisherigen Qualitätsregelungen entschlossen. Die neue Qualitätspyramide ist in Zukunft nach dem Grundsatz zu verstehen: „Je kleiner die geografische Angabe, desto höher das Qualitätsversprechen“

Die neue Pyramide setzt auf niedrigste Stufe den »Deutschen Wein« (ohne Herkunftsangabe), auf nächster Stufe den »Landwein« (geschützte geografische Angabe, g.g.A.) und auf die dritte Stufe die Weine eines »Anbaugebiets « (geschützte Ursprungsbezeichnung, g.U.). Diese letzte Stufe unterteilt sich noch einmal in vier Einzelstufen, dem Wein aus der g.U., den Regionalwein, den Ortswein und den Lagenwein.

Musterpyramide
Musterpyramide

DIE ÄNDERUNGEN

Erzeugnisse aus Versuchsanbau

Mit der neu aufgenommenen Vorschrift soll sichergestellt werden, dass die Begrenzung des Flächenzuwachses in Deutschland von 0,3 Prozent nicht durch einen ausufernden Versuchsanbau umgangen wird. Pro Jahr darf ein Betrieb ohne Pflanzgenehmigung maximal 0,1 Hektar für den Versuchsanbau bewirtschaften. 20 Hektoliter aus dem Versuchsanbau dürfen durch den Betrieb vermarktet werden. Dies ist bis zum sechsten Erntejahrgang nach Zulassung der Rebsorte in irgendeinem deutschen Bundesdesland zulässig. Danach darf der Wein aus dem Versuchsanbau nicht mehr vermarktet werden. Der Betrieb muss dann entweder eine Pflanzgenehmigung beantragen oder die Fläche roden. Die Bundesländer sind ermächtigt, die Flächen auszuweisen, auf denen Versuchsanbau betrieben werden darf. Der Versuchsanbau muss deshalb nicht zwingend auf bereits bekannten g.g.A. oder g.U. erfolgen. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

Vorübergehende Änderung einer Produktspezifikation

Mit dieser Vorschrift wird die Ermächtigung des EU-Gesetzgebers, eine Regelung für vorübergehende Änderungen der Produktspezifikationen in das nationale Recht aufzunehmen, umgesetzt. Ziel ist es, dass die Schutzgemeinschaft künftig auf Extremereignisse kurzfristig reagieren kann. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

Teilweise gegorener Traubenmost (Federweißer)

Der Begriff »Federweißer« darf nur noch für Most verwendet werden, der aus der g.g.A. oder g.U. stammt. Sämtliche Synonyme (bspw. Sauser) dürfen nicht mehr allein verwendet werden, sofern der Most aus der g.U. oder g.g.A stammt. Es muss immer der Begriff »Federweißer« hinzugefügt werden. Die Synonyme wie »Süßer« oder »Brauser« dürfen für Most ohne geschützte Angabe ergänzend zu dem Begriff »«teilweise gegorener Traubenmost« weiterverwendet werden. Die Begriffe »Roter« oder »Federroter« dürfen verwendet werden, wenn es sich um rote Trauben handelt. »Federrotling« darf nur noch bei blass- bis hellroter Farbe verwendet werden. Stammt der Most aus einem EU-Nachbarland, darf der Begriff »Federweißer« nur verwendet werden, wenn dort die Vorgaben g.U. oder g.g.A. eingehalten sind. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

Angaben zum Betrieb und zur Abfüllung

Die Angabe »Hersteller « kann durch »Verarbeiter« oder »Sektkellerei « und »hergestellt von« durch »verarbeitet von« oder »versektet durch« ersetzt werden. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

 Steillage; Terrassenlage

Die Verwendung der Begriffe »Steillage« und »Terrassenlage« wird künftig auch für Sekt b.A. und Qualitätsperlwein b.A. zugelassen. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

Angabe von Weinarten (blanc de Noirs)

Bis zum diesjährigen Erntejahrgang 2020 darf der Begriff »Blanc de Noirs« weiter wie gewohnt verwendet werden. Ab dem Erntejahrgang 2021 darf die Bezeichnung »Blanc de Noir« oder »Blanc de Noirs« nur noch verwendet werden, wenn es sich um ein Erzeugnis mit geschützter Ursprungsbezeichnung handelt, das aus frischen Rotweintrauben wie ein Weißwein gekeltert wurde und die für Weißwein typische Farbe aufweist.

Erstes Gewächs und Großes Gewächs

Es war und bleibt bis einschließlich Erntejahrgang 2023 zulässig, die Begriffe Großes und Erstes Gewächs zu verwenden. Ab dem Erntejahrgang 2024 gelten eine Vielzahl von Einschränkungen.

• Erstes Gewächs darf verwendet werden, wenn die rechtlichen Vorgaben (gut der Norm § 32b Abs.1 Nr. 1-10 WeinVO zu entnehmen) eingehalten werden. Dabei darf z.B. ein bestimmter Hektarertrag nicht überschritten werden. Des Weiteren muss u.a. eine Einzellage und ein Jahrgang angegeben werden und der Wein darf erst zu einem bestimmten Zeitpunkt in Verkehr gebracht werden.

• Großes Gewächs darf verwendet werden, wenn die Voraussetzungen des ersten Gewächses vorliegen und die weiteren Vorgaben (gut der Norm § 32b Abs.2 Nr. 1-6 Wein- VO zu entnehmen) eingehalten werden. Im Vergleich zum Ersten Gewächs sind die Vorgaben hier strenger und es ist obligatorisch eine gesonderte sensorische Prüfung durchzuführen.

• Die Schutzgemeinschaft muss Regeln zur Nutzung der Bezeichnungen aufstellen sonst ist den Anbauern aus dieser Region die Bezeichnung verwehrt. Dies betrifft die zum Gebietsprofil passenden Rebsorten und die einzuhaltenden besonderen sensorischen Merkmale.

• Den Schutzgemeinschaften und Verbänden bleibt es frei, weitere, über diesen Katalog hinausgehende Kriterien festzulegen.

geografische Angaben

Der Kern der neuen Verordnung und die größten Veränderungen zeigen sich wie bereits durch die Pyramide angedeutet im Bezeichnungsrecht. Dies fällt besonders auf, da die Regelung zur Leitgemeinde - aus europarechtlichen Gründen - wegfallen musste. Bereits jetzt gilt auf Basis des Weingesetzes:

• Weine aus der g.g.A. dürfen keine kleinere geografische Angabe enthalten.

• Zusätzlich zum Namen der g.U. dürfen nur noch Namen aus der Weinbergsrolle oder Orts- oder Gemeindenamen angegeben werden. Ab dem Erntejahrgang 2026 sind folgende neue Regelungen einzuhalten. Die Tabelle zeigt zur besseren Übersicht ein Beispiel mit alten und neuen Bezeichnungen.

• Es müssen immer (für alle folgenden Änderungen identisch) mindestens 85 Prozent der Trauben aus der auf dem Etikett angegebenen kleinsten geografischen Angabe stammen.

• Bei Verwendung der alten Begriffe Großlage/ Bereich ist stets, in gleicher Schrift, Farbe und Größe das Wort »Region« unmittelbar vor den Namen zu stellen.

• Wird ein Ortsteil oder eine Gemeinde angeben, muss mindestens das Mostgewicht Kabinett eingehalten werden und der früheste Vermarktungszeitpunkt ist der 15.12. des Erntejahres.

• Wird zusätzlich zur Region noch ein Ortsteil oder eine Gemeinde angegeben, ist diese vor oder nach der zusammenhängenden Angabe Region und Name anzugeben und die Vorgaben der Ortsbezeichnung (s.o.) sind einzuhalten.

• Wird eine Einzellage verwendet, ist stets und mindestens 1,2 mm groß, in gleicher Schrift und Farbe unmittelbar vor oder hinter der Einzellage der Ortsteil oder die Gemeinde, aus der mindestens 85 Prozent der Trauben stammen, anzugeben. Zusätzlich muss der Most Mindestmostgewicht Kabinett einhalten und frühester Vermarktungszeitpunkt ist der 01.03. des auf die Ernte folgenden Kalenderjahres.

• Wird eine kleinere geografische Angabe als Einzellage verwendet, gelten die Vorgaben zur Einzellage.

• Alle kleineren geografischen Angaben müssen in der Weinbergsrolle eingetragen oder ein Gemeinde- oder Ortsteilname sein. Dies gilt auch für Lagenbezeichnungen in der Produktspezifikation.

• Es bleibt zulässig, trotz möglicherer kleinerer Angabe, auf dem Wein ausschließlich die g.U. oder die g.g.A anzugeben. Die Schutzgemeinschaften können (und sollen) zur Verwendung einzelner Begriffe weitere Vorgaben festlegen. Die Rebsortenliste für die Einzellage ist durch die Schutzgemeinschaft festzulegen.

Beispiele für Bezeichnungen
Beispiele für Bezeichnungen

geografische Angaben mit EU- Schutz

Es wird festgelegt, dass zur Beantragung einer neuen geschützten Ursprungsbezeichnung bei der Festlegung des Hektarertrags die sieben vorhergehenden Jahre - unabhängig von ihrer Qualität - zu berücksichtigen sind. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

Rebsortenangaben (Deutscher Wein - verbotene Rebsortenbezeichnung)

Die Verwendung folgender Rebsorten und ihrer begrifflichen Synonyme als Bezeichnung für Deutschen Wein ist/bleibt unzulässig: Blauer Frühburgunder, Blauer Limberger, Blauer Portugieser, Blauer Silvaner, Blauer Spätburgunder, Blauer Trollinger, Dornfelder, Grauer Burgunder, Grüner Silvaner, Müller-Thurgau, Müllerrebe, Roter Elbling, Roter Gutedel, Roter Riesling, Roter Traminer, Weißer Burgunder, Weißer Elbling, Weißer Gutedel, Weißer Riesling. Ursprünglich war eine massive Verkleinerung der Liste geplant gewesen. Letztlich werden nur die Rebsorten Bacchus, Domina, Kerner, Rieslaner und Scheurebe aus der Liste gestrichen. Diese Änderung gilt seit dem 08.05.2021.

ZUSAMMENFASSUNG

Es ist ein erster Schritt hinsichtlich des Übergangs vom germanischen Qualitätssystem zum herkunftsgeprägten romanischen Bezeichnungssystem gelungen. Einige weitere werden folgen müssen und es ist ein laufender Prozess. Gewisse Aspekte, die in den letzten drei Jahren kontrovers diskutiert wurden, wie z.B. eine mögliche Reform des Prädikatssystems, wurde erstmal verworfen bzw. verschoben. Aus Sicht des DWV handelt es sich um einen Schritt in die richtige Richtung, um die deutschen Weine - im weltweiten Vergleich, aber auch national - zu stärken und angepasst an den modernen Markt und den sich stetig ändernden Verbraucherwillen auf Dauer zu profilieren. Nun ist es an den Erzeugern und Schutzgemeinschaften, die neu entstanden Möglichkeiten zu nutzen und innerhalb der Übergangsfristen die deutschen Weine zu profilieren und die durchaus bestehenden Herausforderungen mit Unterstützung des DWV anzugehen und eventuelle Unsicherheiten und Probleme gemeinsam zu lösen. (md, cs, jk)

 

Schlagworte

ddw 08/24 vom 19. April 2024

Themen der Ausgabe

Weinbau

Die neue Humustheorie

Interview

ddw im Gespräch mit Ron Richter von klimafarmer
und Philipp Wedekind vom Weingut Wedekind

Kellertechnik

Entwässerungssysteme richtig planen