Erfassung nur noch digital

Geht es nach den Plänen der Bundesregierung, wird nicht nur der Mindestlohn im Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöht, auch die Aufzeichnungspflichten sollen detaillierter und bürokratischer geregelt werden. Die Aufzeichnungspflicht greift für regulär Beschäftigte in verschiedenen Sparten, worunter auch die Gastronomie fällt, also auch Straußwirtschaften oder Gutsausschänke, darüber hinaus gilt sie bei allen Minijobs und kurzfristigen Beschäftigungen, unabhängig von der Branche, also auch in der Landwirtschaft, etwa bei Aushilfen oder Saisonarbeitskräften, wie Erntehelfern.

»Elektronisch und manipulationssicher«

Zurzeit ist ein Arbeitgeber bei der Wahl der Aufzeichnungsart noch frei – er kann die Aufzeichnungen etwa auf Papier, in einer Excel-Tabelle oder über spezielle Service-Dienstleister erledigen. Geht es nach einem Referentenentwurf der Bundesregierung, muss die Arbeitszeitaufzeichnung in Zukunft »elektronisch und manipulationssicher« erfolgen. Dies ist in der Regel nur mit speziellen kommerziellen Programmen oder Dienstleistungen möglich. Auf Betriebe, die bisher auf anderen Wegen aufzeichneten, kommen Kosten zu. Betriebe, die bisher schon mit speziellen Programmen oder über spezielle Dienstleister die Arbeitszeit erfassten, müssen überprüfen, ob die Voraussetzung »manipulationssicher« gegeben ist.

Taggenaue Aufzeichnung

Verschärfend kommt hinzu, dass die Aufzeichnungsfristen extrem verkürzt werden sollen. Zurzeit gilt, dass Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens nach 7 Tagen erfasst sein mussten. Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, dass der Beginn der Arbeitszeit »unmittelbar vor« der Arbeitsaufnahme erfasst werden muss, Ende und Dauer der Arbeitszeit »am Tag der Arbeitsleistung«. Das wäre wohl das Ende von durch Arbeitnehmer selbst geführten wöchentlichen oder monatlichen »Stundenzetteln«. Und noch eine Bürokratiedraufgabe: Durch Änderung der Gewerbeordnung soll der Arbeitgeber »nach Ende des Abrechungszeitraums« die Arbeitsaufzeichnungen dem Arbeitnehmer »in Textform« zusenden.

Grenzverschiebungen

Daneben enthält der Referentenentwurf Erleichterungen bei der so genannten »Geringfügigkeitsgrenze«, zurzeit 450 Euro. Bisher war es so, dass bei Erhöhung des Mindestlohns Forderungen laut wurden, auch diese zu erhöhen.
Wohl um zukünftigen Diskussionen um Mindestlohn und Geringfügigkeitsgrenze zu entgehen, bringt der Referentenentwurf einen Automatismus. In Zukunft soll, so der Entwurf, die Geringfügigkeitsgrenze aus dem Mindestlohn errechnet werden: Mindestlohn x 130, geteilt durch 3, und das ganze aufgerundet. Die Grenze des so genannten Übergangsbereichs, in dem Arbeitgeber einen höheren Anteil der Sozialabgaben tragen müssen, soll jedoch fix bleiben, die obere Grenze soll aber von 1.300 Euro auf 1.600 Euro steigen, wobei aber durch eine neue Berechnungsformel der Anteil der Arbeitgeber steigen soll.

 

Kritik der Verbände

In einer gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes und des Gesamtverbandes der Deutschen Land- und Forstwissenschaftlichen Arbeitgeberverbände wurde die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Arbeitsstunde zum 1. 10. 2022 abgelehnt oder hilfsweise für die grüne Branche eine Verschiebung der Einführung und die Anhebung stufenweise über einen längeren Zeitraum gefordert. Dieser Stellungnahme hat sich der Deutsche Weinbauverband (DWV) mit eigener Stellungnahme angeschlossen und diese mit einem Schreiben an die Bundesminister Hubertus Heil und Cem Özdemir sowie an das parlamentarische Weinforum übersandt. In seiner Stellungnahme betont der DWV insbesondere für den Weinbau die Besonderheit, dass die für die Kulturlandschaft und den Tourismus besonders wichtigen Steillagen bei Hangneigungen über 30 Prozent noch heute zumeist mit der Hand bearbeitet und gelesen werden müssen. Bereits der drohende Verzicht auf Herbizide in den Steillagen sei ein schwerer Einschnitt, der eine vollständige Beikrautbeseitigung im Unterstockbereich mit der Hand erforderlich machen wird. Eine weitere Belastung der Betriebe könne für eine Vielzahl das Aus bedeuten und würde durch brachliegende Flächen den Tourismus und die angeschlossene Wirtschaft erheblich beeinträchtigen. (ha)

 

Update-> Im Regierungsentwurf sind die verschärften Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung nicht mehr enthalten

ddw 08/24 vom 19. April 2024

Themen der Ausgabe

Weinbau

Die neue Humustheorie

Interview

ddw im Gespräch mit Ron Richter von klimafarmer
und Philipp Wedekind vom Weingut Wedekind

Kellertechnik

Entwässerungssysteme richtig planen