Blockadehaltung gegen SUR und NRL

Die Europäische Volkspartei (EVP) stellt sich jetzt auch offiziell gegen wesentliche Nachhaltigkeitsziele der aus ihren Reihen stammenden EU-Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen. Das meldet die Nachrichtenagentur AgraEurope (AgE). Abgeordnete der EVP hätten gegenüber AgE bestätigt, dass die EVP die Vorschläge der Kommission zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) sowie zum Naturwiederherstellungsgesetz (NRL) ablehnt. Auf einem Parteitag der EVP in München wurde das Positionspapier »Industriestandort Europa 2050« verabschiedet, in dem die Forderung an die EU-Kommission steht, sie solle bestimmte »belastende Vorschläge zurückziehen«. An oberster Stelle: das EU-Naturschutzpaket mit den Teilen SUR und NRL. Für beide will die EVP einen Ablehnungsantrag in den Ausschüssen stellen.
Beim NRL befürchtet die EVP die Stilllegung »riesiger Flächen« mit der Folge steigender Lebensmittelpreise bei sinkender Ernährungssicherheit, verbunden mit Einkommensverlusten in der Landwirtschaft. Damit setze die »nach größerer, globaler Unabhängigkeit strebende EU ausgerechnet den Agrarsektor aufs Spiel«. Auch bei den SUR-Vorschlägen sieht die EVP die Gefahr, dass Europa auf dem Weltmarkt wettbewerbsunfähig« werde und »abhängig von qualitativ schlechteren Importen aus Drittstaaten«. Zudem würde ein Pflanzenschutzmittelverbot in »empfindlichen Gebieten« für viele einem faktischen Berufsverbot gleichkommen. »Wir brauchen erst die Alternativen, bevor wir an der Pflanzenschutzmittelreduktion arbeiten«, so die EVP in ihrem Positionspapier.
Die SUR-Berichterstatterin des federführenden Umweltausschusses im Europaparlament, Sarah Wiener, sieht die Sache anders. Für sie sind nach AgE die Forderungen der EVP »verantwortungslos gegenüber den Bauern«, die sich »unabhängig vom teuren Input der Agrarindustrie« machen wollten. Landwirtschaft sei nur mit »pestizidfreien Ackerböden« zukunftsfähig, ist Wieners Ansicht.
Die EVP stellt mit 175 Abgeordneten die größte Fraktion im insgesamt 705 Mandate umfassenden Europaparlament. Ob alle EVP-Abgeordneten aber tatsächlich dem Beschluss des Parteikongresses folgen werden, ist unklar. Eindeutig gegen die SUR und die NRL haben sich in der Vergangenheit lediglich die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sowie die »Identität und Demokratie« (ID) ausgesprochen. Sie verfügen über 66 beziehungsweise 62 Mandate.
In der Summe zählen diese beiden Gruppen und die EVP-Fraktion 303 Parlamentarier; dies wäre noch nicht die erforderliche Mehrheit, um die Kommissionsvorschläge zu Fall zu bringen. Deutliche Kritik an beiden Vorschlägen üben zwar auch Teile der zweitgrößten Fraktion, der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (SäkD), sowie der liberalen Gruppe Renew Europe (RE). Die überwiegende Mehrheit dieser Abgeordneten verfolgt jedoch einen konstruktiveren Kurs und beabsichtigt, wesentliche Änderungen an der SUR über den Trilog mit Rat und Kommission durchzusetzen. Lediglich die Grünen/EFA stehen hinter den meisten Zielen des SUR- und des NRL-Vorschlags. Eine unbekannte Größe ist die Gruppe der aktuell 48 fraktionslosen Europaabgeordneten. (AgE)

 

ddw 08/24 vom 19. April 2024

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