Die VDP-Pyramide umfasst (eigentlich) die vier Klassifikationsstufen Gutswein, Ortswein, Erste und Große Lage (Foto: VDP/Peter Bender)
Die VDP-Pyramide umfasst (eigentlich) die vier Klassifikationsstufen Gutswein, Ortswein, Erste und Große Lage (Foto: VDP/Peter Bender)

VDP-Pyramide mit fünf statt vier Stufen?

Sie ist der ganze Stolz des Verbandes der Prädikatsweingüter (VDP): die als Pyramide dargestellte Klassifikation der Weinqualitäten. Vierstufig ist sie in den meisten Anbaugebieten und beruht auf einer Einschätzung der Güte der Herkunftslagen. Sie hat allerdings keinen gesetzlichen Status, sondern ist eine privatrechtliche Vereinbarung der rund 200 Verbandsmitglieder. 

Die Klassifikation

Zu erkennen sind die Weinqualitäten äußerlich an den verwendeten Kapseln am Flaschenhals und der Nennung der Stufe auf dem Rückenetikett. An der Basis der Klassifikation finden sich Gutsweine und Ortsweine, die nur geringfügig reguliert aus beliebiger Anbaufläche oder Flächen innerhalb einer Gemeinde stammen. An der Spitze stehen die Weine aus »VDP.Grosser Lage« – bei den trockenen sind dies die mit GG abgekürzten Großen Gewächse. 

Dazwischen finden sich die »Ersten Lagen« analog den Premier Crus des Burgunds. Diese Stufe hatte der VDP nachträglich eingefügt, dem Vernehmen nach auch weil der Wegfall des trockenen Kabinetts als Einstieg in die gehobenen Regionen der Preisliste viele Mitgliedsbetriebe unerwartet hart traf. Die Umsetzung dieser Ergänzung stand den Regionalverbänden frei und ist noch nicht überall abgeschlossen.

Rheinhessens Alleingang

Zwei Versionen der Implementierung sorgen nun für Verwirrung und Diskussionen vor und hinter den Kulissen. Zunächst präsentierte der VDP Rheinhessen auf der Mainzer Weinbörse eine neue Zweistufigkeit in der Kategorie der Ersten Lage. Vor vier Jahren hatten die Rheinhessen bei der ersten Implementierung bereits einen Sonderweg gewählt. Sie verzichteten auf die Angabe einer konkreten Ersten Lage auf dem Etikett, bezeichneten die Weine stattdessen als (Ortswein) »aus Ersten Lagen«, verwendeten aber (optional) die für Weine dieser Qualität vorgesehene Flasche mit der Prägung 1G (für Erstes Gewächs).

Dieser Schritt kam vor allem Westhofener und Niersteiner Winzern zugute, denen schlicht die Ersten Lagen fehlten, die andererseits aber über viel Fläche in den GG-Lagen am roten Hang oder im Morstein verfügten. Denn für die Weine der Kategorie »aus Ersten Lagen« dürfen sie auch Trauben aus diesen verwenden. Dies führte in manchen Gemeinden zu einer Art »heimlichem Zweitwein« zum Großen Gewächs, einem Konstrukt, das der VDP unbedingt vermeiden wollte, lautet sein Credo doch: »Es gibt nur einen trockenen Wein aus VDP.Grosser Lage und der ist das Große Gewächs«. 

Die VDP-Pyramide (Quelle: VDP)
Die VDP-Pyramide (Quelle: VDP)
Pyramide mit 5 Stufen?

Mit dem Jahrgang 2022 präsentieren die Rheinhessen jetzt zusätzlich klassische Erste-Lage-Weine mit Lagenbezeichnung und eigener Kapsel »VDP.Erste.Lage«, die preislich allesamt über den bisherigen Erste-Lage-Weinen liegen. Es gibt damit in Rheinhessen de-facto fünf Preiskategorien mit fünf verschiedenen Kapseln. 

Darauf angesprochen verwies der Bundes-VDP an den Regionalverband. Dessen Vorsitzender, Johannes Hasselbach vom Weingut Gunderloch, begründete die Verwendung von fünf verschiedenen Bezeichnungen mit der aktuellen weinrechtlichen Situation und versicherte, man werde in der Kommunikation darauf hinarbeiten, »dass der Verbraucher die inhaltlichen Unterschiede der beiden Weintypen aus Ersten Lagen nicht als hierarchische Merkmale wahrnimmt.«

Abweichler auch an der Mosel

Der Regionalverband Mosel indes setzt bei der Einführung der Ersten Lage auf eine noch deutlichere Abweichung von der bestehenden Praxis. Das Weingut Maximin Grünhaus bietet seit diesem Jahr einen Riesling mit der Bezeichnung »Grünhäuser 1G« mit der Ergänzung »Purely singular: Herkunft aus den Großen Lagen« an. Es handelt sich um eine Cuvée aus den drei Großen Lagen des Weinguts, die mit 1G-Logo ohne Lagenangabe auf dem Etikett erscheint. In der begleitenden Kommunikation bezeichnet das Weingut den Wein als VDP.Erste Lage. Brisanz gewinnt dieser Schritt auch dadurch, dass Grünhaus-Senior Dr. Carl von Schubert Vorsitzender des VDP-Mosel ist. Es handelt sich hier also nicht um irgendein Mitglied, welches vielleicht die Klassifikation missverstanden hat.

Auf die Entwicklung angesprochen, verwies der Bundes-VDP auf anstehende Gespräche mit dem Regionalverband, die man erst abwarten wolle, bevor eine Stellungnahme erfolgen würde. FB

Im Interview mit WEINWIRTSCHAFT spricht VDP-Geschäftsführerin Theresa Olkus auch über die Einheitlichkeit der Klassifikations-Pyramide. Hier geht es zum Artikel.

Ausgabe 10/2023

Themen der Ausgabe

Weinbezeichnung, Etikett & Co

Wie sehr vertraut der Verbraucher auf das, was auf der Flasche steht? Und wie gut kennt der Weinkenner die Weinbranche? Eine Geisenheimer Studie klärt auf.

Auf fremdem Terroir

Exotische Rebsorten in Deutschland: Klimawandel-Chance oder Vermarktungs-Nische?

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Andreas Kofler im Interview über die Lagen-Reform und warum das Gebiet zugänglich bleiben muss.