Logo HVE (Screenshot von Webseite)
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Striktere Regeln für HVE-Zertifizierung

Am 18. November 2022 waren in Frankreich weitreichende Änderungen bezüglich des Umweltschutz-Labels Haute Valeur Evironnementale (HVE) beschlossen worden, am 1. Januar 2023 sind diese in Kraft getreten. Bislang gab es zwei Wege, die Zertifizierung zu erreichen. Künftig kann die Zertifizierung nur noch anhand von Bewirtschaftungskriterien aus dem aktualisierten Lastenheft (einer Liste mit Maßnahmen, die befolgt werden müssen, um das Siegel zu erlangen) erreicht werden. 

Diese basieren auf verschiedenen Ergebnisindikatoren im Bereich Biodiversität, Pflanzenschutzstrategie, Düngemanagement und Bewässerungsmanagement – beispielsweise bringt es Punkte »Agrarökologische Infrastrukturen« (dazu gehören Pflanzungen wie Hecken etc., die als Habitat für Flora und Fauna dienen) anzulegen, ebenso wie weniger Herbizide zu spritzen. 

Die zweite Möglichkeit bezog sich auf den Gesamtbetrieb. Betrachtet wurde beispielsweise der Anteil der Brachflächen/Grünflächen an der gesamten Betriebsfläche oder das prozentuale Verhältnis von Umsatz zu Betriebsmittelausgaben für Spritzmittel und Co. Diese Möglichkeit soll von nun an entfallen. 

Kritik an den Änderungen

Aus der Branche gibt es einige kritische Stimmen zu den neuen Regelungen. So sind die Weinbauberater laut einem Bericht von Vitisphere zwar optimistisch, dass die Mehrheit der Winzer in der Lage sein wird, die neuen Auflagen zu erfüllen, monieren allerdings die zeitaufwendige Verwaltungsarbeit. Auch wurde kritisiert, dass je nach Region unterschiedlich häufig Herbizid gespritzt werden darf. Diskussionen um die neuen Regelungen für das Ausbringen von Stickstoffdünger kommen hinzu. 

Umweltverbände hatten andererseits in der Vergangenheit das HVE-Label als »Greenwashing« kritisiert. Der auf Landwirtschaft und Lebensmittel spezialisierte Brancheninformationsdienst Réussir und Vitisphere berichten von einer Sammelklage vor dem obersten Verwaltungsgericht. Mehrere Verbände aus den Bereichen Verbraucherschutz, Umweltschutz und Biogewerkschaften klagen gegen die (erneuerten) Regelungen, da weiterhin gesundheitsgefährdende Herbizide ohne Punktabzüge für zertifizierte und zertifizierungswillige Betriebe gespritzt werden dürften.

Tatsächlich sind derlei Punktabzüge nicht vorgesehen, es soll jedoch Punkte für Betriebe geben, die den Einsatz von sogenannten CMR2-Mitteln (CMR steht für krebserregend, mutagen, reproduktionstoxisch) reduzieren. Die Kläger stützen sich auf einen Bericht des Office Français de la Biodiversité (OFB), in dem gefordert wird, die Zertifizierungsrichtlinien stärker zu überarbeiten.

Der HVE-Verband kontert, er werde zum Sündenbock für die Probleme des Bioweinbaus gemacht.

Die Bedeutung des Siegels

Die Zahl der HVE-zertifizierten Landwirtschaftsbetriebe ist seit Einführung des Labels 2017 exponentiell gewachsen. Waren im Oktober 2017 noch 786 Betriebe zertifiziert, waren es im Januar 2019 schon rund doppelt so viele (1.513) und zur letzten Erfassung im Juli 2022 bereits 29.898, wie das französische Landwirtschaftsministerium vermeldet. Das kann entweder auf ein stark wachsendes Umweltbewusstsein in der französischen Landwirtschaft hindeuten – oder ein Zeichen dafür sein, dass das Siegel bislang eher einfach zu erlangen war. Etwa drei Viertel der Betriebe sollen aus dem Bereich Weinbau sein. VM

Ausgabe 8/2024

Themen der Ausgabe

Württemberg

Die Bewirtschaftung zu teuer, die Bestockung sehr rot – die Weingärten im Ländle stehen vor Veränderungen.

Christof Queisser

Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Rotkäppchen-Mumm im Interview.

Sommerwein

Wenn die Sonne scheint, muss es nicht immer weiß sein – wann Rotwein auch im Sommer passt.