Rheinhessen protestiert für weniger Bürokratie (Credit: Hans-Thomas Zimmerer)
Rheinhessen protestiert für weniger Bürokratie (Credit: Hans-Thomas Zimmerer)

Kein Weinausschank in Rheinhessen?

Aufstand in Rheinhessen: In der Gemeinde Undenheim hat sich am 30. Mai großer Protest formiert, bis zu 550 Menschen gingen laut den Organisatoren mit Plakaten auf die Straße, »Make Schankerlaubnis Great Again« stand beispielsweise darauf. 

Ihr Unmut richtet sich gegen eine neue Verordnung, die das örtliche Ordnungsamt auf Anweisung des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums seit kurzem nicht nur in Undenheim umsetzen lässt: Immer häufiger, so berichten die Organisatoren des Protests, verböten die Behörden den Weinausschank bei kleinen Events. So wurden etwa die traditionellen »Hüttenabende« untersagt. Diese jedoch würden den Vereinen helfen Einnahmen zu generieren. Der Weinausschank wurde per Losverfahren an örtliche Vereine wie den Gesangs- oder Fußballverein vergeben, wobei verschiedene Vereine innerhalb eines festgelegten Zeitfensters an derselben Location Wein ausschenken konnten. 

Die Begründung des Amtes: Die Veranstaltungen hätten vielmals keinen »besonderen Anlass«, vielmehr seien immer regelmäßiger Ausnahmen erteilt worden. »Wenn der Ausschank keine Ausnahme mehr darstellt, sondern regelmäßig stattfindet, stellt dies die kommunalen Ordnungsbehörden vor Herausforderungen. In diesem Fall ist eine gaststättenrechtliche Ausschankgenehmigung (§ 2 GastG) erforderlich«, antwortet das Wirtschaftsministerium auf Anfrage von WEINWIRTSCHAFT. Wer einmalig Wein ausschenken will, muss also deutlich einen Anlass oder ein Motto nachweisen können.

Streng ausgelegtes Bundesrecht

Das Gaststättengesetz gilt bundesweit, es handelt sich also nicht um ein rheinhessisches Problem. Doch, so scheint es, wird in Mainz die Auslegung der rechtlichen Grundlagen nun besonders streng gehandhabt. Ursache hierfür, so berichtet die Allgemeine Zeitung, sei auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, allerdings bereits aus dem Jahr 2019. Dies hätte zur Folge gehabt, dass alle Länder angehalten seien, stärker auf die Einhaltung der korrekten Bedingungen für Ausschankgenehmigungen zu achten.

Der Verbandsbürgermeister Martin Groth (FWG) äußerte im SWR zwar Verständnis für den Unmut, aber man müsse sich an geltendes Recht halten. Auch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP), selbst Rheinhessin, sieht laut SWR viele der Weinevents als positive Bereicherung des kulturellen Lebens, jedoch erfüllte eine regelmäßig stattfindende, also quasi anlasslose Veranstaltung, nicht die Voraussetzungen für eine sogenannte »einmalige Gestattung« des Ausschanks.

Wer also regelmäßig Wein ausschenken möchte, müsste demnach nun eine Konzession beantragen, genau wie ein Restaurant etwa. Das wiederum empfinden die Vereine als unfair, da sie damit auch weitreichendere Auflagen und Richtlinien einhalten müssten. Auch sehen sie sich nicht in Konkurrenz zur Gastronomie, wo die Besucher nach dem »Schoppe« einkehrten.

Gesetzesänderung gefordert

Mit ihrem Protestaufzug wollen die Demonstrierenden »einen fairen Umgang mit den Vereinen und Förderern des Dorflebens sowie erleichterte Voraussetzungen für zukünftige Ausschankmöglichkeiten erreichen«, so Organisatorin Claudia Schneider.

Auch die örtliche Politik mischt mit, so verlangt Hans-Thomas Zimmerer, Ortsvorsitzender der CDU Undenheim: »Wir als CDU fordern, dass die negative Entscheidung umgehend rückgängig gemacht wird und die Gesetzeslage dem Brauchtum entsprechend angepasst und weiterentwickelt wird.« Inzwischen wurde auch eine Petition gestartet, mit der man erreichen will, dass das Landesgesetz überarbeitet wird, um so großzügigere Auslegungen zu ermöglichen.

Der Ausgang der Causa Weinausschank Rheinhessen ist noch ungewiss. Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium, die örtlichen Behörden und die Verbände stünden im Austausch, heißt es, und suchten gemeinsam nach einer Lösung. PD/AW

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Ausgabe 8/2024

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