Prof. Dr. Simone Loose mit Alexandra Wrann (re.) und Clemens Gerke (li.) von der WEINWIRTSCHAFT (Foto: Wrann/Gerke, Meininger Verlag)
Prof. Dr. Simone Loose mit Alexandra Wrann (re.) und Clemens Gerke (li.) von der WEINWIRTSCHAFT (Foto: Wrann/Gerke, Meininger Verlag)

»Eine Art Marktversagen«

Prof. Dr. Simone Loose zählt zu Deutschlands wichtigsten Weinwissenschaftlern. Im Interview mit der WEINWIRTSCHAFT spricht  sie über den Strukturwandel, digitalen Aufholbedarf und den Wunsch nach mehr Forschungsdaten.
 

Wie betrachtet die Wissenschaft­lerin die aktuelle Krisen-Situation?
Da geht es um zwei Dinge: Einerseits die ökonomische Nachhaltigkeit: Wie geht es der Branche langfristig? Und andererseits die aktuelle Lage. Aber wenn die Branche stabil und ökonomisch nachhaltig wäre, würde sie Letzteres ja relativ gut wegstecken können.

Wir werten in einer langfristigen, vom Land Rheinland-Pfalz finanzierten Studie die ökonomische Situation der Betriebe aus auf Basis von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen. Das Ergebnis ist: Gut die Hälfte bis zu Zweidrittel sind in der Lage für ihre Familie ausreichend Einkommen zu generieren und die knappe Hälfte ist in der Lage, auch ihr Kapital, das sie einsetzt, mit 3 Prozent zu verzinsen. Das ist nicht viel.


Das heißt, die ökonomische Nachhaltigkeit ist eine große Baustelle für die Branche. Viele Betriebe kommen noch mit sehr, sehr geringem Einkommen gerade so klar und irgendwann geben sie auf, meist beim Generationenwechsel. Da wird teilweise noch vollkommen unökonomisch mit falschen Preisen gearbeitet, die nicht kostendeckend sind, die aber Auswirkungen auf den gesamten Markt haben. Wenn alle Nachbarn um mich herum zu geringe Preise haben, dann falle ich aus dem Bild, wenn ich kostendeckende Preise setze. Und dieses Problem verschärft sich zurzeit massiv durch die Kostensteigerungen.

Es gibt laut unseren Daten überall erfolgreiche einzelne Betriebe, aber grundsätzlich zwei erfolgreiche Regionen: die Pfalz, weil sie großteilig aufgestellt ist, viel läuft über Direktvermarktung, es gibt viele gut reputierte Betriebe. Und zweitens Rheinhessen, die sind vom Preis geringer, aber profitieren von ihren großen Betriebsgrößen und der mechanisierten Bearbeitung.

Was sieht die Zukunft der anderen Anbaugebiete aus?
Winzer in den Steillagen an der Mosel haben den großen Vorteil der besseren Böden. Sie können dort immer noch 100 Hektoliter herausholen. Dort ist man von Klimawandel und Wasserstress noch nicht so betroffen, und profitiert massiv von der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Weintourismus. Württemberg möchte auch gerne mehr Weintourismus machen, die kennt nur kaum ein Mensch, und das kann man nicht über Nacht ändern.

Eine Marke aufzubauen dauert eine Generation. Gedanken mache ich mir aber auch über die trockenen Steillagen im Rheingau, an der Ahr oder in Franken, dort hat man erste Bewässerungsprojekte, die kostenmäßig vollkommen aus dem Ruder laufen. Ich kann doch nicht überall in Deutschland 50.000 Euro für eine Anlage zur Bewässerung ausgeben. Wo soll das Geld herkommen?

»Was müssen Sie denn machen, um einen Wein durch die Qualitätsprüfung zu bringen?

Da läuft noch ganz viel mit Fax. Das ist nicht ökonomisch.«

Manche Experten schlagen vor, dass Betriebe an der maximalen Ertragsgrenze produzieren und am besten die Flaschenweinproduktion sein lassen sollten.
Das sehe ich nicht so. Selbstvermarktung hat Zukunft. Die realen Preise des Fassweins sinken seit über 15 Jahren, wenn man das deflationiert. Das haben die Betriebe nur überleben können durch einen unglaublichen Rationalitätsdruck und extreme Größeneffekte von 50, 60, 70, 80, 90 Hektar. Das geht nicht mehr so weiter. Wo soll die Effizienz noch herkommen? Den kleinen Fassweinbetrieben geht es am schlechtesten. Die stehen mit dem Rücken an der Wand.

In Deutschland gibt es die gesetzliche Rebflächenbegrenzung mit 0,3 Prozent jährlicher Wachstumsmöglichkeit. Wie sinnvoll ist diese?

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Lesen Sie das komplette Interview in WEINWIRTSCHAFT 13/2022, die am 01. Juli erscheint. Hier geht es zum Shop, wo sie das Heft abonnieren, oder auch einzelne Ausgaben bequem bestellen können.

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Ausgabe 8/2024

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Wenn die Sonne scheint, muss es nicht immer weiß sein – wann Rotwein auch im Sommer passt.