Eine Weinreise durch Luxembourg

Eingerahmt von Belgien, Deutschland und Frankreich, liegt im Herzen Europas das kleine Grossherzogtum Luxemburg, ein Land, das seine Eigenständigkeit über Jahrhunderte zu bewahren wusste. Das gilt auch für die Küche und insbesondere für den Wein, der auf einem Streifen von 42 Kilometern Länge zwischen Wasserbillig und Schengen am linken Ufer der Mosel prächtig gedeiht.  

Beginnen Sie Ihre Erkundungsreise in Schengen – nicht, weil das durch die gleichnamigen Verträge die bekannteste Ortschaft des Landes ist, sondern weil hier am südlichsten Punkt des Anbaugebiets die pittoreske Luxemburger Weinstraße anfängt.

 „Schengen besitzt Top-Lagen für Pinot Blanc, die bekannteste ist der Markusberg“, wird Ihnen einer der „querköpfigsten“ Winzer des Ortes zu verstehen geben, sollten Sie ihm beim Spaziergang durch die hoch über dem Dorfkern gelegene Gemarkung begegnen. Empfehlenswert wäre es allemal, telefonisch einen Termin mit Henri Ruppert auszumachen. Allein der Besuch seines Weinkellers im ultramodernen Design ist lohnenswert. Der Neubau steht mitten im Markusberg, und neben dem eleganten Weißburgunder (Pinot Blanc) und dem vollmundigen Grauburgunder (Pinot Gris) aus der Sonderserie „Sélection 12“ überzeugt ebenfalls der nur in minimalen Mengen vorrätige Rotwein des Hauses, der Pinot Noir „Les Terrasses“. Dieser körperreiche, granatrote Spätburgunder wächst auf Quarzitböden im Stromberg, einem Weinberg, der zwar nur einige Kilometer von der Kellerei entfernt, aber bereits in Frankreich gelegen ist.

Die häufigsten Bodenarten an der Luxemburger Mosel sind Muschelkalk, Keuper- und Tonmergel. Das erklärt auch, warum die Burgundersorten hier optimal gedeihen und der Riesling sich fruchtiger und blumiger gibt als an der deutschen Mittelmosel. Sollten Sie es sich nach einem feuchtfröhlichen Intermezzo bei den Schengener Weinbauern im schmucken Dörfchen gemütlich machen wollen, geht nichts über einen Aufenthalt im stilvollen Schlosshotel Château de Schengen, das in einem Park mit uraltem Baumbestand unmittelbar am Flussufer liegt und zum längeren Verweilen einlädt. Bereits Victor Hugo war 1871 von der Gastlichkeit der Familie Collart-Laval, einer Industriellen- Dynastie, der das Château gehörte, überzeugt.

Sie wohnen in geschmackvoll eingerichteten Schlafgemächern und können auf Tuchfühlung mit kulinarischen Klassikern der Region im schlosseigenen Restaurant „Am Schlass“ gehen. Moselfische in vielen Variationen und deftige Spezialitäten wie „Tête de Veau“ sind hier gefragt. Alfred, seines Zeichens Oberkellner und der gute Geist des Hauses, wird es sich nicht nehmen lassen, Sie fachlich und mit einer Prise Humor bei der Auswahl der Speisen und der Weine zu beraten.

Im Nachbardorf Remerschen ist die Winzerfamilie Sunnen zu Hause. Yves Sunnen und seine Schwester Corinne Kox-Sunnen leiten zusammen den ersten und mit etwas über acht Hektar sicherlich größten Bio-Betrieb Luxemburgs. Das Jubiläum „Zehn Jahre ökologisches Weingut“ wird gerade mit dem neuen Crémant „Cuvée L & F“ gefeiert, einem Schaumwein mit filigraner Perlage und leicht nussigem Bukett, der durch seine gute Struktur und den säurebetonten Abgang beeindruckt. Wer in der Probierstube in der Rue des Prés einkehrt, sollte den rassigen Riesling „Wintrange Hommelsberg“ oder den an weißes Steinobst und Grapefruit erinnernden Pinot Blanc „Schengen Markusberg“ verkosten. Übrigens: Ausgediente Kiesgruben und Baggerweiher sind rund um Remerschen zum Naherholungsgebiet erklärt worden, Teile davon sind inzwischen Vogelreservate von nationaler Bedeutung. Mondorf-les-Bains ist von hier aus nur einen Steinwurf entfernt knapp hinter den sanften Hügeln der Remerschener Weingärten gelegen. Auf dem Weg in die Cité des Roses – nach den dort früher ansässigen Rosenzüchtern benannt – führt kein Weg an der Wellensteiner Kellerei vorbei, die zu den Domaines de Vinsmoselle gehört, Luxemburgs einziger Winzergenossenschaft. Deren Wein-Shop ist bemerkenswert, nicht nur, was das Sortiment, sondern auch, was die fairen Preise angeht. Neu auf der langen Weinliste ist der gehaltvolle 2009er Pinot Gris „Grevenmacher Groärd“, der zum 90. Firmenjubiläum der Caves de Grevenmacher gekeltert wurde und das Terroir perfekt widerspiegelt. Topweine von Vinsmoselle sind auch der Pinot Gris „Art & Vin 23“ sowie der neuste Crémant „XX “, den Kellermeister Guido Sonntag als limitierte Spezialcuvée zum Jahrestag der offiziellen Anerkennung der hochwertigen Luxemburger Schaumweine kreiert hat. Ohnehin steht dem Crémant, der ständig neue Anhänger findet, eine rosige Zukunft bevor.

Im Thermalbad in Mondorf angekommen, erübrigt sich die Suche nach einem Etablissement mit feiner, französisch angehauchter Küche in ansprechendem Ambiente. All das bietet nämlich „Le Jangeli“, das von der Spitzen-Sommelière Dominique Rizzi geleitete Restaurant des „Parc Hotels“, und erholsamer Schlaf ist in den zur Parkseite gerichteten Zimmern des Hauses eine Selbstverständlichkeit. Sportlich kann der Tag in den Schwimmbecken der Thermalbäder des Kurortes Mondorf begonnen werden, und am späten Vormittag geht es vorbei an der modernen Crémant-Kellerei der Caves Gales in Ellange-Gare nach Remich. Wer ein gastronomisches Highlight während der Erkundung des „anderen Moselweins“ ins Programm einbauen möchte, sollte sich Ellange-Gare und „La Rameaudière“ merken. Hier kocht Daniel Rameau, seines Zeichens Europa-Präsident der Köche-Vereinigung „Eurotoques“, immer noch selbst, was als Garant für gastronomischen Genuss gelten darf. Wussten Sie eigentlich, dass Luxemburg im Verhältnis zu seiner Fläche das größte Aufgebot an Sterneköchen des alten Kontinents zu bieten hat?

Schließlich bringt uns der Panoramablick vom „Scheierbierg“ auf die Weinberge und die größte Stadt an der Luxemburger Mosel wieder zum Thema. Denn Remich ist eine Hochburg des Weins, wo Besuche bei gleich drei Weinkellern anstehen. Der Weg führt vorbei am schön gelegenen „Hotel des Vignes“, wo der Kunde nicht nur luxuriöse Zimmer mit Blick auf das Moseltal buchen kann. Das Familienhotel betreibt auch ein gutes Restaurant. Im „Le Pressoir“ tafelt man äußerst gediegen, und zwar mitten im Weinberg. Oben am anderen Ortseingang von Remich liegt das Weingut Bastian. Als Mitglied der auf hohe Qualität ausgelegten Winzervereinigung Domaine & Tradition ist es zuerst der fruchtige Pinot Blanc „D&T“, der im Ansatz an gelbes Kernobst erinnert und mit mineralischen Noten im Nachhall anspricht. Jasminblüte, Grapefruit- und Süßholzaromen sind typisch für den 2009er „Gris de Gris Grauburgunder“, während der weiß gekelterte Pinot Noir sein Bukett von Veilchen und Aprikosen erst nach einigen Minuten im Glas offenbart. Etwas schwer zu finden, indes sehr lohnenswert, sind die Caves Krier Frères im Stadtkern von Remich. Marc Krier und sein Kellermeister Arno Bauer setzen auf diverse Qualitätslinien, wobei „Domaine Privé de la Maison“ die Bezeichnung für die ausdrucksvollen Terroir-Weine des Hauses ist. Ein Klassiker und eine sichere Wahl ist auch der Crémant Millésime Brut, von dem gegenwärtig in der Kellerei der 2008er vermarktet wird.

Nicht weit vom Fluss entfernt befindet sich die Kellerei Desom. 1922 gegründet, wurde der Familienbetrieb in den letzten Jahren ständig modernisiert. Auch die Weine haben durch den Einsatz von Marc Desom, dem jüngsten Spross der Familie, zum Höhenflug angesetzt. Modern und mit Nuancen von roten Waldfrüchten punktet der Rosé 2010 aus Pinot Noir, der als Terrassenwein so manche Exemplare von der Côte d’Azur in den Schatten stellt. Eine gute Harmonie und ein vielschichtiges Bukett zeichnen den Riesling „Wormeldange Wousselt“ aus, derweil der Riesling „Koeppchen“ mit kräuterwürzigen Aspekten und schöner Struktur von sich reden macht. Beim Nachbarn, dem Pavillon St Martin – einer kulinarischen Institution an der Remich Mosel-Esplanade –, gibt es eine der besten „Friture de la Moselle“, kleine, gebackene Moselfische, zu denen vorzüglich ein süffiger Auxerrois des Hauses schmeckt. Stromabwärts auf der „Route du Vin“ geht es vorbei an Stadtbredimus, wo sich eine der großen Moselschleusen befindet. Wanderer und Radfahrer haben es übrigens entlang der Mosel leicht. Eigens angelegte Wege ohne Höhen und Tiefen gibt es hier en masse. Cep d’Or, ein in Sichtbetonweise errichtetes Weingut, ist unsere nächste Anlaufstelle. Neben beerigen Stillweinen und weinigen Jahrgangs-Crémants, die als perfekte Essensbegleiter gedacht sind, baut Winzermeister Jean-Marie Vesque auch einen seltenen, frisch-filigranen Muskat Ottonel aus, der nicht nur wegen des orangefarbenen Etiketts an exotische Früchte denken lässt. Eine weitere Etappe an der hiesigen Weinstraße ist Ehnen. Hier steht das nationale Weinmuseum, und auf einem Rundgang durch die Geschichte des Luxemburger Moselweins kann man viel Neues erfahren.

Alice Hartmann klingt eigentlich nach Kino und nach Rebellion, dennoch ist der Name seit jeher Programm in der Weinszene des Großherzogtums. Eine schillernde Persönlichkeit war die Dame, deren Namen das elitäre Weingut immer noch trägt, auf alle Fälle. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts ließ sich die Winzerin und geschickte Geschäftsfrau zu ihren Kunden fahren. Es war eine relativ leichte Aufgabe für ihren Chauffeur, denn Alice hatte nur zwei Kunden: den Großherzog von Luxemburg und die ARBED, eine riesige Stahlhütte, deren Vorstand eben diese Weine aus Wormeldingen zu zahlreichen Sitzungen kredenzte. Von exklusivem Charakter sind nach wie vor die Rieslinge, der Chardonnay und die nach Champagner- Art ausgebauten Crémants. Nach fünf Minuten Autofahrt gelan Der gen wir nach Ahn, einem Moseldörfchen mit interessanten Perspektiven, auch in Sachen Wein. Vor Jahren wurde dort erstmals Chardonnay angepflanzt. Winzer Armand Schmit-Fohl war der erste, der die internationale Sorte in Luxemburg kelterte. Barrique-Ausbau und innovative Kellerwirtschaft zeichnen den Betrieb aus. Wer Toastnoten im Weißwein liebt und die Aromen der Bourgogne mag, wird im neuen Tasting Room in Ahn fündig. Letzte Station unserer Entdeckungsreise rund um den etwas anderen Moselwein ist Grevenmacher, denn keine fünf Kilometer weiter, in Wasserbillig, wo die Sauer in die Mosel mündet, endet auch das Luxemburger Weinbaugebiet.

Abi Duhr ist Oenologe, Professor an der Diekircher Hotelfachschule, und – vor allem – Winzer. Seit Jahrzehnten als „personnage inouï“ eingestuft, ist er Vorreiter in Sachen exzentrischer Moselwein. Auf das Konto dieses Idealisten, dem im Ausland große Anerkennung gezollt wird, geht eine Erfindung Namens „Clos du Paradis“. Die Bezeichnung steht für eine bedeutsame, paradiesische Cuvée. Nach dem Motto „Es muss nicht immer Riesling sein“ hat Abi Duhr es über die Jahre geschafft, den wohl außergewöhnlichsten Auxerrois Luxemburgs zu keltern. So mancher Experte konnte das Geheimnis um die Vielschichtigkeit dieses Weißweins nicht lüften, und dass der „Bromelt“ ein mineralisch-floraler Elbling aus 1942 gepflanzten Reben ist, wissen auch nur wenige. Sehr spät hat Abi Duhr auch den aussagekräftigen 2009er Riesling Paradäis gelesen, dessen Bukett nach Zitrusfrucht und Rhabarber selbst gestandene Kenner verzückt. Individualität zeichnet die Weine von Château Pauqué (Abi Duhr) aus, und Eigenständigkeit ist so gesehen allen Luxemburger Winzern das Wichtigste. Vom gelungenen Resultat im Glas und auf der Flasche konnten wir uns auf der Fahrt durch die bislang noch eher wenig bekannte Weinregion im Herzen Europas überzeugen.   

Romain Batya

 

Information

Weingüter und Kellereien

Weingut Ruppert Henri
100, route du Vin, L-5445 Schengen
+352 23664230
www.domaine-ruppert.lu

Bio-Weingut Sunnen-Hoffmann
6, rue des Près, L-5441 Remerschen
+352 23664007
www.caves-sunnen.lu

Kellerei Wellenstein – Winzergenossenschaft Domaines
de Vinsmoselle
37, rue des Caves, L-5471 Wellenstein
+352 2666141

RESTAURANTS AM FLUSS

La Rameaudière
10, rue de la Gare
L-5690 Ellange-Gare
+352 23661063
www.larameaudiere.lu
In dem Restaurant mit Landhaus-Charme kocht man traditionsbewusst und à la Haute Cuisine. Der Weinkeller ist regional und qualitativ hochwertig bestückt.

Pavillon St. Martin
53, route de Stadtbredimus
L-5570 Remich
+352 23669102
www.pavillonstmartin.eu
Das urige Restaurant liegt am Wasser, man speist mit Flussblick und die hauseigene Weinkellerei versorgt den Gast mit Flüssigem. Die Küche des Pavillon bietet einfache, regionale Kreationen ebenso wie große Menüs.

STILVOLLE HOTELS MIT FLAIR

Château de Schengen
2, Beim Schlass
L-5444 Schengen
+352-236638
www.chateau-de-schengen.lu
Das Schloss liegt am Moselufer, 30 Kilometer von Luxemburg Stadt entfernt. Das geschichtsträchtige Hotel glänzt mit High-Class-Austattung. Die Feinschmeckerküche und der Weinkeller versorgen die Gäste mit regionalen Spezialitäten.

Hôtel des Vignes
29, route de Mondorf
L-5552 Remich
+352 23699149
www.hotel-vignes.lu
Das Drei-Sterne-Hotel inmitten von Reben bietet auch Golfen und Wandertrips. Im Panorama-Restaurant gibt es regionale und französische Speisen, Hummer- und Wildfreunde kommen auf ihre Kosten.

Mondorf Parc
Avenue Dr. Feltgen
L-5601 Mondorf-les-Bains
+352 23666 0
www.mondorf.lu
Hier heißt das Zauberwort Spa. In dem vier Sterne-Hotel werden Thermal- und Spa-Behandlungen geboten. Es hat 113 Zimmer, darunter 30 Suiten sowie vier Bars und Restaurants. Darunter das „de Jangeli“, das regelmäßig Sommelier-Abende veranstaltet.

Ausgabe 03/2024

Erhältlich ab 8. März: MEININGERS WEINWELT Ausgabe 03/2024

Themen der Ausgabe

Feines Frische-Duo

Mineralischer Albariño schmeichelt Fischeintopf mit Gemüse: Das Winepairing zum Start ins Frühjahr hat sich Sommelier Emrah Isitmen aus Karlsruhe für Sie ausgedacht und damit eine Geschmackskombination für pures Atlantik-Feeling kreiert … »weiter zu Rezept & Weintipp

Rieslinge von Weltruhm

Bettina Bürklin-von Guradze hat das Pfälzer Topweingut Dr. Bürklin-Wolf perfekt für die Zukunft aufgestellt und verrät im Gespräch mit Chefredakteurin Ilka Lindemann, wie sie dabei Traditionen, Familie und Biodynamie unter einen Hut gebracht hat.

Weinbar-Guide London

Die Gastroszene der britischen Hauptstadt ist lebendig wie nie und kann zuweilen ganz schön überfordernd sein. Wir waren für Sie vor Ort und zeigen Ihnen in dieser Ausgabe die angesagtesten Weinbars und Locations für jeden Anspruch.