Unvermeidlich

Man muss Aldi für die Erhöhung der Preise dankbar sein. Natürlich sind die Preiserhöhungen für die Verbraucher in Zeiten grassierender Inflation eine zusätzliche Belastung, die mindestens bei denen, die ohnehin schon wenig Geld hatten, zu Konsumverzicht führen wird.

Wer in den letzten Monaten beobachtet hat, wie der Lebensmittelhandel alte Preise mit allen Mitteln verteidigt hat, konnte jedoch nur den Kopf schütteln und musste eine Realitätsverweigerung attestieren, die alle an der Produktion Beteiligten teuer zu stehen kommt. 

Aldis Schritt war also unvermeidlich, und die anderen Handelsketten ziehen schnell nach. Offensichtlich haben alle darauf gewartet, dass sich ein Konkurrent aus der Deckung traut. Man muss Aldi dankbar sein, dass sie das Spiel um das beste Pokerface im LEH nicht mehr mitgespielt haben.

Ob es einen Wettbewerber gibt, der bald für ein bis zwei Wochen damit wirbt, dass er billig bleibt und anschließend klammheimlich die Preise erhöht? Überrascht wäre niemand. Eine Auswertung der Discount-Eckartikel von Vicosmo für WEINWIRTSCHAFT zeigt immerhin, dass sich auch wein verteuert.

Clemens Gerke, Chefredakteur WEINWIRTSCHAFT
Clemens Gerke, Chefredakteur WEINWIRTSCHAFT

Das lange Warten bis zur unvermeidlichen Preiserhöhung zeigt, wie umkämpft der LEH ist und erklärt, wie bedrängt sich die Einkäufer des LEHs fühlen dürften. Es ist erschreckend, dass der Kreislauf des sich gegenseitig Unterbietens nur durch große internationale Krisen unterbrochen werden konnte. Angesichts der anhaltenden Kostensteigerungen ist klar, dass diese Preiserhöhung nicht die letzte gewesen sein wird.

Ich bin jedoch skeptisch, dass es zu grundlegenden Änderungen im Umgang von Handel und Erzeugern gibt, auch wenn dies im Sinne einer funktionierenden Volkswirtschaft zu wünschen wäre. Und genau darauf wird es in den kommenden Monaten ankommen – angesichts von unterbrochenen Lieferketten, Warenengpässen und Kostensteigerungen die Wirtschaft am Laufen zu halten.
 

Ausgabe 8/2024

Themen der Ausgabe

Württemberg

Die Bewirtschaftung zu teuer, die Bestockung sehr rot – die Weingärten im Ländle stehen vor Veränderungen.

Christof Queisser

Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Rotkäppchen-Mumm im Interview.

Sommerwein

Wenn die Sonne scheint, muss es nicht immer weiß sein – wann Rotwein auch im Sommer passt.