Chefredakteur Sascha Speicher blickt lieber auf Unbekanntes in Deutschland, Spanien oder Italien als Spagat und Handstand für hochgejazzte Burgunder zu vollführen ; Foto: Ralf Ziegler - Ad Lumina
Chefredakteur Sascha Speicher blickt lieber auf Unbekanntes in Deutschland, Spanien oder Italien als Spagat und Handstand für hochgejazzte Burgunder zu vollführen ; Foto: Ralf Ziegler - Ad Lumina

Auf nach Italien

Unser Autor Sebastian Bordthäuser schreibt einleitend in seiner Reportage über den Norden des Piemonts sehr treffend, es werde im digitalen Zeitalter immer schwieriger, echte Neuentdeckungen auszugraben, jedoch: „Der Klassiker Italien lässt einen selten im Stich und bietet immer wieder unbekannte Regionen mit reichem, entdeckenswertem Erbe.“ Italien, das gefühlt flächendeckend von den Alpen bis Sizilien von zum Teil winzigen Anbaugebieten mit unbekannten Rebsorten überzogen ist, besitzt auch angesichts des Klimawandels einen unschätzbar wertvollen Fundus. Zum Beispiel Alto Piemonte mit seinen plötzlich hochinteressanten Herkünften wie Gattinara, Lessona oder Bramaterra, die den Nebbiolo in neuen Facetten erstrahlen lassen. Ähnliches gilt auch für das Schaumweinmosaik Italiens. Überall wird getüftelt, und das mit Teils uralten, traditionellen Methoden.   

Das klingt nach einem Paradies für engagierte Sommeliers. So überrascht es ein wenig, dass auf vielen Weinkarten die Italien-Abteilung ein wenig wirkt, wie das berühmte fünfte Rad am Wagen. Das Interesse konzentrierte sich zuletzt auffallend stark auf Barolo und Barbaresco.
Die Musik spielt anderswo: Die Schaumweinauswahl – das ist hocherfreulich – explodiert auf den Karten, angefeuert durch die Dynamik in Deutschland und den Run auf den stark verknappten Champagner. Die zahlreichen Fachbesucher bei der erfolgreichen Premiere der Sparkling Twenties in Wachenheim konnten sich ein Bild von der enormen stilistischen Bandbreite des Flaschengärkosmos machen, sowohl innerhalb der Avantgarde der deutschen Sektmacher, aber auch im Vergleich mit den herausragenden Produzenten aus Katalonien.

Wie exzellent sich das Angebot deutscher Weine in vielen Weinbars und Restaurants darstellt, bekam die Jury zu spüren, als es um die Auswahl der ausgezeichneten Weinkonzepte ging, die von meiningers sommelier und dem VDP.Die Prädikatsweingüter im Rahmen der Mainzer Weinbörse geehrt wurden. Alles andere als eine leichte Entscheidung.

Maximaler Beliebtheit, die zuweilen fast an Hysterie grenzt, erfreuen sich in der Sommelerie und der Weinblase darüber hinaus die Chardonnays und Pinots aus Burgund. Viele vollführen Spagat und Handstand für einige der hochgejazzten Erzeuger, fahren, wenn es sein muss, hunderte Kilometer und ruinieren für alle Zeiten ihren CO2-Fußabdruck, nur um ein oder zwei Kistchen des begehrten Stoffes zu ergattern. Alles egal. Burgund ist die Kryptowährung der Weinjünger.
Darum meine Empfehlung: Ruhig mal wieder den Blick über die Alpen schweifen lassen. Zum Beispiel auf die Toskana, die sich in Teilen gerade neu zu erfinden scheint.

02-23

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Fellbacher Lämmler – der Alleskönner

PROFILE

Auf leiser Mission – Henne-Sommelier Fabrice Thumm inspiriert Kölns Weinszene

PROBE

VDP – der aktuelle Jahrgang