Zeigen sich mit der Ukraine solidarisch: Die Unternehmensgruppe von Henkell Freixenet, die auch eine Dependance in Kiew hat. (Foto: Henkell Freixenet)
Zeigen sich mit der Ukraine solidarisch: Die Unternehmensgruppe von Henkell Freixenet, die auch eine Dependance in Kiew hat. (Foto: Henkell Freixenet)

"Wir zeigen Flagge für die Ukraine"

Jan Rock, Unternehmenssprecher von Henkell Freixenet, sagt im Gespräch mit der Getränke Zeitung, warum das weltgrößte Schaumweinunternehmen sich in der Ukraine besonders mit Hilfsaktionen engagiert und welche wirtschaftlichen Folgen der Angriffskrieg Wladimir Putins hat.

Herr Rock, Henkell Freixenet hat in Kiew ein Vertriebsbüro, was geschieht dort mit dem Personal?

Was uns derzeit tatsächlich besonders beschäftigt ist die Frage, wie es unseren 28 Kolleginnen und Kollegen in unserem Tochterunternehmen Kiew geht. Wir stehen mit unserem Personal erst recht seit Kriegsausbruch täglich in Kontakt. Ihnen gilt zuvorderst erst einmal unsere humanitäre Aufmerksamkeit. Zuvor haben wir das Vertriebsbüro erst einmal geräumt und versuchen nun die Kommunikation mobil und via Teams aufrechtzuerhalten. Ende Februar haben wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwei Gehälter ausgezahlt, damit sie über eine gewisse Liquidität und Flexibilität verfügen. Sie halten sich mit ihren Familien in Kiew auf oder sind auf das Land gezogen. Wir haben sehr schnell ein persönliches Netzwerk mit den Geschäftsführern und führenden Vertretern unserer umliegenden Tochterunternehmen aus Polen, Ungarn, Slowakei, Rumänien sowie aus den baltischen Staaten organisiert, um vor allem Familien unseres Kiewer Büros relativ problemlos den Übergang an den Grenzen zu gewährleisten. Gleichzeitig tragen wir dafür Sorge, dass unsere Kiewer Kolleginnen und Kollegen von Menschen dort aufgefangen und untergebracht werden können. Während wir das Gespräch hier führen, sind erste Familienmitglieder bereits in Polen aufgenommen worden. Einige jedoch bleiben bewusst in Kiew bei ihren Eltern und Großeltern, um sich um sie zu kümmern und ihnen zur Seite zu stehen.

Welche Hilfe leisten Sie außerdem?

Wir haben einen internen Hilfsfonds eingerichtet, wo entsprechende Mittel auf Anfrage vor allem von unseren osteuropäischen Gruppenunternehmen für Hilfsaktionen für die Ukraine angefordert werden können. Wir sammeln auch unternehmensintern Geld, Hygieneartikel und Medikamente, weil das nach unserem Wissen gerade gefragt ist. Eine besonders große Unterstützung kommt aber vor allem seitens unserer Eigentümerfamilie: Die Geschwister Oetker haben sich zusammen mit dem Führungsgremium der Gruppenunternehmen dazu entschieden, eine Spende in Höhe von 1.500.000 Euro zu tätigen – aufgeteilt auf die beiden Ukraine Nothilfe-Programme von Unicef und Welthungerhilfe. Dafür sind wir sehr dankbar. Weitere Hilfsmaßnahmen – auch nichtfinanzieller Art – werden folgen. Gleichzeitig haben wir ein überwältigendes Engagement unserer Mitarbeiter an allen Standorten. Denn jeder, den dieses fürchterliche Ereignis gerade umtreibt, kennt das Gefühl, etwas tun zu wollen, helfen zu wollen. Wir sind daher als Organisation gefordert, unseren Kolleginnen und Kollegen ein Ventil zu bieten, diese positive Energie aufzufangen und zu bündeln. In Deutschland organisiert zum Beispiel unser Betriebsrat eine tolle Spendenaktion zusammen mit der Jugendvertretung, den Azubis und den Kolleginnen und Kollegen. 

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Jan Rock, Unternehmenssprecher Henkell Freixenet

Welche Konsequenzen hat die Ukrainekrise für die Unternehmenstätigkeit von Henkell Freixenet mit sich gebracht?

Mit Beginn der Kampfhandlungen haben wir unsere Exporttätigkeit nach Russland und nach Belarus ausgesetzt. Insofern haben wir unsere Konsequenzen gezogen. Es sind nicht unsere russischen Importeure oder Firmen, die für diese Situation verantwortlich sind. Es ist die Schuld eines Staates, die von einer bestimmten Einzelperson geführt wird. Wir haben daher dort unsere Geschäftstätigkeit ausgesetzt und unsere Partner entsprechend informiert. Was die Lieferketten angehen, sind manche Probleme zu lösen, was uns aber nicht vor unlösbare Herausforderungen stellt. Bedeutend sind gleichwohl die dadurch nochmals befeuerten drastischen Preisentwicklungen – insbesondere im Energiebereich aber auch bei Verpackungsmaterialien und Logistik. Das wird uns sicher noch lange beschäftigen.

Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Wochen auch damit begonnen, kommunikativ Flagge zu zeigen. So haben wir vor unserer Firmenzentrale in Wiesbaden sowie an weiteren europäischen Standorten die ukrainische neben der europäischen Flagge gehisst. Nachts wird unser Glasdach in Wiesbaden blau-gelb illuminiert, um unsere Solidarität mit der Ukraine zu bekunden. Das sind Symbole, die wir auch auf unseren Social-Media-Kanälen ausspielen. Alle unsere Icons sind mit den ukrainischen Landesfarben versehen. Wir wollen im gegeben Rahmen einfach Flagge zeigen.

Wie wichtig ist für Henkell Freixenet der russische Markt bislang gewesen?

Der russische Markt ist nicht der Kern unseres Ost-Europageschäfts. Andererseits hat sich dieser Markt in den vergangenen Jahren durchaus sehr positiv entwickelt. Gerade für unsere internationalen Marken hatte sich ein zunehmend lukrativer Markt aufgetan. Rein wirtschaftlich betrachtet ist die jetzige Situation natürlich bedauerlich. Aber wir haben unseren Rückzug aus diesem Land aus den bekannten Gründen bewusst getätigt. Die Entscheidung ist aus unserer Sicht alternativlos. Der Kern unseres Ost-Europageschäfts liegt gleichwohl in Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei.

Wie sehr ist die Wodkamarke Gorbatschow von dieser Situation betroffen?

Wodka Gorbatschow hat als Marktführer hierzulande eine große Bedeutung im deutschen Spirituosenmarkt. Die Marke wurde vor über 100 Jahren in Berlin gegründet und wird hier in Deutschland hergestellt. Wir haben hierzu von unserer Seite eine kleine Info rausgegeben, nachdem in einer Tagespressezeitung bei der Berichterstattung über russische Produkte versehentlich ein Bild von Wodka Gorbatschow gezeigt wurde. Wir wollten daher, bevor sich dieser Irrtum vielleicht weiter multipliziert, informieren, dass Wodka Gorbatschow eine deutsche Marke ist. Von der Handels- oder von der Verbraucherseite wurden jedoch kaum solche Herkunftsfragen gestellt. Auf dem Logo der Flasche ist ja auch klar zu lesen, dass die Marke 1921 in Berlin gegründet wurde. Die weiße Taube, die auf der Flasche prangt, steht für Reinheit und Klarheit unseres Wodkas, darf aber in diesen Zeiten bitte auch gerne als Friedenssymbol betrachtet werden.

Interview: Pierre Pfeiffer

 

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.