In den Zielen der Schutzgemeinschaft Rheinhessen herrschte Einigkeit zwischen dem Vertreter der Kellereien Wolfgang Trautwein (li) und dem Präsident des Rheinhessischen Weinbauverbands Ingo Steitz
In den Zielen der Schutzgemeinschaft Rheinhessen herrschte Einigkeit zwischen dem Vertreter der Kellereien Wolfgang Trautwein (li) und dem Präsident des Rheinhessischen Weinbauverbands Ingo Steitz

Rheinhessen will Landwein anschieben

»Wir wissen alle, dass die Winzer unter einem Ertrag von 10.000 Euro/ha nicht leben können«, sagte Wolfgang Trautwein als Vertreter der Weinkellereien in der Schutzgemeinschaft Rheinhessen bei der Herbstpressekonferenz in der Staatlichen Weinbaudomäne am 6. Oktober. Mit den Kellereien werden nach Trautweins Ansicht aber oft die Falschen an den Pranger gestellt. »Wir erfahren einen unglaublichen Druck aus dem Handel – gerade vom Discount. Wir haben in den letzten Jahren mit Modernisierungen viele Einsparungen realisieren können, aber das Ende ist erreicht.«

Über die Ausrichtung der Schutzgemeinschaft herrschte Einigkeit zwischen den Kellereien und den Winzern. So zeigte der Vorsitzende Ingo Steitz, zugleich Präsident des rheinhessischen Weinbauverbands, Verständnis für die Wünsche der Kellereien, gebietsübergreifende Rebsortenweine für Dornfelder und Müller-Thurgau zu erzeugen. Er wolle diese Möglichkeit aber nicht auf Ebene der Deutschen Weine, sondern in der g.g.A. Rhein ansiedeln, die alle Gebiete aus Rheinland-Pfalz sowie Rheingau und Hessische Bergstraße umfasst. Er sei auch bereit auf den von den Kellereien ungeliebten Begriff Landwein zu verzichten und erwarte, dass die Schutzgemeinschaft Rheinhessen dies anschiebe.

Die Lösung des g.g.A. scheint auch für die Kellereien praktikabel, doch sie sehen Probleme im Detail. So gebe es z.B. aus dem Mittelrhein entschiedenen Widerspruch, berichtet Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Verbands der rheinhessischen Weinkellereien. Hinzu kommt der maximale Alkoholgehalt bei g.g.A.-Weinen, der allerdings an den EU-Bestimmungen für die Weinbauzone gebunden ist. Auch hier gebe es aber Signale, dass eine Änderung möglich sei.

Abseits der Diskussion um die Rebsortenzulassung für Deutschen Wein oder g.g.A. bewertet Steitz die Weinrechtsreform als insgesamt gelungen. Er sprach sich gegen eine Überfrachtung der Herkunftspyramide aus. Zunächst müsse die Pyramide beim Verbraucher etabliert werden, bevor man weitere Details einbaue. ­

Bezüglich des Jahrgangs 2020 waren sich die Vertreter der Schutzgemeinschaft einig, dass sehr gesundes und qualitativ hochwertiges Lesegut eingefahren wurde. Steitz hält die letzte Ernteschätzung des Deutschen Weinbauverbands, die für Rheinhessen 2,45 Mill. Hektoliter Most prognostiziert, für realistisch. Damit liege man fast auf dem Punkt beim 10-Jahres-Mittel und treffe auf einen Markt, der diese Menge aufnehmen könne. Trautwein ergänzte, dass der Herbst in Abhängigkeit von den im Sommer gefallenen Niederschlägen neidisch ausgefallen sei. Auch bei den Rebsorten seien Unterschiede zu beobachten gewesen. Frühe Sorten, insbesondere Burgunder, hätten schlechtere Erträge geliefert als späte.

Dr. Bernd Prior, Abteilungsleiter Weinbau, Oenologie und Weinmarkt des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, erklärte, dass 2020 wieder ein trockenes Jahr gewesen sei. An den rheinhessischen Messstellen sind Niederschläge von 236–396 mm registriert worden, im Schnitt 273 mm. Ein sehr warmes Frühjahr habe für einen frühen Austrieb gesorgt, am Frost der Eisheiligen sei Rheinhessen jedoch weitgehend vorbeigeschrammt. Bezüglich Krankheiten und Schädlingen sei 2020 jedoch ein weitgehend entspanntes Jahr gewesen, auch wenn teilweise Oidium etwas zu spät erkannt worden sei. cg

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Ausgabe 8/2024

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