Die Traumlandschaft hat den Lugana nach vorne gebracht. Jetzt stellen Preiserhöhungen seine Beliebtheit auf die Probe
Die Traumlandschaft hat den Lugana nach vorne gebracht. Jetzt stellen Preiserhöhungen seine Beliebtheit auf die Probe

Alte Liebe rostet nicht

Die hohen Preisschwankungen der Fassweinpreise für den Bestseller vom Gardasee nerven die Händler seit vielen Jahren, zumal auch die großen, renommierten Privatkellereien ihren Bedarf selten ausschließlich mit eigenen Ressourcen decken können. Sie müssen zu Marktpreisen Trauben oder Fasswein zukaufen. In den vergangenen drei Jahren hatte sich die DOC dank marktregulierender Maßnahmen aus einer Schieflage befreit, den Folgen einer zu schnell gewachsenen Produktion. 

Die Talfahrt der Preise, die laut Informationen des Konsortiums im März 2020 den Tiefpunkt von einem Euro pro Liter erreicht hatte, wurde gestoppt. Das vorläufige Zurückhalten eines Teils der Erntemengen von 2019 und 2020, verschärfte Ertragskontrollen sowie das Verbot von DOC-Neuanlagen bis Juli 2023 sorgten für eine Erholung der Preise und einen ausgeglicheneren Markt. 

Die Nachfrage entwickelte sich gut, Lagerbestände konnten abgebaut werden. 2020 wurde 12,9 Prozent mehr Wein als 2019 abgefüllt, 2021 kam ein weiteres Plus von 12,4 Prozent auf 27,6 Mill. Flaschen hinzu. Und die Preise stiegen wieder. »Die Durchschnittspreise für Trauben und Fasswein spiegeln den realen wirtschaftlichen Wert der DOC Lugana wider, mit Steigerungen von 29 Prozent für Trauben und 69 Prozent für Wein« jubelte das Konsortium in seiner 2021er Bilanz. 

Den Zahlen liegen die Durchschnittspreise für 2020 und 2021 der Handelskammern von Brescia und Verona zugrunde, und sie sind schon wieder veraltet. Zwischen Dezember 2021 und März 2022 ging es noch mal von 3,25 auf 3,70 Euro pro Liter nach oben, aber zu diesem Zeitpunkt hatten die deutschen Italien-Spezialisten die Preisverhandlungen mit ihren Partnern schon abgeschlossen, im Schnitt lagen die Erhöhungen zwischen 7 und 9 Prozent. 
 

Neuer Name, neue Verpackung, gleicher Wein. Der Lugana von Sartori ist jetzt in der Linie »Arco dei Giovi« untergebracht

Widerstandsfähig

Die Nachfrage auf dem deutschen Markt ist noch immer sehr hoch. Die Jahrgangsweine der etablierten Betriebe sind ausverkauft, bevor die neue Ernte auf den Markt kommt. Aber das Wachstum hat Grenzen. Nehmen wir den Platzhirsch Ca’ dei Frati, der seit fast 30 Jahren von Vinissimo in München vertreten wird. 2020 konnte der Absatz noch zweistellig steigen, auch weil Ca’ dei Frati den Münchnern ein höheres Kontingent zur Verfügung gestellt hatte – Wein, der in Italien mangels Touristen nicht verkauft werden konnte. 2021 erwirtschaftete Vinissimo noch eine einstellige Zuwachsrate, und 2022 steht das gleiche Kontingent wie im Vorjahr zur Verfügung. Der Umsatz wird trotzdem steigen, denn die Teuerung beträgt 8 Prozent. 

»Wir schätzen den Bedarf deutlich höher ein als die Menge, die uns zur Verfügung steht. Neukunden nehmen wir nur in Ausnahmen auf, weil wir es vorziehen, unsere bestehenden Kunden bestmöglich zu bedienen. Zumindest für die Marke Ca’ dei Frati sehe ich im Lugana-Bereich noch Luft nach oben«, erklärt Willi Breuer, Vinissimos »Geschäftsführer im Unruhestand«. Das Weingut hat permanent in Rebflächen investiert, 2014 waren 120 Hektar in Produktion, heute sind es 200, weitere Investitionen sind geplant. Die Jahresproduktion beläuft sich inzwischen auf 3,5 Mill. Flaschen, davon gehen gut 40 Prozent in den Export mit Deutschland als Hauptabnehmer. Dieses Jahr verstärkt ein Metodo Classico Dosage Zero die Range.

Verspäteter Nachschub

Auch der zweite Lugana-Blockbuster, Zenato, hat die beiden letzte Jahre allgemein und im besonderen auf dem deutschen Markt besser als befürchtet überstanden. »Insgesamt stieg unser Umsatz 2021 gegenüber 2020 um 20 Prozent, und er lag auch 12 Prozent über den Ergebnissen von 2019. Neben Deutschland hat Italien besonders gut performt. In USA und Kanada verzeichneten wir konstantes Wachstum, vor allem mit unseren Premium-Weinen aus dem Valpolicella und der Lugana Riserva Sergio Zenato«, informiert Nadia Zenato. 

In Deutschland verkauft Zenato zu rund 60 Prozent die verschiedenen Spielarten des Lugana, in der Gesamtproduktion macht Lugana jedoch nur 30 Prozent aus. Der Rest fällt fast ausschließlich auf die Weine aus dem Valpolicella. Die Kellerei gibt an, die Preise 2022 auf allen Märkten angezogen zu haben, hüllt sich aber in Schweigen über die konkrete Höhe. 

Die Agentur ViP-Weine in Köln vermittelt seit 10 Jahren die Weine der Familie Olivini in San Martino delle Battaglie. »Der Jahrgang 2020 ist seit anderthalb Monaten ausverkauft, und wir freuen uns auf den qualitativ hervorragenden, fruchtbetonten Jahrgang 2021, der am 8. März 2022 abgefüllt wurde. Mit der Preiserhöhung von im Schnitt 8–9 Prozent haben wir keine Schwierigkeiten, weil Olivini die Preise die letzten vier, fünf Jahre nicht angezogen hatte. 2021 haben die Lugana-Verkäufe um rund 20 Prozent zugelegt, und wir konnten uns genug Menge für 2022 sichern. Unsere Sorge ist, ob alle Liefertermine eingehalten werden können, weil es neben den gewaltigen Teuerungen auch Verzögerungen in der Glasbeschaffung gibt. Ich würde mich nicht wundern, wenn die Weingüter im Laufe des Jahres 2022 weitere Preiserhöhungen fordern«, skizziert Besitzer Santo di Raimondo die Lage.

 

Quelle: Consorzio Lugana DOC, März 2022
Quelle: Consorzio Lugana DOC, März 2022

Die Handelsgesellschaft Deuna in Augsburg vertreibt mit der Tenuta Roveglia einen weiteren starken Partner im Fachhandelsbereich. Rund 400.000 Flaschen der Gesamtproduktion von 900.000 Stück werden über die Augsburger in Umlauf gebracht. Im Januar einigten sich die Geschäftspartner auf eine Teuerung von 8 Prozent. »Im Nachhinein betrachtet, sind wir glimpflich davongekommen, heute wäre die Ware teurer. Die Verfügbarkeit des Weins haben wir im Griff, aber die Weingüter kämpfen um die Verfügbarkeit von Grundmaterial«, informiert Geschäftsführer Ralf Kastner. Bei Deuna waren die Lugana-Abverkäufe in den letzten drei Jahren auf sehr hohem Niveau stabil. Kastner beschreibt die derzeitige Marktstimmung als unsicher, verhalten, vorsichtig. Vielleicht sei der Peak tatsächlich vor Corona erreicht worden. 

»Der Markt ist leergefegt, es gibt nicht genug Ware, und andere Exportmärkte scheinen auch ihren Gefallen an Lugana gefunden zu haben«, beobachtet hingegen Dirk Röhrig, Geschäftsführer des Weinkontors Freund in Borgholzhausen. Der Lugana des Vertragspartners Pilandro war schon Ende November 2021 ausverkauft. »Wir haben seit ein paar Wochen neue Ware im Lager, und die Preise sind um rund 15 Prozent gestiegen. Der UVP für unser Produkt klettert damit von 11,60 Euro auf 13,30 Euro«, so Röhrig. Ob der Endverbraucher die Preise akzeptiert, werde spannend.
 

Nadia Zenato
Nadia Zenato
Discount geht leer aus

Andreas Saffer in München hat »zähe und langwierige Verhandlungen« mit dem »knüppelharten« LEH hinter sich. 2021 hatte er noch einstelliges Wachstum im LEH erzielt. »Wegen der hohen Fassweinpreise werden einige Produkte vom Markt fallen. Letztes Jahr gab es Lugana für 3,99 Euro im Discount, das ist vorbei. Vor der Vin-italy Special Edition im letzten Oktober sprach niemand über Teuerungen, mit der Messe startete eine Kettenreaktion. Bis jetzt sind erst die Hälfte der Teuerungen im Regal umgesetzt worden. Wir versuchen zu puffern und geben in der Regel nicht den ganzen Euro pro Liter weiter. Wir wollen vorausschauen und hoffen, dass sich die Preisspannung wieder legt und eine Gegenentwicklung eintritt«, berichtet Andreas Saffer. Generell sei die Stimmung frustrierend, man merke, dass die Menschen ängstlich sind. 

Eine fröhliche Mitteilung zum Schluss: Ein Lugana hat Eintritt in die Welt abseits des Mainstreams gefunden. »Wein am Limit« lancierte Mitte März 2022 den »L’Artigianale« von El Citera, und Henrik Thoma ist über den Fakt, einen Lugana zu listen, selbst aus dem Häuschen. Vom einzigen Wein, den die Winzerin Ambra Zanetti herstellt, ist gerade der Jahrgang 2016 erschienen. Im Online-Shop kostet er 28 Euro. Vielleicht wird nun auch das Lugana-Bashing in der hippen Weinszene leiser. Und man darf nicht vergessen, dass der Lugana ein herrlicher und manchmal sogar ein großer Wein sein kann, vor allem wenn er reifen durfte. Veronika Crecelius

Lesen Sie von den jüngsten Entwicklungen an der Spitze der DOC Lugana.

Von unseren teilweise überraschenden Verkostungsergebnissen erfahren Sie hier.

Ausgabe 8/2024

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Württemberg

Die Bewirtschaftung zu teuer, die Bestockung sehr rot – die Weingärten im Ländle stehen vor Veränderungen.

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Wenn die Sonne scheint, muss es nicht immer weiß sein – wann Rotwein auch im Sommer passt.