Schon wieder ausverkauft: Cristal 2013
Schon wieder ausverkauft: Cristal 2013

Rasse und Klasse

Im Champagne Magazin 2020/2021 richteten wir den Fokus auf den herausragenden Jahrgang 2012, neben 2008 der bislang größte des 21. Jahrhunderts. Noch längst sind nicht alle großen Champagner bei 2012 angelangt. Krug Vintage und Bruno Paillards N.P.U. betraten beispielsweise in diesem Herbst mit dem Jahrgang 2008 die Bühne. Auf der anderen Seite sind die ersten klangvollen Namen bereits auf 2013 gewechselt. Allen voran Louis Roederer mit Cristal und Perrier-Jouët mit der Cuvée Belle Epoque, traditionell die beiden Prestige-Cuvées mit dem kürzesten Hefelager. Zeit also, den Jahrgang 2013 vorzustellen. 
Der erste Eindruck und zugleich der fundamentale Unterschied liegt im markanten Säurespiel der 2013er, bei einer Spur weniger Konzentration und Fülle. Resultat sind ausgesprochen saftige, trinkanimierende, zum Teil auch sehr mineralische  Weine, die jedoch nicht ganz an die Komplexität und Tiefe der besten 2012er heranreichen. 
Am Ende ist es eine Frage der Stilistik und Präferenz. Traditionell deutlich reduktiven, von Hefeautolyse und Röstaromen geprägten Handschriften dürfte der Jahrgang 2013 in die Karten spielen. Winzer oder Marken mit einer  vertikalen, straffen und puristischen Philosophie mussten jedoch darauf achten, dass der Gesamteindruck nicht zu schlank und säurebetont ausfällt. Vergleiche mit 1988 sind durchaus möglich, wenngleich 2013 vielleicht eine Spur fülliger ausfällt, als der als Laserstrahl bekannte 1988er.
 

"Der Jahrgang 2013 in drei Worten: Rein, delikat und präzise“
Jean-Baptiste Lécaillon, 
Louis Roederer

Jean-Baptiste Lécaillon, Chef de Cave von Louis Roederer, ist begeistert von der „Frische und hohen Mineralisierung“ des Cristal 2013, was er auch mit dem späten Lesezeitpunkt begründet. „Hier können wir von einer perfekten, weil langsamen, gleichmäßigen Ausreifung der Trauben sprechen. Für mich ist 2013 eine Art 2008 Plus!“ Damit legt er die Latte extrem hoch, denn 2008 war der vielleicht bislang beste Cristal, wie auch Lécaillon einräumt: „2008 war sicher ein Meilenstein, aber 2013 ist in meinen Augen noch einmal eine Weiterentwicklung. In dieser Assemblage besitzt der Chardonnay mehr Tiefe, mehr Komplexität und eine ausgeprägte Salzigkeit. Er verhilft damit zugleich dem Pinot Noir auf ein höheres Niveau. In Summe ein Cristal, der sich durch Intensität und ein großes Reifepotenzial auszeichnet.“
Abgesehen von Cristal und Belle Époque sind von den großen Namen aktuell eher klassische Vintage-Champagner des Jahrgangs 2013 auf dem Markt als Prestige-Cuvées. Herausragende Beispiele sind der Blanc de Blancs von Pol Roger oder der „1522“ von Philipponnat. 
 

Auch Moët & Chandon hat im Frühjahr den Grand Vintage 2013 in weiß und rosé auf den Markt gebracht. Kellermeister Benoît Gouez schildert, was den Jahrgang so außergewöhnlich macht: „2013 ist neben 2010 und 1996 das kühlste Jahr in den letzten drei Jahrzehnten, mit dem spätesten Austrieb seit Mitte der 80er-Jahre, gefolgt von der spätesten Blüte seit 1991. Der Sommer verlief klimatisch normal. Die Ernte startete sehr spät und es war besonders wichtig, auf die Reife der Trauben zu achten. 2013 ist eigentlich eher ein Chardonnay-Jahr. Wir haben aber so viel Arbeit in den Weinbergen geleistet, speziell beim Pinot Noir, dass ich beschlossen habe, doch einen hohen Anteil Pinot Noir von 41 Prozent zu verwenden.“ Der Jahrgang 2013 soll anderthalb Jahre auf dem Markt bleiben, den Moët & Chandon wird 2014 überspringen und gleich auf 2015 wechseln. Kein Einzelfall und Beleg dafür, dass 2014 nicht ganz das Niveau seiner Vorgänger besitzt. 
 

Dem außergewöhnlichen Charakter des Jahrgangs 2013 trägt Bollinger mit dem 2013 B anstelle des klassischen La Grande Année Rechnung. Das besondere daran ist, dass es sich um einen reinsortigen Pinot Noir aus lediglich 5 Crus und einer moderaten Dosage von 6 g/l handelt. Ein Sammlerstück. Text: Sascha Speicher

Das Jahr 2013 im Zeitraffer

Das Jahr beginnt mit einem eher kalten Winter mit wenigen Sonnenstunden, durchschnittlicher Winterfeuchte und einigen Schneefällen, die sich bis in den kältesten März seit den 1970er Jahren ziehen. Der Frühling lässt entsprechend auf sich warten und die Vegetation startet mit zweiwöchiger Verspätung. Auch der Mai sorgt mit unterdurchschnittlichen Sonnenstunden und zum Teil extremen Regenmengen (114 mm in Epernay, 200 mm an der Côte des Bar) nicht gerade für beste Stimmung.
Im Juni wird es endlich warm, jedoch begleitet von zum Teil schweren Gewittern mit Hagel, die speziell an der Côte des Bar – wie so oft – für schwere Schäden und letztlich deutliche Ernteeinbußen sorgen. Die Hochphase der Blüte spielt sich mit zweiwöchiger Verspätung erst Anfang Juli ab, zwischen dem 1. Juli für den Chardonnay und dem 5. Juli für den Meunier. 
Es folgen zwei heiße und überwiegend trockene Sommermonate, die jedoch nichts daran ändern, dass auch die Ernte eher spät beginnt. Sie startet am 24. September in den Orten mit der frühesten Reife und am 9. Oktober in den spätesten Crus der Appellation. 
Mit einem durchschnittlichen Alkoholgehalt von 9,8 %vol. und einer mittleren Säure von 8,4 g/l kann man von einem mittelkräftigen Jahrgang mit etwas höheren Säurewerten sprechen. Zum Vergleich: 2012 lag der durchschnittliche Alkoholgehalt bei 10,6 %vol. bei einer Säure von 7,8 g/l. Allerdings wiesen die Moste 2012 etwas höhere Weinsäurewerte auf, während 2013 deutlich mehr Apfelsäure vorhanden ist. Wer also beim Jahrgang 2013 mit biologischem Säureabbau arbeitete, musste darauf achten, die Milchsäure sensorisch gut zu integrieren, während es für die Produzenten, die auf Milchsäuregärung verzichten, darum ging, die rassige und zuweilen spitze Säure gut zu integrieren.
 

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

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Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote