Nochmal auf dem Markt gebraucht: Champagner in zweiten Degorgements
Nochmal auf dem Markt gebraucht: Champagner in zweiten Degorgements

Eine Dosis Extra-Reife: Late-Release-Champagner

Das Stilmittel des verlängerten Hefelagers ist in der Champagne weit verbreitet. Zu jeder Zeit lagern große Mengen sur lattes oder sur point in den Kellern, um auf ihr zweites oder drittes Degorgement zu warten. Zahlreiche Häuser bringen auf diese Weise einen früher degorgierten Brut und einen länger gereiften Extra Brut auf den Markt. Andere Häuser sehen in Late Releases die Möglichkeit, ihren Prestige-Champagnern noch mehr Exklusivität einzuhauchen. Sechs spät degorgierte Champagner in der Verkostung.
Verkostungsnotizen: Sascha Speicher
 

98

Champagne Roederer    
1999 Cristal Vinothèque Brut  
 
die Cristal-DNA steht deutlich im Vordergrund: weiße Nüsse, weißer Nougat, auch Noisette, dazu helle Gewürznoten, Pistazie, Zitronenschale, leicht rauchig; am Gaumen zarte Perlage, sehr weinig, gelber Apfel, gelbe Pflaume, wieder nussig, pikante Herbheit, geschmeidige Länge, auch heller Tabak, Amarettini, etwas Kaffee    

96

Champagne Dom Pérignon
2002 Plénitude 2 Brut  
 
intensive Nase, maritim-jodig, minzig, Eisenkraut, gegrillter Pfirsich, rauchig; gröstetes Brioche, kalkig-kreidige Textur, dicht und mit herb-süßlichem, nussigem Schwarzteefinale, große Opulenz

95

Champagne Bollinger    
2004 R.D. Extra Brut    

fein gereift und doch lebendig-frisch, geröstetes Brioche, leicht maritim und torfig, Walnuss, Mandel, Pistazie, Blutorange, Orangeat; am Gaumen griffig, feines Säurespiel, durchgängig würzig und rauchig, Zitrusfrische im Finale; die Leichtigkeit des Jahrgangs macht sich deutlich bemerkbar und das sorgt für Trinkfluss

93

Champagne Drappier
2002 Réserve de l‘Oenothèque

erstaunlich viel Druck beim Öffnen, goldgelbe Farbe; Honig, getrocknete Aprikosen, kandierte Mandel, leicht rauchig, am Gaumen viel Kaffee, Honig, cremige Fülle, dunkles Karamell, gigantische Extraktfülle, enorme Länge

93

738 Dégorgement Tardif Brut,
Champagne Jacquesson

klassisch oxidativer Ausbau der Grundweine im großen Holzfass, leichte Sherryanklänge wie Salzmandeln oder Algen, dazu Brotkruste, kandierte Zitrusfrüchte, Heu, reifer Apfel und Trockenfrüchte. Das alles drängt die klassischen Röst- und Hefearomen in den Hintergrund, der weinige und würzige Charakter bleibt am Gaumen präsent, staubtrocken und mineralisch herb im Finale

92

Champagne De Castelnau    
2003 Millésime Brut  
 
auffallend leuchtendes Gold; offene, reife, exotische Frucht, Mango, Melone, gelber Apfel, sommerliches Getreidefeld, Dörrpflaume; setzt sich genauso am Gaumen fort, nussig, hell-hefig, frischer Steinpilz, harmonische Länge mit viel Stoff, cremige Fülle

 

Erstveröffentlicht November 2020

Wie verändert sich ein Champagner durch die Verlängerung des Hefelagers? Wann ist der optimale Trinkzeitpunkt? Ein Thema, das vor allem bei den zahlreichen Zweit-Releases Spannung verspricht.

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

PROBE

Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote