Dino Zippe und Martin Eggert bringen ihr gemeinsames wie unterschiedliches Know-How in der Gastrobranche in die neue Kreativagentur „Build+Blend“ ein (Foto: Markus Burke)
Dino Zippe und Martin Eggert bringen ihr gemeinsames wie unterschiedliches Know-How in der Gastrobranche in die neue Kreativagentur „Build+Blend“ ein (Foto: Markus Burke)

„Best of both Worlds“

Die neue Ontrade-Kreativagentur „Build+Blend“ richtet sich an Unternehmen, die Marketing in der Gastronomie betreiben wollen. Wir trafen die beiden Gastro-erfahrenen Gründer Dino Zippe und Martin Eggert zum Gespräch.

Hinter „Build+Blend“ steht die Münchner Werbeagentur „David+Martin, die auf diesem Weg ihr Know-how in der klassischen Markenarbeit mit Expertise aus dem Ontrade-Bereich vereinen und zukünftigen Kunden somit Lösungen aus einer Hand bieten möchte. Im Rücken: Ein Team aus über 100 Mitarbeiter*innen in Hamburg, Berlin und München. Wir sprachen mit Martin Eggert – der Gründer und Geschäftsführer von „David+Martin“ war früher selbst in anderen Agenturen mit Gastro-Aktivierungen betraut – und mit Dino Zippe, Barmeister mit Erfahrung in der Spitzengastronomie, Ex-Brand-Ambassador für den Gin „Monkey 47“ und zuletzt im Marketing und Vertrieb für die Sektkellerei Kessler tätig.

Interview: Jan-Peter Wulf

Wann und wie ist die Idee zu eurer Zusammenarbeit entstanden?

Martin Eggert: Wir kennen uns seit über zwölf Jahren und haben uns immer wieder auf Events in der Branche gesehen. Irgendwann rief Dino mich an: Ich habe Lust auf etwas Neues, hast du eine Idee?

Dino Zippe: Ich wollte zurück ins Marketing, aber in der Genusssparte, nennen wir es mal so, bleiben. Nun komme ich aus Stuttgart und war daher auf der Website von Ritter Sport unterwegs. Da sah ich, dass David+Martin die Kreativagentur von der Marke ist und die Kampagnen entwickelt. Da wir uns lange kennen, habe ich Martin angerufen und wollte fragen, ob er eventuell einen Kontakt für mich hat. Und er schlug mir stattdessen vor: Lass’ es uns doch lieber selbst zusammen machen und ein Spezialangebot für all die Kunden bauen, die aktuell Betreuung suchen, aber mangels Angebot am Markt nicht finden.

Martin, du hast früher auch viel mit Gastronomie zu tun gehabt. Erzähl doch mal bitte. 

Martin Eggert: Ich war im Vertrieb für Campari und im Marketing für Jägermeister tätig. Auf Agenturseite habe ich Moët-Hennessy, Diageo und Nespresso betreut. In 2015 habe ich, gemeinsam mit David Stephan, dessen Vater viele Jahre für den Gault Millau und die Süddeutschen als Autor und Restaurantkritiker tätig war, die Agentur gegründet. Und der große gemeinsame Nenner war: Genuss. So hatten wir viele Kunden rund um das Thema, haben uns aber sukzessive zur Kreativagentur gemausert und entwickeln heute Strategien, Positionierungen und Kampagnen für Unternehmen wie Fielmann, Ritter Sport, Flaconi, Netflix oder Burger King.

Dino Zippe: Zum Know-how von David+Martin bringe ich jetzt mein Fachwissen und meine Erfahrung in der Gastronomie. Wir bauen und mixen das zusammen, daher auch der Name: „Build+Blend“.

Martin Eggert: Best of both Worlds. Wir selbst agieren ja auch noch als Gastronomen. Wir sind Mitinhaber bei „Hans Kebab“, dem vermutlich hochwertigsten Kebab-Konzept in Deutschland, und eröffnen bald die zweite Filiale am Viktualienmarkt. Das machen wir gemeinsam mit Cihan Anadologlu, früher Barchef im Schumann’s, Oscar-Award-Bartender und Autor mehrerer Bücher. Oder früher am Münchner „Cosmo Grill“, dem ersten Better-Burger-Konzept in Deutschland. Da wurden schon seit 2006 Saucen selbst gemacht und Fleisch frisch gewolft, als das noch gar kein Thema war. Der „Cosmo Grill“ war Blaupause für die Burger-Shops von heute.

Cihan Anadologlu holt den Döner mit seinem neuen Premium-Konzept "Hans Kebab" endgültig aus der Bahnhofs-Billig-Ecke heraus. 

Wie ist euer Ansatz als Agentur?

Martin Eggert: Ich kenne ja den Markt nun schon seit über 15 Jahren und die Anzahl der Agenturen, die einen anspruchsvollen Kunden aus der Getränke- oder Foodbranche sauber betreuen können, ist heute leider viel kleiner als damals. Es gibt Spezialisten, denen es aber an Erfahrung in der Markenführung fehlt. Und dann gibt es die klassischen Agenturen, die zwar das Handwerk der Markenarbeit beherrschen, jedoch oft keinen inhaltlichen oder persönlichen Zugang zu Genuss haben. Und damit meine ich nicht nur gerne essen zu gehen: Es geht darum, ein belastbares Netzwerk in die Top-Gastronomie zu Köchen, Bartendern und Sommeliers aufzubauen. 

Dino Zippe: Am Ende geht es um fachliche Augenhöhe mit dem Kunden. Das spart Kunden Zeit, Geld und Nerven. Zu wissen, ob es Whisky oder Whiskey ist, dass Letzterer – sofern ein Bourbon – mindestens zu 51% aus Mais besteht und zwei Jahre im Fass aus Amerikanischer Weißeiche liegen muss, welche Tableware gerade angesagt ist und wie man ein progressives Influencer-Event macht.

Martin Eggert: Es geht darum, Dinge besser zu machen. Bessere Lösungen für den Kunden zu finden, Budgets schlauer und zielgerichteter einzusetzen. Aber vor allem darum, dieser wunderbaren Genusswelt die richtige Bühne zu geben.

Corona hat viel verschoben: Budgets aus dem Ontrade sind in den Handel gegangen, weil in der Gastronomie nichts gemacht werden konnte. Wie schätzt ihr die Situation jetzt ein? 

Martin Eggert: Das Ganze hat sich demokratisiert. Bisher hatte ja Genuss durchaus etwas Elitäres. Ob die Sternegastronomie oder Top-Bartender, die zuerst Produkte kannten und hatten und sie an den Gast gebracht haben. Heute sind die vorgenannten nur noch zu einem gewissen Grad die Einflugschneise für Produkte oder Qualitäten. Der Guide Michelin ist doch das beste Beispiel: Früher war das vom Reifenhersteller mit Gastronomie-Tipps konzipierte Büchlein der Tippgeber für den kulinarischen Ausflug, die Sterne erklärten ob das Restaurant einen Umweg oder eine Reise wert ist. Heute schaut die Konsumentin aus Lüneburg „Kitchen Impossible“ oder liest einen Blog, um zu entscheiden, wo sie essen gehen möchte, welches Gericht sie demnächst kocht und ob der nächste Rotwein ein Primitivo oder doch ein Amarone ist.

Dino Zippe: Jetzt ist die Gastronomie ja wieder auf und wir nehmen einen großen Run wahr. Gefühlt war es noch nie so schwer, einen Tisch in einem Restaurant oder gar einer Bar zu bekommen, ohne Reservierungen geht nichts mehr. Wir bezeichnen das als „Post-Covid-Eskapismus“: Die Leute wollen wieder rausgehen nach zwei Jahren kochen und Selbermachen. Darum glauben wir auch, dass die Aktivitäten von Marken wieder vermehrt Richtung Gastronomie gehen werden. Es ist doch immer noch der schönste Weg, einen neues Produkt mit Empfehlung von Küche oder Bar zu kennenzulernen. Wo hat man den sonst die Möglichkeit, einfach Dinge zu probieren? Man geht ja nicht blind in den Handel und kauft die teuerste Flasche, ohne zu wissen, ob der Inhalt schmeckt. Das passiert zuerst über die Gastronomie, über Pairings, Tastings, Bartender, Köche, Sommeliers und den Service.

Martin Eggert: Vor Corona ging es zum Beispiel bei Bartender-Workshops nur noch um höher, schneller, weiter. Ich erinnere mich an eine Marke, die Bartender in einen Privatjet eingeladen hat, um in der Luft Wodka und Kaviar auf Eis zu servieren. Wir sind deswegen schon 2016 mit dem Projekt „The Bitter Diaries“ für Campari einen ganz anderen Weg gegangen: Wie verkaufen sich die Produkte an der Bar? Wir wollten die fünf Bitterspirituosen aus dem Portfolio aktivieren und haben dafür fünf literarische Kurzgeschichten von Fiction-Autoren schreiben lassen. Lukas Motejzik von der Zephyr Bar in München, einer der besten Bartender des Landes, hat zu den Geschichten fünf Drinks auf Basis des Portfolios entwickelt. Dann haben wir in einem literarischen Tasting diese Geschichten von Schauspieler Ben Becker mit viel Pathos und Epik vorlesen lassen. Und genau da muss es hin: Auf Basis echter Insights kreative Konzepte entwickeln, um Marken zu inszenieren.

Seht ihr auch Potential für Marken außerhalb von Food und Beverage, Marketing über die Gastronomie zu machen?

Dino Zippe: Natürlich. Marken brauchen Emotionen und was kann Emotionen besser transportieren als Genuss? Wir freuen uns schon darauf, für einen Autohersteller oder ein Modelabel die richtigen Köche und Bartender an den Tisch zu setzen und zu sehen, was passiert.

Vielen Dank für das Gespräch.
 
Mehr Informationen: buildandblend.com

fizzz 04/2024

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Juliane Winkler, die Restaurantleiterin des „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin liebt ihren Beruf. Und setzt sich mit
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