Andreas und Waldemar Wegelin haben Tastillery gegründet und prägen damit eine neue Generation Spirituosen-Connaisseure (Foto: Tastillery)
Andreas und Waldemar Wegelin haben Tastillery gegründet und prägen damit eine neue Generation Spirituosen-Connaisseure (Foto: Tastillery)

Interview: Auch Vodka sieht Rosa

Als „Drinking Buddies“ teilen die Cousins Andreas und Waldemar Wegelin ihr Interesse für qualitativ hochwertige Spirituosen. Vor sieben Jahren haben Sie den Online-Shop Tastillery gegründet und ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Wir trafen sie zum Gespräch über aktuelle Trends rund um Vodka und mehr.

Mit Tastillery wollen sie Konsumenten zu besserem, bewusstem Trinken inspirieren. Ihr Portfolio umfasst sämtliche Kategorien, Probiersets, einen Whisky Club und natürlich auch Vodka, den sie neuerdings auch mit einem selbst produzierten Roséwein-Vodka-Apéritif abbilden. Zur Reiseprognose dieses gar nicht stillen Wässerchens haben wir die beiden Buddies zum Interview gebeten.

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Wie steht es derzeit um die Kategorie Vodka, macht sich ein Anstieg im Trendbarometer sichtbar?

Andreas und Waldemar Wegelin: „Für uns liegen Vodkas dann interessant, wenn sie neu auf den Markt kommen, dabei besonders hervorstechen und das Gebiet revolutionieren. Kurz: wenn sie anders sind als das Bisherige. Von einem Trend sprechen wir dann, wenn es sich um Innovationen handelt, die die Aufmerksamkeit anderer Hersteller finden und vermehrt auch von anderen Marken umgesetzt werden. Das greift in der Trend-Kette sehr früh und ist für den Markt kaum sichtbar. Beurteilt man Trends anhand der Absatzzahlen, wird deutlich, was Konsumenten zum Trend erklären, sprich gerne gekauft wird. Hier sind Flavoured Vodkas ganz vorne mit dabei.

Auch Japan setzt hier neue Maßstäbe. Nach Whisky kommt nun guter Vodka wie zum Beispiel der Haku Vodka aus dem Land der aufgehenden Sonne. Vodka aus Japan wie der Haku Vodka liegt im Trend. Die Japaner stehen grundsätzlich für Qualität und bringen immer wieder hervorragende neue Spirituosen auf den Markt, die auch für den deutschen Markt durchaus interessant sind und gut ankommen.

Der aktuelle Hype in der Kategorie Vodka geht für uns aber ganz klar in eine Richtung: All things rosé! Auf dem Spirituosenmarkt tauchen immer mehr Vodka-Marken mit Rosé-Geschmack auf. Diesen Vodka-Trend aus den USA haben wir vor kurzem erstmals nach Deutschland geholt und zwar mit unserer eigenen Vodka-Kreation: vosé - Vodka meets rosé. Ein Drink, der Vodka und Roséwein in Bio-Qualität vereint und auch die Apéritif-Schiene bedient.“

Nach seinem Hype um die Jahrtausendwende folgte gemeinhin die Abwertung des klaren Wässerchens. Nun machen sich die Hersteller daran, Vodka eine ernstzunehmende Aromen-Kontur zu verpassen. Storytelling und Terroir rücken in den Vordergrund.

Was war die Idee zur Herstellung einer eigenen Vodka-Marke, oder sagen wir eines Apéritif-Getränks auf Vodka-Basis mit Roséwein?

„Wir sind Fans guter Vodka-Drinks und haben uns sozusagen einen Traum damit erfüllt. Tastillery steht grundsätzlich für Kreativität. Jede unserer Eigenkreationen ist etwas Besonderes. Wir haben CINECANE Popcorn Rum, der mit echtem, gebuttertem Popcorn destilliert wurde, den Gin’gerbread Gin mit echtem Lebkuchen, YUZILLA Gin, der die Welt der Zitrus-Aromen mit zehn Zitrusbotanicals auf eine intensive aber ganz authentische Weise erobert und handverlesene Yuzus enthält, und sogar eine Black Edition des YUZILLA Gin mit zusätzlich fruchtigen Aromen von Blaubeere und Matcha in schwarzem Gin. Mit Tonic gemixt bleibt er schwarz und schimmert Smaragdgrün. Man merkt, dass es bei uns um außergewöhnliche Kreationen mit News-Wert geht. Aus dieser Energie stammt die Idee, einen Aperitif aus Vodka und Roséwein zu kreieren. Eine Melange, die den deutschen Markt das erste Mal betritt. Der Trend kommt aus den USA. Waldemar hat viel recherchiert und sich auch Beispiele von Freunden schicken lassen, um an einer Produktidee zu arbeiten.“

Für die eigene Vodka-Marke vosé hat Tastillery auch Signature Drink wie den Frosé...
Für die eigene Vodka-Marke vosé hat Tastillery auch Signature Drink wie den Frosé...
...oder den vosé-Cosmo entwickelt (Fotos: Tastillery)
...oder den vosé-Cosmo entwickelt (Fotos: Tastillery)

Wie und wo beispielsweise machen sich Trends bemerkbar?

„Besonders soziale Medien und moderne Plattformen wie TikTok sind wichtige Foren, um Strömungen, Interessen und mögliche Trends aufzuspüren. Sie ermöglichen auch, „verstaubte“ Klassiker wieder in Szene zu setzen. Als Beispiel sei hier der Cosmopolitan mit Vodka als Hauptzutat genannt, der zuletzt durch die TV-Ausstrahlung der US-amerikanischen Serie Sex and the City erneuten Aufschwung erlebt hat. Auch die Kategorie Korn, die dem Vodka sehr ähnlich sein kann, wirkt trendiger. Das alte Dorf-Image verliert an Relevanz, und wir feiern die Rückkehr der Traditionsspirituose in neuem Gewand. Aktuell poppen neue, moderne Korn-Marken auf und stehlen dem guten, alten Vodka teilweise die Show. In totalen Zahlen betrachtet hält sich der Trend noch in Grenzen, für uns in der Bubble aber kündigt er sich bereits an.“

Spot on für drei ikonische Drinks auf Basis des ursprünglich glasklaren Vodkas, die geliebt wie gehasst werden, jedoch vom Tresen nicht wegzudenken sind.

Welche Vodkas funktionieren immer im Sinne von Dauerbrenner oder auch innovativen Brands, und gibt es auch Ladenhüter?

„Russische Vodkas sind komplett aus den sale charts verschwunden, weil sie kaum noch geliefert und gekauft werden. Die aktuelle, politische Situation hat in vielen Shops dazu geführt, dass sie verbannt oder von den Endkonsumenten nicht nachgefragt worden sind.

Gute Verkaufszahlen stellen wir immer wieder bei Celebrity Vodkas fest. Ein konkretes Beispiel, das in Deutschland und besonders im hanseatischen Hamburg gut funktioniert, ist  

Karneval von Bonez MC & Raf Camora. Vodka mit Aromen zu versehen, ist nicht neu, aber gerade sehr en vogue. Interessante Aromen sind zum Beispiel Grapefruit oder Granatapfel. Produkte wie der Ciroc Pommegranate oder Mermaid Sea Salt Vodka könnte man hier beispielsweise anführen. Der Trend bewegt sich in Richtung cooler, neuer Aromen und führt weg von den bereits bekannten und oft auch künstlichen Vanilla Flavored Vodkas der 2000er Jahre.“

Die Industrie widmet neuerdings dem „Terroir“ oder Single Estate Vodkas in der Herstellung wie im Storytelling viel Aufmerksamkeit. Ist dieser Aspekt bei Tastillery auch auffallend anhand der Nachfrage?

„Bei Vodka ist das Terroir unserer Meinung nach noch nicht so recht angekommen, vor allem auch nicht bei den Verbrauchern selbst. Aktuell spielt Terroir nur bei sehr, sehr high end-Produkten eine Rolle und ist in Zahlen für uns kaum messbar.“

Florian Renschin ist Gründer des deutschen Freimut Wodkas. Im Interview sprechen wir mit ihm über aktuelle und vergangene Hypes, Charakterfragen und seine Definition von Craft-Wodka.

An wen richtet sich Tastillery, wer sind eure Kunden?

„Unsere Kunden sind in erster Linie Privatkonsumenten, die sich ungefähr so beschreiben lassen: neugierige Konsumenten, die sich das Motto leben, qualitativ Hochwertiges und besser zu trinken und nicht irgendein Standard-Produkt bestellen. Sie wollen Neues entdecken und dieses ausprobieren. Oft handelt es sich dabei auch um designbewusste Menschen. Insgesamt lässt sich dabei ein hoher Anteil an weiblichen Käufern feststellen. Die meisten unserer Kunden besitzen eine eigene Home Bar, man könnte sie auch als Cocktail-Aficionados bezeichnen. Worüber wir uns sehr freuen und spannend finden, ist das gewachsene Interesse von Bartendern, die auf der Suche nach Neuem sind und unseren Online Shop besuchen.“

Woher wisst ihr das? Wie interagiert ihr mit euren Kunden?

„Bars und Restaurants bestellen oft bei uns, und wir sehen, wer mit uns auf sozialen Kanälen interagiert. Neben Hobby-Bartendern und Fans guter Drinks sind das viele Bartender aus Deutschland. Erst vor zwei Tagen haben wir wieder eine Anfrage von einer Bar erhalten, die gerne mit unserem Yuzilla Gin Kreationen für die Frühjahrskarte erstellen möchte.“

Was ist euer Schwerpunkt, und welche Rolle nimmt die Kategorie Vodka ein?

„Insgesamt präsentieren wir ein breites, vielfältiges Spirituosen-Portfolio, darunter eben auch ansprechende Vodkas. Wir richten unser Augenmerk auf Produkte, die man nicht in jedem Supermarktregal findet. In der Auswahl achten wir auf die interessanten Geschichten dahinter, Geschmäcker und Nuancen, die Art und Weise der Herstellung oder die Optik von Produkten, die insgesamt gesehen immer etwas Attraktives verkörpern und nicht 08/15 sind. Das Verpackungsdesign ist besonders anziehend. Die Top 10 im größten Segment (Gin) haben fast alle eine außergewöhnliche Flasche. Das lassen bereits viele unserer Daten erkennen. Limited Editions zählen dazu. Man könnte sagen „cool packaging is king“. Ob vosé, Mary White Vodka oder Mamont Vodka – unsere Konsumenten reagieren auf cooles, ungewöhnliches Packaging Design, das sich von anderen Verpackungen abhebt. Das Erscheinungsbild ist relevant für die Kaufentscheidung. Somit können sich unsere Kunden darauf verlassen, dass sie bei uns immer etwas Außergewöhnliches für sich selbst oder zum Verschenken finden.“

Welchen Vodka oder Cocktail auf dessen Basis bevorzugen die Buddies?

„Andreas‘ liebster Vodka-Drink ist ein Bloody Mary, Waldemars und fast schon guilty pleasure ist ein White Russian.“

Lieber Waldemar und Andreas, vielen Dank für eure Zeit und das Gespräch.

 

Mehr Infos: tastillery.com

fizzz 04/2023

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