Moritz Grumbach, Geschäftsführer des Großküchenplaners „Gastrando“
Moritz Grumbach, Geschäftsführer des Großküchenplaners „Gastrando“

Interview: KÜCHENK(R)AMPF

„Der Umbau einer Küche ist eine planerische Meisterleistung“

FIZZZ-Autor Jan-Peter Wulf im Gespräch mit Moritz Grumbach, dem Geschäftsführer des Großküchenplaners „Gastrando“, über die Modernisierung bestehender Küchen, Gerätetrends und warum senkrecht das neue waagerecht ist.

Kann Küchenplanung in einer bereits bestehenden Gastronomieküche helfen, Kosten zu sparen und wenn ja, wie?

Eine Küchenumplanung kann insofern Kosten senken, als dass die Arbeitsplätze optimiert werden. Optimierung ist hier keine Floskel, sondern das Ergebnis der Anpassung von Arbeitsplätzen an Arbeitsabläufe. Im Klartext: kurze Wege, Vermeidung von Überproduktionen durch Platz- und Zeitmangel und Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen und krankheitsbedingte Ausfälle durch bessere Ergonomie. Das ist ein Effekt der sich auch Eins-zu-Eins in der Qualität der Produkte widerspiegelt.

 

Mit welchen Küchengeräten lassen sich Energiekosten sparen?

Mit allen. Aufgrund der Energieeinsparverordnung sind die Hersteller heute alle verpflichtet, den Energieverbrauch anzugeben und ich als Kunde kann entscheiden, was ich nehme. Dazu kommt die Verpflichtung, ab einer gewissen Größenordnung der Küche eine Energierückgewinnung einzubauen. Herdanlagen, die mit Ceranfeldern und Gas betrieben werden, sind nach heutigem Standard nicht mehr effizient, da man viel Energie am Topf vorbei und als Nachlaufenergie vergeudet. Diese Energie, die nicht direkt im Topf genutzt wird, wird in den Raum, sprich in die Küche abgegeben, die ich dann mit höherem Aufwand be- und entlüften, und im Extremfall sogar kühlen muss.

 

Welche Fehler sehen Sie als Profi oft in älteren Gastronomieküchen?

Im Laufe der letzten Jahre haben sich Garprozesse, Arbeitsabläufe, Personalsituation, Ernährungsgewohnheiten und der Anspruch der Gäste grundlegend geändert. Auf diese Anforderungen sind ältere Küchen beziehungsweise die Anordnung und Auswahl der Geräte nicht mehr ausgelegt. Heute würde man eher ein Sous-Vide-Becken als eine Fritteuse verbauen. Ein Hauptproblem ist, dass die Küchen oft zu lange Wege haben und zu große Flächen belegen. Die Zeiten, in denen jeder Posten in der Hotel- und Gastronomieküche einen eigenen Bereich in der Größe einer Doppelgarage hatte, sind einfach vorbei. In neuen Küchenkonzepten werden hier die Platzverhältnisse neu geordnet. Im Gegensatz dazu sind auch die zu klein geratenen Küchen ein Problem, da es oft keine Möglichkeit gibt zu erweitern und die Mitarbeiter auf kleinstem Raum und unter Stress den Ansturm der Gäste zu bewältigen haben.

 

Wie lässt sich mit moderner Küchenplanung ein Ambiente schaffen, in dem Mitarbeiter gerne arbeiten? 

Das Ambiente innerhalb einer Gastronomieküche angenehmer zu gestalten ist schwierig, da gesetzliche Bestimmungen zu Hygiene, Arbeits- und Brandschutz zu erfüllen sind. Die Möglichkeiten sind begrenzt – zum Beispiel mit farbigen Fliesen, Holzoptiken oder offener Gestaltung durch Verwendung von Glaselementen. Es eignen sich auch beschichtete Kunststoffoberflächen in diversen Farben, Strukturen und mit spezieller Haptik. Edelstahl lässt sich mit Pulver beschichten, um eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Der Naturstein erfährt zurzeit ein Comeback ebenso die Lampeneinheiten im Industrielook mit modernster LED-Technik.

 

Welche Gerätetrends gibt es aktuell?

Neue Gerätearten sind zum Beispiel das Sous-Vide-Becken für Niedrigtemperatur-Garverfahren, der Schnellkühler beziehungsweise der Schockfroster mit und ohne Garfunktion, der Räucherschrank oder der Kombidämpfer mit Räucherfunktion. Die modernen Küchenkonzepte sind aufgrund der hohen Mietpreise dazu gezwungen, auf engstem Raum zu agieren. Hier verschiebt sich die Zubereitungsplattform vom 8-Flammen-Herd in den Mehretagen-Kombidämpfer. Soll heißen waagerecht wird senkrecht!

 

Das Thema Digitalisierung hat ja auch die Küche erreicht, oder?  

Ja, heute sind beinahe alle Geräte vernetzt, um die Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Die Spülmaschine zeigt übers Tablet an, wann es Zeit für Wartung und der Wechsel des Wasserfilters ist. Die Kaffeemaschine gibt Aufschluss über Tagesleistung, Wasser- und Stromverbrauch und wann die Bohnen nachbestellt werden müssen. Und der Kombidämpfer bekommt Rezepte aus dem Netz und gibt Bescheid, ob die Richtlinien des HACCP-Konzeptes erfüllt werden.

Was raten Sie Gastronomen, die ihre Küche modernisieren wollen?

Der Umbau einer Küche ist eine große Herausforderung – gerade wenn dieses im laufenden Betrieb geschehen muss. Auch hier spielen die Faktoren Hygiene, Arbeits- und Brandschutz sowie Lärmschutz eine große Rolle. Eine planerische Meisterleitung, da die vielen Gewerke minutiös abgestimmt werden müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass Handwerker wie Installateure, Elektriker, Fliesenleger, Lüftungsbauern zurzeit kaum Zeitfenster haben. Die Anmeldung bei den Spezialisten muss mindestens drei bis fünf Monate vor Baubeginn passieren. Ebenso aufwändig sind die Planungen der Installationen, um alle Vorschriften, Verordnungen und Gesetze einzuhalten. Wo sollen die Geräte platziert werden? Wohin mit den Lagerräumen? Wie ist die Lüftungssituation? Welcher Energieträger steht zur Verfügung? Müssen baurechtliche Bestimmungen wie Denkmalschutz erfüllt werden? Und zu guter Letzt wird ein solcher Umbau immer teurer als geplant und budgetiert. Da stellt sich dann die Frage nach der Nach-, Zwischen-, oder Vollfinanzierung. Vielleicht entscheidet man sich dann doch zum Leasing der Spülmaschine oder zum Mietkauf der Kaffeemaschine? Eventuell werden Lieferanten mit ins Boot geholt. Lieber etwas mehr in die Technik investieren als ständig Handwerker an den Geräten zu haben oder im schlimmsten Fall einen Ausfall an umsatzstarken Tagen hinnehmen zu müssen.

 

Wie schaffe ich es, dass Küche und Gastraum – moderne Gastrokonzepte haben ja oft eine offene Küche – harmonisch für Gast erscheinen, aber auch für das Team funktionieren?

Die Herausforderung ist nicht nur die Planung der technischen Ausstattung, sondern auch die Planung der Arbeitsprozesse der Küche sowie im Service. Die müssen analysiert und trainiert werden. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich der Küchenchef hinter meterdicken Fliesenwänden in der Küche versteckte und nur zu Reklamationen und zu Menübesprechungen sein Reich verließ –in der sich verändernden Gastronomie haben auch Köche mit dem Gast zu tun und müssen sich ein dementsprechendes Verhalten antrainieren, denn die Interaktion mit dem Gast ist nun auch ein Teil ihres Aufgabengebietes. Das Thema Sauberkeit am Arbeitsplatz ist besonders wichtig bei einem Konzept, in dem der Gast von überall Einblick in die Zubereitung hat. Der Spül- und Schmutzbereich muss hier durch Sichtschutz und Geräuschdämmung entzerrt werden, und die Mitarbeiter müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie unter ständiger Beobachtung arbeiten. Deshalb dürfen auch kleine Rückzugsorte für die Mitarbeiter nicht vergessen werden.

fizzz 04/2024

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